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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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II. Th. 6. H. Von der Eröfnung
eine sonst erlaubte Unwahrheit mit kei-
nem Eide bekräftigen.

§. 369.
Die
Wür-
ckung des
Eides.

Weil wir uns, indem wir schwören, dem
andern verbinden, ihm die Wahrheit zu sagen
(§. 368.); und also wieder uns vor wahr zu
halten, was wir hinlänglich anzeigen (§. 318.);
folglich man keine andere Meinung von un-
sern Gedancken haben kann, als die wir
durch die Worte anzeigen; so leidet der Eid
keine stillschweigende Ausnahmen und
Bedingungen, und es kann auch bey
demselben nichts vor sich im Sinne
zurücke behalten werden
(§. 355.).

§. 370.
Jn was
vor ei-
nem Ver-
stande
man die
Worte,
die einen
Eid an-
zeigen,
nehmen
müsse.

Aus eben diesem Grunde ist klar, daß der,
welcher schwört, die Worte in eben
dem Verstande nehmen müsse, welche
derjenige ihnen zueignet, dem ge-
schworen wird;
und daß man folglich
dieselbe nicht der offenbahren Bedeu-
tung zuwieder in eine andere verdre-
hen dürfe, damit man beweisen kön-
ne: ob man gleich nach der Meinung
desjenigen, dem geschworen wird, un-
wahr geredet, so habe man doch nach
seiner eigenen Meinung wahr geredet.

§. 371.
Vom fal-
schen Ei-
de und
Meinei-
de.

Ein falscher Eid (pejeratio) wird ge-
nannt derjenige, welchen einer schwört, daß
er die Wahrheit sage, indem er die Unwahr-
heit sagt. Der Meineid (perjurium) aber

ist

II. Th. 6. H. Von der Eroͤfnung
eine ſonſt erlaubte Unwahrheit mit kei-
nem Eide bekraͤftigen.

§. 369.
Die
Wuͤr-
ckung des
Eides.

Weil wir uns, indem wir ſchwoͤren, dem
andern verbinden, ihm die Wahrheit zu ſagen
(§. 368.); und alſo wieder uns vor wahr zu
halten, was wir hinlaͤnglich anzeigen (§. 318.);
folglich man keine andere Meinung von un-
ſern Gedancken haben kann, als die wir
durch die Worte anzeigen; ſo leidet der Eid
keine ſtillſchweigende Ausnahmen und
Bedingungen, und es kann auch bey
demſelben nichts vor ſich im Sinne
zuruͤcke behalten werden
(§. 355.).

§. 370.
Jn was
vor ei-
nem Ver-
ſtande
man die
Worte,
die einen
Eid an-
zeigen,
nehmen
muͤſſe.

Aus eben dieſem Grunde iſt klar, daß der,
welcher ſchwoͤrt, die Worte in eben
dem Verſtande nehmen muͤſſe, welche
derjenige ihnen zueignet, dem ge-
ſchworen wird;
und daß man folglich
dieſelbe nicht der offenbahren Bedeu-
tung zuwieder in eine andere verdre-
hen duͤrfe, damit man beweiſen koͤn-
ne: ob man gleich nach der Meinung
desjenigen, dem geſchworen wird, un-
wahr geredet, ſo habe man doch nach
ſeiner eigenen Meinung wahr geredet.

§. 371.
Vom fal-
ſchen Ei-
de und
Meinei-
de.

Ein falſcher Eid (pejeratio) wird ge-
nannt derjenige, welchen einer ſchwoͤrt, daß
er die Wahrheit ſage, indem er die Unwahr-
heit ſagt. Der Meineid (perjurium) aber

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[226/0262] II. Th. 6. H. Von der Eroͤfnung eine ſonſt erlaubte Unwahrheit mit kei- nem Eide bekraͤftigen. §. 369. Weil wir uns, indem wir ſchwoͤren, dem andern verbinden, ihm die Wahrheit zu ſagen (§. 368.); und alſo wieder uns vor wahr zu halten, was wir hinlaͤnglich anzeigen (§. 318.); folglich man keine andere Meinung von un- ſern Gedancken haben kann, als die wir durch die Worte anzeigen; ſo leidet der Eid keine ſtillſchweigende Ausnahmen und Bedingungen, und es kann auch bey demſelben nichts vor ſich im Sinne zuruͤcke behalten werden (§. 355.). §. 370. Aus eben dieſem Grunde iſt klar, daß der, welcher ſchwoͤrt, die Worte in eben dem Verſtande nehmen muͤſſe, welche derjenige ihnen zueignet, dem ge- ſchworen wird; und daß man folglich dieſelbe nicht der offenbahren Bedeu- tung zuwieder in eine andere verdre- hen duͤrfe, damit man beweiſen koͤn- ne: ob man gleich nach der Meinung desjenigen, dem geſchworen wird, un- wahr geredet, ſo habe man doch nach ſeiner eigenen Meinung wahr geredet. §. 371. Ein falſcher Eid (pejeratio) wird ge- nannt derjenige, welchen einer ſchwoͤrt, daß er die Wahrheit ſage, indem er die Unwahr- heit ſagt. Der Meineid (perjurium) aber iſt

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/262>, abgerufen am 21.11.2024.