Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

II. Th. 11. H. Von wohlthätigen

schaft
und der
Verbind-
lichkeit
des Bür-
gen.thätiger Contract, wodurch sich einer demje-
nigen, welchem ein anderer schon verbunden
ist, oder verbunden werden soll, umsonst ver-
bindlich macht, das selbst zu leisten, was der
andere leisten sollte, woferne er es nicht thut.
Der, welcher sich für einen andern, der schon
einem verbunden ist, oder verbunden werden
soll, umsonst verbindlich macht, wird der
Bürge (fidejussor) genannt: Der aber, für
welchen einer Bürge wird, der Hauptschuld-
ner (debitor principalis). Daher nennt man
auch seine Verbindlichkeit die Haupt-
verbindlichkeit (obligationem principa-
lem); die Verbindlichkeit des Bürgen aber
die dazu kommende Verbindlichkeit (ob-
ligationem accessoriam). Es erhellet aber,
daß die Hauptverbindlichkeit durch die
dazu kommende nicht aufgehoben oder
verändert wird; wie auch daß der Bür-
ge und Hauptschuldner zu einer Schuld
verbindlich sind, nur daß die Verbind-
lichkeit des Bürgen eine bedingte ist.
Es erhellet auch, daß die Bürgschaft zu
jeder Verbindlichkeit hinzukommen
kann, und zur Sicherheit der Schuld
dienet; folglich nicht eher gültig sey, als
bis die Hauptverbindlichkeit gewiß ist,
und wenn die Hauptverbindlichkeit
nichts ist, so ist auch die dazukommen-
de nichtig. Daher folgt ferner, daß, wenn
der Hauptschuldner nicht bezahlen
kann, der Bürge bezahlen muß. Weil

man

II. Th. 11. H. Von wohlthaͤtigen

ſchaft
und der
Verbind-
lichkeit
des Buͤr-
gen.thaͤtiger Contract, wodurch ſich einer demje-
nigen, welchem ein anderer ſchon verbunden
iſt, oder verbunden werden ſoll, umſonſt ver-
bindlich macht, das ſelbſt zu leiſten, was der
andere leiſten ſollte, woferne er es nicht thut.
Der, welcher ſich fuͤr einen andern, der ſchon
einem verbunden iſt, oder verbunden werden
ſoll, umſonſt verbindlich macht, wird der
Buͤrge (fidejuſſor) genannt: Der aber, fuͤr
welchen einer Buͤrge wird, der Hauptſchuld-
ner (debitor principalis). Daher nennt man
auch ſeine Verbindlichkeit die Haupt-
verbindlichkeit (obligationem principa-
lem); die Verbindlichkeit des Buͤrgen aber
die dazu kommende Verbindlichkeit (ob-
ligationem acceſſoriam). Es erhellet aber,
daß die Hauptverbindlichkeit durch die
dazu kommende nicht aufgehoben oder
veraͤndert wird; wie auch daß der Buͤr-
ge und Hauptſchuldner zu einer Schuld
verbindlich ſind, nur daß die Verbind-
lichkeit des Buͤrgen eine bedingte iſt.
Es erhellet auch, daß die Buͤrgſchaft zu
jeder Verbindlichkeit hinzukommen
kann, und zur Sicherheit der Schuld
dienet; folglich nicht eher guͤltig ſey, als
bis die Hauptverbindlichkeit gewiß iſt,
und wenn die Hauptverbindlichkeit
nichts iſt, ſo iſt auch die dazukommen-
de nichtig. Daher folgt ferner, daß, wenn
der Hauptſchuldner nicht bezahlen
kann, der Buͤrge bezahlen muß. Weil

man

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0398" n="362"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Th. 11. H. Von wohltha&#x0364;tigen</hi></fw><lb/><note place="left">&#x017F;chaft<lb/>
und der<lb/>
Verbind-<lb/>
lichkeit<lb/>
des Bu&#x0364;r-<lb/>
gen.</note>tha&#x0364;tiger Contract, wodurch &#x017F;ich einer demje-<lb/>
nigen, welchem ein anderer &#x017F;chon verbunden<lb/>
i&#x017F;t, oder verbunden werden &#x017F;oll, um&#x017F;on&#x017F;t ver-<lb/>
bindlich macht, das &#x017F;elb&#x017F;t zu lei&#x017F;ten, was der<lb/>
andere lei&#x017F;ten &#x017F;ollte, woferne er es nicht thut.<lb/>
Der, welcher &#x017F;ich fu&#x0364;r einen andern, der &#x017F;chon<lb/>
einem verbunden i&#x017F;t, oder verbunden werden<lb/>
&#x017F;oll, um&#x017F;on&#x017F;t verbindlich macht, wird <hi rendition="#fr">der<lb/>
Bu&#x0364;rge</hi> <hi rendition="#aq">(fideju&#x017F;&#x017F;or)</hi> genannt: Der aber, fu&#x0364;r<lb/>
welchen einer Bu&#x0364;rge wird, der <hi rendition="#fr">Haupt&#x017F;chuld-<lb/>
ner</hi> <hi rendition="#aq">(debitor principalis).</hi> Daher nennt man<lb/>
auch &#x017F;eine Verbindlichkeit die <hi rendition="#fr">Haupt-<lb/>
verbindlichkeit</hi> <hi rendition="#aq">(obligationem principa-<lb/>
lem);</hi> die Verbindlichkeit des Bu&#x0364;rgen aber<lb/>
die <hi rendition="#fr">dazu kommende Verbindlichkeit</hi> <hi rendition="#aq">(ob-<lb/>
ligationem acce&#x017F;&#x017F;oriam).</hi> Es erhellet aber,<lb/><hi rendition="#fr">daß die Hauptverbindlichkeit durch die<lb/>
dazu kommende nicht aufgehoben oder<lb/>
vera&#x0364;ndert wird;</hi> wie auch <hi rendition="#fr">daß der Bu&#x0364;r-<lb/>
ge und Haupt&#x017F;chuldner zu einer Schuld<lb/>
verbindlich &#x017F;ind, nur daß die Verbind-<lb/>
lichkeit des Bu&#x0364;rgen eine bedingte i&#x017F;t.</hi><lb/>
Es erhellet auch, <hi rendition="#fr">daß die Bu&#x0364;rg&#x017F;chaft zu<lb/>
jeder Verbindlichkeit hinzukommen<lb/>
kann, und zur Sicherheit der Schuld<lb/>
dienet;</hi> folglich <hi rendition="#fr">nicht eher gu&#x0364;ltig &#x017F;ey, als<lb/>
bis die Hauptverbindlichkeit gewiß i&#x017F;t,<lb/>
und wenn die Hauptverbindlichkeit<lb/>
nichts i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t auch die dazukommen-<lb/>
de nichtig.</hi> Daher folgt ferner, <hi rendition="#fr">daß, wenn<lb/>
der Haupt&#x017F;chuldner nicht bezahlen<lb/>
kann, der Bu&#x0364;rge bezahlen muß.</hi> Weil<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">man</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[362/0398] II. Th. 11. H. Von wohlthaͤtigen thaͤtiger Contract, wodurch ſich einer demje- nigen, welchem ein anderer ſchon verbunden iſt, oder verbunden werden ſoll, umſonſt ver- bindlich macht, das ſelbſt zu leiſten, was der andere leiſten ſollte, woferne er es nicht thut. Der, welcher ſich fuͤr einen andern, der ſchon einem verbunden iſt, oder verbunden werden ſoll, umſonſt verbindlich macht, wird der Buͤrge (fidejuſſor) genannt: Der aber, fuͤr welchen einer Buͤrge wird, der Hauptſchuld- ner (debitor principalis). Daher nennt man auch ſeine Verbindlichkeit die Haupt- verbindlichkeit (obligationem principa- lem); die Verbindlichkeit des Buͤrgen aber die dazu kommende Verbindlichkeit (ob- ligationem acceſſoriam). Es erhellet aber, daß die Hauptverbindlichkeit durch die dazu kommende nicht aufgehoben oder veraͤndert wird; wie auch daß der Buͤr- ge und Hauptſchuldner zu einer Schuld verbindlich ſind, nur daß die Verbind- lichkeit des Buͤrgen eine bedingte iſt. Es erhellet auch, daß die Buͤrgſchaft zu jeder Verbindlichkeit hinzukommen kann, und zur Sicherheit der Schuld dienet; folglich nicht eher guͤltig ſey, als bis die Hauptverbindlichkeit gewiß iſt, und wenn die Hauptverbindlichkeit nichts iſt, ſo iſt auch die dazukommen- de nichtig. Daher folgt ferner, daß, wenn der Hauptſchuldner nicht bezahlen kann, der Buͤrge bezahlen muß. Weil man ſchaft und der Verbind- lichkeit des Buͤr- gen.

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): CC BY-SA 4.0.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/398
Zitationshilfe:	Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/398>, abgerufen am 22.11.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.