qvemers Haus um einen geringern Preiß kaufe. Weil wir doch aber den Nutzen, auf welchen der siehet, der die Vollmacht giebt, nicht nach unserm, sondern nach seinem Sin- ne beurtheilen müssen, vornehmlich da ausser der Hauptabsicht auch andere Nebenabsichten seyn können; so muß man die Vollmacht aufgetragener Massen erfüllen, wo- fern es nicht gantz gewiß ist, daß die Absicht dessen, der sie ertheilet, eben so gut erreicht wird, man erfülle sie aufgetragener Massen, oder durch et- was gleichgültiges (§. 551.).
§. 565.
Vom Wieder- ruf der Voll- macht.
Man sagt, die Vollmacht werde wie- derrufen(mandatum revocare), wenn der, welcher sie ertheilet, dem Gevollmächtigten kund thut, er wolle nicht, daß er sie erfülle. Weil der Gevollmächtigte von der Vollmacht keinen Nutzen hat (§. 551. 560.); folglich ihm nichts daran gelegen ist, ob sie erfüllet wird, oder nicht; so kann, der einem Vollmacht gegeben, nach seinem Be- lieben dieselbe wiederrufen, ehe sie er- füllet worden. Weil aber dennoch die Vollmacht bestehet, so lange sie nicht wieder- rufen wird; so muß, der die Vollmacht gegeben, den Gevollmächtigten in so weit schadloß halten, in so weit ver- möge derselben er schon etwas unter- nommen, oder Kosten dieserwegen an- gewendet (§. 557.).
§. 566.
II. Th. 11. H. Von wohlthaͤtigen
qvemers Haus um einen geringern Preiß kaufe. Weil wir doch aber den Nutzen, auf welchen der ſiehet, der die Vollmacht giebt, nicht nach unſerm, ſondern nach ſeinem Sin- ne beurtheilen muͤſſen, vornehmlich da auſſer der Hauptabſicht auch andere Nebenabſichten ſeyn koͤnnen; ſo muß man die Vollmacht aufgetragener Maſſen erfuͤllen, wo- fern es nicht gantz gewiß iſt, daß die Abſicht deſſen, der ſie ertheilet, eben ſo gut erreicht wird, man erfuͤlle ſie aufgetragener Maſſen, oder durch et- was gleichguͤltiges (§. 551.).
§. 565.
Vom Wieder- ruf der Voll- macht.
Man ſagt, die Vollmacht werde wie- derrufen(mandatum revocare), wenn der, welcher ſie ertheilet, dem Gevollmaͤchtigten kund thut, er wolle nicht, daß er ſie erfuͤlle. Weil der Gevollmaͤchtigte von der Vollmacht keinen Nutzen hat (§. 551. 560.); folglich ihm nichts daran gelegen iſt, ob ſie erfuͤllet wird, oder nicht; ſo kann, der einem Vollmacht gegeben, nach ſeinem Be- lieben dieſelbe wiederrufen, ehe ſie er- fuͤllet worden. Weil aber dennoch die Vollmacht beſtehet, ſo lange ſie nicht wieder- rufen wird; ſo muß, der die Vollmacht gegeben, den Gevollmaͤchtigten in ſo weit ſchadloß halten, in ſo weit ver- moͤge derſelben er ſchon etwas unter- nommen, oder Koſten dieſerwegen an- gewendet (§. 557.).
§. 566.
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II. Th. 11. H. Von wohlthaͤtigen
qvemers Haus um einen geringern Preiß
kaufe. Weil wir doch aber den Nutzen, auf
welchen der ſiehet, der die Vollmacht giebt,
nicht nach unſerm, ſondern nach ſeinem Sin-
ne beurtheilen muͤſſen, vornehmlich da auſſer
der Hauptabſicht auch andere Nebenabſichten
ſeyn koͤnnen; ſo muß man die Vollmacht
aufgetragener Maſſen erfuͤllen, wo-
fern es nicht gantz gewiß iſt, daß die
Abſicht deſſen, der ſie ertheilet, eben
ſo gut erreicht wird, man erfuͤlle ſie
aufgetragener Maſſen, oder durch et-
was gleichguͤltiges (§. 551.).
§. 565.
Man ſagt, die Vollmacht werde wie-
derrufen (mandatum revocare), wenn der,
welcher ſie ertheilet, dem Gevollmaͤchtigten
kund thut, er wolle nicht, daß er ſie erfuͤlle.
Weil der Gevollmaͤchtigte von der Vollmacht
keinen Nutzen hat (§. 551. 560.); folglich
ihm nichts daran gelegen iſt, ob ſie erfuͤllet
wird, oder nicht; ſo kann, der einem
Vollmacht gegeben, nach ſeinem Be-
lieben dieſelbe wiederrufen, ehe ſie er-
fuͤllet worden. Weil aber dennoch die
Vollmacht beſtehet, ſo lange ſie nicht wieder-
rufen wird; ſo muß, der die Vollmacht
gegeben, den Gevollmaͤchtigten in ſo
weit ſchadloß halten, in ſo weit ver-
moͤge derſelben er ſchon etwas unter-
nommen, oder Koſten dieſerwegen an-
gewendet (§. 557.).
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/394>, abgerufen am 24.11.2024.
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