che Verbindlichkeit diejenige ist, wel- che ihren hinreichenden Grund selbst in dem Wesen und der Natur des Menschen und der übrigen Dinge hat. Da nun diese unveränderlich und nothwendig ist; so ist die natürliche Verbindlichkeit auch unveränderlich und nothwendig; weil dieselbe also bald da ist, als man das Wesen und die Natur des Men- schen und der übrigen Dinge annimt.
§. 39.
Ein na- türliches, wilkühr- liches, ein göttliches u. mensch- liches Ge- setz.
Ein Gesetz nennt man die Vorschrift, nach welcher wir unsere Handlungen einzu- richten verbunden sind. Man nennt dasje- nige ein natürliches Gesetz, welches sei- nen hinreichenden Grund selbst in der Na- tur des Menschen und der Dinge hat. Aber ein wilkührliches(lex positiva) ist das- jenige, dessen Verbindlichkeit von dem Willen eines vernünftigen Wesens abhän- get; und besonders ist es ein göttliches Gesetz, wenn es von dem Willen Gottes, ein menschliches (weltliches) aber, wenn es von dem Willen eines Menschen abhän- get. Das Gesetz der Natur, wird gemei- niglich auch das Recht der Natur genannt.
§. 40.
Die Un- verän- derlich- keit des
Das Gesetz der Natur ist unverän- derlich und nothwendig. Denn weil das Gesetz der Natur den hinreichen-
den
I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,
che Verbindlichkeit diejenige iſt, wel- che ihren hinreichenden Grund ſelbſt in dem Weſen und der Natur des Menſchen und der uͤbrigen Dinge hat. Da nun dieſe unveraͤnderlich und nothwendig iſt; ſo iſt die natuͤrliche Verbindlichkeit auch unveraͤnderlich und nothwendig; weil dieſelbe alſo bald da iſt, als man das Weſen und die Natur des Men- ſchen und der uͤbrigen Dinge annimt.
§. 39.
Ein na- tuͤrliches, wilkuͤhr- liches, ein goͤttliches u. menſch- liches Ge- ſetz.
Ein Geſetz nennt man die Vorſchrift, nach welcher wir unſere Handlungen einzu- richten verbunden ſind. Man nennt dasje- nige ein natuͤrliches Geſetz, welches ſei- nen hinreichenden Grund ſelbſt in der Na- tur des Menſchen und der Dinge hat. Aber ein wilkuͤhrliches(lex poſitiva) iſt das- jenige, deſſen Verbindlichkeit von dem Willen eines vernuͤnftigen Weſens abhaͤn- get; und beſonders iſt es ein goͤttliches Geſetz, wenn es von dem Willen Gottes, ein menſchliches (weltliches) aber, wenn es von dem Willen eines Menſchen abhaͤn- get. Das Geſetz der Natur, wird gemei- niglich auch das Recht der Natur genannt.
§. 40.
Die Un- veraͤn- derlich- keit des
Das Geſetz der Natur iſt unveraͤn- derlich und nothwendig. Denn weil das Geſetz der Natur den hinreichen-
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I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,
che Verbindlichkeit diejenige iſt, wel-
che ihren hinreichenden Grund ſelbſt in
dem Weſen und der Natur des Menſchen
und der uͤbrigen Dinge hat. Da nun
dieſe unveraͤnderlich und nothwendig iſt;
ſo iſt die natuͤrliche Verbindlichkeit
auch unveraͤnderlich und nothwendig;
weil dieſelbe alſo bald da iſt, als man
das Weſen und die Natur des Men-
ſchen und der uͤbrigen Dinge annimt.
§. 39.
Ein Geſetz nennt man die Vorſchrift,
nach welcher wir unſere Handlungen einzu-
richten verbunden ſind. Man nennt dasje-
nige ein natuͤrliches Geſetz, welches ſei-
nen hinreichenden Grund ſelbſt in der Na-
tur des Menſchen und der Dinge hat. Aber
ein wilkuͤhrliches (lex poſitiva) iſt das-
jenige, deſſen Verbindlichkeit von dem
Willen eines vernuͤnftigen Weſens abhaͤn-
get; und beſonders iſt es ein goͤttliches
Geſetz, wenn es von dem Willen Gottes,
ein menſchliches (weltliches) aber, wenn
es von dem Willen eines Menſchen abhaͤn-
get. Das Geſetz der Natur, wird gemei-
niglich auch das Recht der Natur
genannt.
§. 40.
Das Geſetz der Natur iſt unveraͤn-
derlich und nothwendig. Denn weil
das Geſetz der Natur den hinreichen-
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/62>, abgerufen am 21.11.2024.
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