sondern es ist eine Art eines Contracts (§. 467.), wovon wir in dem folgenden han- deln werden, nemlich ich gebe Geld, da- mit der andere mir einen Gebrauch ei- ner Sache gebe, oder ich gebe eine gewisse Sache, oder auch den Gebrauch einer andern Sache davor.
§. 525.
Vom ho- norario oder ei- ner Er- käntlich- keit.
Eine Erkäntlichkeit(honorarium) nennt man ein Geschencke an Gelde, welches man in der Meinung dem andern giebt, um das, was er uns umsonst zu Gefallen gethan, oder was nach Geld nicht geschätzt werden mag, zu vergelten. Weil das, so uns umsonst zu Ge- fallen geschehen, nur ein Bewegungsgrund der Erkäntlichkeit ist, um sein danckbares Ge- müthe dadurch zu erkennen zu geben (§. 475. 482.), man aber auf die Bewegungsgründe bey den Contracten nicht sieht (§. 78.); so ändert ein wohlthätiger Contract seine Natur nicht, wenn eine Erkäntlich- keit dazu kommt, als das Geliehene bleibt etwas Geliehenes (§. 515.). Die Grösse der Erkäntlichkeit wird von dem, der sie giebt, nach seinem Gefallen bestimmt (§. 316.), und deswegen kann sie den Werth dessen übertreffen, was gelei- stet worden; jedoch wenn etwas zur Erkäntlichkeit versprochen und an- genommen worden, so ist es eine voll- kommene Schuld (§. 380. 381.). Allein wofern der andere, was er ohne Ent-
gelt
II. Th. 11. H. Von woblthaͤtigen
ſondern es iſt eine Art eines Contracts (§. 467.), wovon wir in dem folgenden han- deln werden, nemlich ich gebe Geld, da- mit der andere mir einen Gebrauch ei- ner Sache gebe, oder ich gebe eine gewiſſe Sache, oder auch den Gebrauch einer andern Sache davor.
§. 525.
Vom ho- norario oder ei- ner Er- kaͤntlich- keit.
Eine Erkaͤntlichkeit(honorarium) nennt man ein Geſchencke an Gelde, welches man in der Meinung dem andern giebt, um das, was er uns umſonſt zu Gefallen gethan, oder was nach Geld nicht geſchaͤtzt werden mag, zu vergelten. Weil das, ſo uns umſonſt zu Ge- fallen geſchehen, nur ein Bewegungsgrund der Erkaͤntlichkeit iſt, um ſein danckbares Ge- muͤthe dadurch zu erkennen zu geben (§. 475. 482.), man aber auf die Bewegungsgruͤnde bey den Contracten nicht ſieht (§. 78.); ſo aͤndert ein wohlthaͤtiger Contract ſeine Natur nicht, wenn eine Erkaͤntlich- keit dazu kommt, als das Geliehene bleibt etwas Geliehenes (§. 515.). Die Groͤſſe der Erkaͤntlichkeit wird von dem, der ſie giebt, nach ſeinem Gefallen beſtimmt (§. 316.), und deswegen kann ſie den Werth deſſen uͤbertreffen, was gelei- ſtet worden; jedoch wenn etwas zur Erkaͤntlichkeit verſprochen und an- genommen worden, ſo iſt es eine voll- kommene Schuld (§. 380. 381.). Allein wofern der andere, was er ohne Ent-
gelt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0362"n="326"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Th. 11. H. Von woblthaͤtigen</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">ſondern es iſt eine Art eines Contracts</hi><lb/>
(§. 467.), wovon wir in dem folgenden han-<lb/>
deln werden, nemlich <hirendition="#fr">ich gebe Geld, da-<lb/>
mit der andere mir einen Gebrauch ei-<lb/>
ner Sache gebe, oder ich gebe eine<lb/>
gewiſſe Sache, oder auch den Gebrauch<lb/>
einer andern Sache davor.</hi></p></div><lb/><divn="4"><head>§. 525.</head><lb/><noteplace="left">Vom <hirendition="#aq">ho-<lb/>
norario</hi><lb/>
oder ei-<lb/>
ner Er-<lb/>
kaͤntlich-<lb/>
keit.</note><p>Eine <hirendition="#fr">Erkaͤntlichkeit</hi><hirendition="#aq">(honorarium)</hi> nennt<lb/>
man ein Geſchencke an Gelde, welches man<lb/>
in der Meinung dem andern giebt, um das,<lb/>
was er uns umſonſt zu Gefallen gethan, oder<lb/>
was nach Geld nicht geſchaͤtzt werden mag, zu<lb/>
vergelten. Weil das, ſo uns umſonſt zu Ge-<lb/>
fallen geſchehen, nur ein Bewegungsgrund<lb/>
der Erkaͤntlichkeit iſt, um ſein danckbares Ge-<lb/>
muͤthe dadurch zu erkennen zu geben (§. 475.<lb/>
482.), man aber auf die Bewegungsgruͤnde<lb/>
bey den Contracten nicht ſieht (§. 78.); ſo<lb/><hirendition="#fr">aͤndert ein wohlthaͤtiger Contract ſeine<lb/>
Natur nicht, wenn eine Erkaͤntlich-<lb/>
keit dazu kommt,</hi> als das Geliehene bleibt<lb/>
etwas Geliehenes (§. 515.). <hirendition="#fr">Die Groͤſſe<lb/>
der Erkaͤntlichkeit wird von dem, der<lb/>ſie giebt, nach ſeinem Gefallen beſtimmt<lb/>
(§. 316.), und</hi> deswegen <hirendition="#fr">kann ſie den<lb/>
Werth deſſen uͤbertreffen, was gelei-<lb/>ſtet worden; jedoch wenn etwas zur<lb/>
Erkaͤntlichkeit verſprochen und an-<lb/>
genommen worden, ſo iſt es eine voll-<lb/>
kommene Schuld</hi> (§. 380. 381.). Allein<lb/><hirendition="#fr">wofern der andere, was er ohne Ent-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">gelt</hi></fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[326/0362]
II. Th. 11. H. Von woblthaͤtigen
ſondern es iſt eine Art eines Contracts
(§. 467.), wovon wir in dem folgenden han-
deln werden, nemlich ich gebe Geld, da-
mit der andere mir einen Gebrauch ei-
ner Sache gebe, oder ich gebe eine
gewiſſe Sache, oder auch den Gebrauch
einer andern Sache davor.
§. 525.
Eine Erkaͤntlichkeit (honorarium) nennt
man ein Geſchencke an Gelde, welches man
in der Meinung dem andern giebt, um das,
was er uns umſonſt zu Gefallen gethan, oder
was nach Geld nicht geſchaͤtzt werden mag, zu
vergelten. Weil das, ſo uns umſonſt zu Ge-
fallen geſchehen, nur ein Bewegungsgrund
der Erkaͤntlichkeit iſt, um ſein danckbares Ge-
muͤthe dadurch zu erkennen zu geben (§. 475.
482.), man aber auf die Bewegungsgruͤnde
bey den Contracten nicht ſieht (§. 78.); ſo
aͤndert ein wohlthaͤtiger Contract ſeine
Natur nicht, wenn eine Erkaͤntlich-
keit dazu kommt, als das Geliehene bleibt
etwas Geliehenes (§. 515.). Die Groͤſſe
der Erkaͤntlichkeit wird von dem, der
ſie giebt, nach ſeinem Gefallen beſtimmt
(§. 316.), und deswegen kann ſie den
Werth deſſen uͤbertreffen, was gelei-
ſtet worden; jedoch wenn etwas zur
Erkaͤntlichkeit verſprochen und an-
genommen worden, ſo iſt es eine voll-
kommene Schuld (§. 380. 381.). Allein
wofern der andere, was er ohne Ent-
gelt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/362>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.