Weil der, so ein eigenes Recht hat, durch dasselbe alle übrige ausschleußt (§. 191.); nach der natürlichen Freyheit aber einem jeden zu erlauben, daß er bey seinen Handlungen sich nach seinem Gutdüncken richte, so lange er nichts thut, zu dessen Unterlassung er uns voll- kommen verbunden ist (§. 78.); so erhält ein jeder, wenn die Sachen einem ei- genen Rechte unterworffen werden, ein Recht mit allen dem, was seinem Rechte unterworfen ist, anzufangen, was er will. Und dieses eigene Recht mit einer Sache vorzunehmen, was man will oder nach seinem Gutdüncken, wird das Eigen- thum(dominium) genannt; derjenige aber, welcher das Eigenthum in einer Sache hat, heist der Herr oder Eigenthümer, inglei- chen der Eigenthums-Herr(dominus). Daher erhellet, daß ein Herr, oder Ei- genthümer, von allem Rechte, welches ihm vermöge des Eigenthums zu- kommt, alle andere ausschliesse, und daß das Eigenthum ohne seinen Wil- len auf niemand anders kommen kön- ne (§. 100.) folglich ihm das Recht zu- komme, einem jeden alles zu untersa- gen, was er mit der Sache thun kann; und daß er es nicht leiden dürfe, wenn einer sich wieder seinen Willen das ge- ringste davon anmassen wolte. Daraus folgt ferner, daß alle Handlungen, die
dem
II. Th. 1. H. Von der erſten Gemeinſch.
§. 195.
Von dem Eigen- thum u. deſſen Wuͤr- ckungen.
Weil der, ſo ein eigenes Recht hat, durch daſſelbe alle uͤbrige ausſchleußt (§. 191.); nach der natuͤrlichen Freyheit aber einem jeden zu erlauben, daß er bey ſeinen Handlungen ſich nach ſeinem Gutduͤncken richte, ſo lange er nichts thut, zu deſſen Unterlaſſung er uns voll- kommen verbunden iſt (§. 78.); ſo erhaͤlt ein jeder, wenn die Sachen einem ei- genen Rechte unterworffen werden, ein Recht mit allen dem, was ſeinem Rechte unterworfen iſt, anzufangen, was er will. Und dieſes eigene Recht mit einer Sache vorzunehmen, was man will oder nach ſeinem Gutduͤncken, wird das Eigen- thum(dominium) genannt; derjenige aber, welcher das Eigenthum in einer Sache hat, heiſt der Herr oder Eigenthuͤmer, inglei- chen der Eigenthums-Herr(dominus). Daher erhellet, daß ein Herr, oder Ei- genthuͤmer, von allem Rechte, welches ihm vermoͤge des Eigenthums zu- kommt, alle andere ausſchlieſſe, und daß das Eigenthum ohne ſeinen Wil- len auf niemand anders kommen koͤn- ne (§. 100.) folglich ihm das Recht zu- komme, einem jeden alles zu unterſa- gen, was er mit der Sache thun kann; und daß er es nicht leiden duͤrfe, wenn einer ſich wieder ſeinen Willen das ge- ringſte davon anmaſſen wolte. Daraus folgt ferner, daß alle Handlungen, die
dem
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II. Th. 1. H. Von der erſten Gemeinſch.
§. 195.
Weil der, ſo ein eigenes Recht hat, durch
daſſelbe alle uͤbrige ausſchleußt (§. 191.); nach
der natuͤrlichen Freyheit aber einem jeden zu
erlauben, daß er bey ſeinen Handlungen ſich
nach ſeinem Gutduͤncken richte, ſo lange er
nichts thut, zu deſſen Unterlaſſung er uns voll-
kommen verbunden iſt (§. 78.); ſo erhaͤlt
ein jeder, wenn die Sachen einem ei-
genen Rechte unterworffen werden,
ein Recht mit allen dem, was ſeinem
Rechte unterworfen iſt, anzufangen,
was er will. Und dieſes eigene Recht mit
einer Sache vorzunehmen, was man will oder
nach ſeinem Gutduͤncken, wird das Eigen-
thum (dominium) genannt; derjenige aber,
welcher das Eigenthum in einer Sache hat,
heiſt der Herr oder Eigenthuͤmer, inglei-
chen der Eigenthums-Herr (dominus).
Daher erhellet, daß ein Herr, oder Ei-
genthuͤmer, von allem Rechte, welches
ihm vermoͤge des Eigenthums zu-
kommt, alle andere ausſchlieſſe, und
daß das Eigenthum ohne ſeinen Wil-
len auf niemand anders kommen koͤn-
ne (§. 100.) folglich ihm das Recht zu-
komme, einem jeden alles zu unterſa-
gen, was er mit der Sache thun kann;
und daß er es nicht leiden duͤrfe, wenn
einer ſich wieder ſeinen Willen das ge-
ringſte davon anmaſſen wolte. Daraus
folgt ferner, daß alle Handlungen, die
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/160>, abgerufen am 21.11.2024.
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