auch der Krieg nicht durch die Natur, son- dern durch die Boßheit der Menschen, die ih- rer Verbindlichkeit kein Genüge leisten wol- len, eingeführet worden (§. 99.); so muß in einer streitigen Sache ein jeder Theil billige Bedingungen suchen, wodurch der Krieg vermieden werden kann.
§. 791.
Da kein Besitzer mit Gewalt aus seinemOb ei- nem des Besitzes wegen das Recht zum Kriege zukom- me. Besitze geworfen werden kann, ehe als der an- dere sein Recht bewiesen hat (§. 288.); so kommt in einer zweifelhaften Sache niemanden das Recht zu einen Besi- tzer zu nöthigen, daß er ihm den Besitz einräumen soll; folglich wenn einer ei- ne streitige Sache besitzt, so ist es un- erlaubt, durch die Gewalt der Waf- fen sich des Besitzes zu bemächtigen (§. 98.); und also muß derjenige, wel- cher die Sache haben will, mehr als der Besitzer sich angelegen seyn lassen die Bedingungen zu suchen, wodurch der Krieg vermieden wird.
§. 792.
Weil einem jeden von Natur ein RechtVon der nothwen- digen Pfän- dung. auf die Güter des Schuldners zukommt, um sich daraus, woferne er nicht zur gesetzten Zeit die Schuld abträgt, bezahlt zu machen (§. 705.); so ist es von Natur erlaubt, wenn ein anderer eine uns zugehörige Sache uns vorbehält, und sie nicht wiedergeben will, oder das nicht ab-
tragen,
O o 5
Streitigkeiten zu endigen.
auch der Krieg nicht durch die Natur, ſon- dern durch die Boßheit der Menſchen, die ih- rer Verbindlichkeit kein Genuͤge leiſten wol- len, eingefuͤhret worden (§. 99.); ſo muß in einer ſtreitigen Sache ein jeder Theil billige Bedingungen ſuchen, wodurch der Krieg vermieden werden kann.
§. 791.
Da kein Beſitzer mit Gewalt aus ſeinemOb ei- nem des Beſitzes wegen das Recht zum Kriege zukom- me. Beſitze geworfen werden kann, ehe als der an- dere ſein Recht bewieſen hat (§. 288.); ſo kommt in einer zweifelhaften Sache niemanden das Recht zu einen Beſi- tzer zu noͤthigen, daß er ihm den Beſitz einraͤumen ſoll; folglich wenn einer ei- ne ſtreitige Sache beſitzt, ſo iſt es un- erlaubt, durch die Gewalt der Waf- fen ſich des Beſitzes zu bemaͤchtigen (§. 98.); und alſo muß derjenige, wel- cher die Sache haben will, mehr als der Beſitzer ſich angelegen ſeyn laſſen die Bedingungen zu ſuchen, wodurch der Krieg vermieden wird.
§. 792.
Weil einem jeden von Natur ein RechtVon der nothwen- digen Pfaͤn- dung. auf die Guͤter des Schuldners zukommt, um ſich daraus, woferne er nicht zur geſetzten Zeit die Schuld abtraͤgt, bezahlt zu machen (§. 705.); ſo iſt es von Natur erlaubt, wenn ein anderer eine uns zugehoͤrige Sache uns vorbehaͤlt, und ſie nicht wiedergeben will, oder das nicht ab-
tragen,
O o 5
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0621"n="585"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Streitigkeiten zu endigen.</hi></fw><lb/>
auch der Krieg nicht durch die Natur, ſon-<lb/>
dern durch die Boßheit der Menſchen, die ih-<lb/>
rer Verbindlichkeit kein Genuͤge leiſten wol-<lb/>
len, eingefuͤhret worden (§. 99.); <hirendition="#fr">ſo muß<lb/>
in einer ſtreitigen Sache ein jeder Theil<lb/>
billige Bedingungen ſuchen, wodurch<lb/>
der Krieg vermieden werden kann.</hi></p></div><lb/><divn="4"><head>§. 791.</head><lb/><p>Da kein Beſitzer mit Gewalt aus ſeinem<noteplace="right">Ob ei-<lb/>
nem des<lb/>
Beſitzes<lb/>
wegen<lb/>
das Recht<lb/>
zum<lb/>
Kriege<lb/>
zukom-<lb/>
me.</note><lb/>
Beſitze geworfen werden kann, ehe als der an-<lb/>
dere ſein Recht bewieſen hat (§. 288.); <hirendition="#fr">ſo<lb/>
kommt in einer zweifelhaften Sache<lb/>
niemanden das Recht zu einen Beſi-<lb/>
tzer zu noͤthigen, daß er ihm den Beſitz<lb/>
einraͤumen ſoll;</hi> folglich <hirendition="#fr">wenn einer ei-<lb/>
ne ſtreitige Sache beſitzt, ſo iſt es un-<lb/>
erlaubt, durch die Gewalt der Waf-<lb/>
fen ſich des Beſitzes zu bemaͤchtigen<lb/>
(§. 98.); und</hi> alſo <hirendition="#fr">muß derjenige, wel-<lb/>
cher die Sache haben will, mehr als<lb/>
der Beſitzer ſich angelegen ſeyn laſſen<lb/>
die Bedingungen zu ſuchen, wodurch<lb/>
der Krieg vermieden wird.</hi></p></div><lb/><divn="4"><head>§. 792.</head><lb/><p>Weil einem jeden von Natur ein Recht<noteplace="right">Von der<lb/>
nothwen-<lb/>
digen<lb/>
Pfaͤn-<lb/>
dung.</note><lb/>
auf die Guͤter des Schuldners zukommt, um<lb/>ſich daraus, woferne er nicht zur geſetzten Zeit<lb/>
die Schuld abtraͤgt, bezahlt zu machen (§.<lb/>
705.); <hirendition="#fr">ſo iſt es von Natur erlaubt,<lb/>
wenn ein anderer eine uns zugehoͤrige<lb/>
Sache uns vorbehaͤlt, und ſie nicht<lb/>
wiedergeben will, oder das nicht ab-</hi><lb/><fwplace="bottom"type="sig">O o 5</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">tragen,</hi></fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[585/0621]
Streitigkeiten zu endigen.
auch der Krieg nicht durch die Natur, ſon-
dern durch die Boßheit der Menſchen, die ih-
rer Verbindlichkeit kein Genuͤge leiſten wol-
len, eingefuͤhret worden (§. 99.); ſo muß
in einer ſtreitigen Sache ein jeder Theil
billige Bedingungen ſuchen, wodurch
der Krieg vermieden werden kann.
§. 791.
Da kein Beſitzer mit Gewalt aus ſeinem
Beſitze geworfen werden kann, ehe als der an-
dere ſein Recht bewieſen hat (§. 288.); ſo
kommt in einer zweifelhaften Sache
niemanden das Recht zu einen Beſi-
tzer zu noͤthigen, daß er ihm den Beſitz
einraͤumen ſoll; folglich wenn einer ei-
ne ſtreitige Sache beſitzt, ſo iſt es un-
erlaubt, durch die Gewalt der Waf-
fen ſich des Beſitzes zu bemaͤchtigen
(§. 98.); und alſo muß derjenige, wel-
cher die Sache haben will, mehr als
der Beſitzer ſich angelegen ſeyn laſſen
die Bedingungen zu ſuchen, wodurch
der Krieg vermieden wird.
Ob ei-
nem des
Beſitzes
wegen
das Recht
zum
Kriege
zukom-
me.
§. 792.
Weil einem jeden von Natur ein Recht
auf die Guͤter des Schuldners zukommt, um
ſich daraus, woferne er nicht zur geſetzten Zeit
die Schuld abtraͤgt, bezahlt zu machen (§.
705.); ſo iſt es von Natur erlaubt,
wenn ein anderer eine uns zugehoͤrige
Sache uns vorbehaͤlt, und ſie nicht
wiedergeben will, oder das nicht ab-
tragen,
Von der
nothwen-
digen
Pfaͤn-
dung.
O o 5
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/621>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.