Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Theil 19. Hauptstück.
den Kunstverständigen gegeben wird; so muß
man sie in der Bedeutung nehmen,
welche bey den Kunstverständigen an-
genommen worden, woferne nicht
dringende Gründe dazu vorhanden
sind (§. 798.). Wenn die Wörter et-
was nach den Stuffen anzeigen; so
muß man,
obgleich die Erklärungen also
eingerichtet werden, wie die Sachen in ihrer
grösten Vollkommenheit beschaffen sind, weil
wir uns derselben nicht allezeit in einer so ein-
geschränckten Bedeutung bedienen, sich an
die Erklärung derselben nicht genau
binden, sondern eine Erklärung ma-
chen, die der Rede, wovon das zu er-
klärende Wort ein Theil ist, gemäß
ist,
als wenn man sagt, es solle auf das Ur-
theil eines Philosophen, oder Artzeneyverstän-
digen ankommen.

§. 803.
Von der
vielfäl-
tigen Be-
deutung
und der
Zwey-
deutig-
keit.

Wenn die Dunckelheit von den viel-
fältigen Bedeutungen und aus der
Zweydeutigkeit entsteht; so ist,
indem
alsdenn ein Wort, oder mehrere Wörter zu-
sammen mehr als eine Bedeutung haben, der-
jenige aber, welcher geredet, wie leicht zu er-
messen, an diejenige gedacht hat, welche ihm
einfallen konnte, derjenige Begriff wel-
cher der Sache zukommt, wovon die
Rede ist, den übrigen vorzuziehen.

Gemeiniglich sagt man, daß die Wörter
nach der Beschaffenheit der Sache ver-

standen

II. Theil 19. Hauptſtuͤck.
den Kunſtverſtaͤndigen gegeben wird; ſo muß
man ſie in der Bedeutung nehmen,
welche bey den Kunſtverſtaͤndigen an-
genommen worden, woferne nicht
dringende Gruͤnde dazu vorhanden
ſind (§. 798.). Wenn die Woͤrter et-
was nach den Stuffen anzeigen; ſo
muß man,
obgleich die Erklaͤrungen alſo
eingerichtet werden, wie die Sachen in ihrer
groͤſten Vollkommenheit beſchaffen ſind, weil
wir uns derſelben nicht allezeit in einer ſo ein-
geſchraͤnckten Bedeutung bedienen, ſich an
die Erklaͤrung derſelben nicht genau
binden, ſondern eine Erklaͤrung ma-
chen, die der Rede, wovon das zu er-
klaͤrende Wort ein Theil iſt, gemaͤß
iſt,
als wenn man ſagt, es ſolle auf das Ur-
theil eines Philoſophen, oder Artzeneyverſtaͤn-
digen ankommen.

§. 803.
Von der
vielfaͤl-
tigen Be-
deutung
und der
Zwey-
deutig-
keit.

Wenn die Dunckelheit von den viel-
faͤltigen Bedeutungen und aus der
Zweydeutigkeit entſteht; ſo iſt,
indem
alsdenn ein Wort, oder mehrere Woͤrter zu-
ſammen mehr als eine Bedeutung haben, der-
jenige aber, welcher geredet, wie leicht zu er-
meſſen, an diejenige gedacht hat, welche ihm
einfallen konnte, derjenige Begriff wel-
cher der Sache zukommt, wovon die
Rede iſt, den uͤbrigen vorzuziehen.

Gemeiniglich ſagt man, daß die Woͤrter
nach der Beſchaffenheit der Sache ver-

ſtanden
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0628" n="592"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil 19. Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
den Kun&#x017F;tver&#x017F;ta&#x0364;ndigen gegeben wird; <hi rendition="#fr">&#x017F;o muß<lb/>
man &#x017F;ie in der Bedeutung nehmen,<lb/>
welche bey den Kun&#x017F;tver&#x017F;ta&#x0364;ndigen an-<lb/>
genommen worden, woferne nicht<lb/>
dringende Gru&#x0364;nde dazu vorhanden<lb/>
&#x017F;ind (§. 798.). Wenn die Wo&#x0364;rter et-<lb/>
was nach den Stuffen anzeigen; &#x017F;o<lb/>
muß man,</hi> obgleich die Erkla&#x0364;rungen al&#x017F;o<lb/>
eingerichtet werden, wie die Sachen in ihrer<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;ten Vollkommenheit be&#x017F;chaffen &#x017F;ind, weil<lb/>
wir uns der&#x017F;elben nicht allezeit in einer &#x017F;o ein-<lb/>
ge&#x017F;chra&#x0364;nckten Bedeutung bedienen, <hi rendition="#fr">&#x017F;ich an<lb/>
die Erkla&#x0364;rung der&#x017F;elben nicht genau<lb/>
binden, &#x017F;ondern eine Erkla&#x0364;rung ma-<lb/>
chen, die der Rede, wovon das zu er-<lb/>
kla&#x0364;rende Wort ein Theil i&#x017F;t, gema&#x0364;ß<lb/>
i&#x017F;t,</hi> als wenn man &#x017F;agt, es &#x017F;olle auf das Ur-<lb/>
theil eines Philo&#x017F;ophen, oder Artzeneyver&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
digen ankommen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 803.</head><lb/>
              <note place="left">Von der<lb/>
vielfa&#x0364;l-<lb/>
tigen Be-<lb/>
deutung<lb/>
und der<lb/>
Zwey-<lb/>
deutig-<lb/>
keit.</note>
              <p><hi rendition="#fr">Wenn die Dunckelheit von den viel-<lb/>
fa&#x0364;ltigen Bedeutungen und aus der<lb/>
Zweydeutigkeit ent&#x017F;teht; &#x017F;o i&#x017F;t,</hi> indem<lb/>
alsdenn ein Wort, oder mehrere Wo&#x0364;rter zu-<lb/>
&#x017F;ammen mehr als eine Bedeutung haben, der-<lb/>
jenige aber, welcher geredet, wie leicht zu er-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;en, an diejenige gedacht hat, welche ihm<lb/>
einfallen konnte, <hi rendition="#fr">derjenige Begriff wel-<lb/>
cher der Sache zukommt, wovon die<lb/>
Rede i&#x017F;t, den u&#x0364;brigen vorzuziehen.</hi><lb/>
Gemeiniglich &#x017F;agt man, <hi rendition="#fr">daß die Wo&#x0364;rter<lb/>
nach der Be&#x017F;chaffenheit der Sache ver-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">&#x017F;tanden</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[592/0628] II. Theil 19. Hauptſtuͤck. den Kunſtverſtaͤndigen gegeben wird; ſo muß man ſie in der Bedeutung nehmen, welche bey den Kunſtverſtaͤndigen an- genommen worden, woferne nicht dringende Gruͤnde dazu vorhanden ſind (§. 798.). Wenn die Woͤrter et- was nach den Stuffen anzeigen; ſo muß man, obgleich die Erklaͤrungen alſo eingerichtet werden, wie die Sachen in ihrer groͤſten Vollkommenheit beſchaffen ſind, weil wir uns derſelben nicht allezeit in einer ſo ein- geſchraͤnckten Bedeutung bedienen, ſich an die Erklaͤrung derſelben nicht genau binden, ſondern eine Erklaͤrung ma- chen, die der Rede, wovon das zu er- klaͤrende Wort ein Theil iſt, gemaͤß iſt, als wenn man ſagt, es ſolle auf das Ur- theil eines Philoſophen, oder Artzeneyverſtaͤn- digen ankommen. §. 803. Wenn die Dunckelheit von den viel- faͤltigen Bedeutungen und aus der Zweydeutigkeit entſteht; ſo iſt, indem alsdenn ein Wort, oder mehrere Woͤrter zu- ſammen mehr als eine Bedeutung haben, der- jenige aber, welcher geredet, wie leicht zu er- meſſen, an diejenige gedacht hat, welche ihm einfallen konnte, derjenige Begriff wel- cher der Sache zukommt, wovon die Rede iſt, den uͤbrigen vorzuziehen. Gemeiniglich ſagt man, daß die Woͤrter nach der Beſchaffenheit der Sache ver- ſtanden

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/628
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 592. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/628>, abgerufen am 22.11.2024.