Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

und der öffentlichen Herrschaft.
keit erfordert wird, noch auch ihre Rechte
ruhig geniessen, und was sie von andern zu
fordern haben, sicher erhalten, noch auch sich
und das ihrige wider anderer Gewaltthätig-
keit schützen können. Es ist also nöthig, das-
jenige durch gemeinschaftliche Kräfte zu er-
halten, was eintzele Häuser vor sich nicht er-
halten können. Und zu dem Ende müssen
Gesellschaften errichtet werden (§. 836.). Ei-
ne Gesellschaft, die zu dem Ende gemacht
wird, heisset ein Staat (civitas). Daher er-
hellet, daß durch Verträge der Men-
schen die Staaten entstanden
(§. 836.),
und die Absicht eines Staats bestehe in
hinlänglichen Lebensunterhalt
(in suffi-
cientia vitae),
d. i. im Ueberfluß alles dessen, was
zur Nothdurft, zur Bequemlichkeit und zum
Vergnügen des Lebens, auch zur Glückseligkeit
des Menschen erfordert wird, in der innern
Ruhe des Staats
(tranquillitate civitatis),
d. i. in der Befreyung von der Furcht für
Unrecht, oder Verletzung seines Rechts (§.
87.), und der Sicherheit (securitate),
oder der Befreyung von der Furcht vor äus-
serer Gewalt. Die Wohlfahrt eines
Staats
aber (salus civitatis) bestehet in
dem Genuß des hinlänglichen Lebens-
unterhalts, der Ruhe und der Sicher-
heit
(§. 837.). Jn so weit nun dieses zu
erhalten stehet, wird es das gemeine Beste
(benum publicum) genannt (§. cit.).

§. 973.
X x 5

und der oͤffentlichen Herrſchaft.
keit erfordert wird, noch auch ihre Rechte
ruhig genieſſen, und was ſie von andern zu
fordern haben, ſicher erhalten, noch auch ſich
und das ihrige wider anderer Gewaltthaͤtig-
keit ſchuͤtzen koͤnnen. Es iſt alſo noͤthig, das-
jenige durch gemeinſchaftliche Kraͤfte zu er-
halten, was eintzele Haͤuſer vor ſich nicht er-
halten koͤnnen. Und zu dem Ende muͤſſen
Geſellſchaften errichtet werden (§. 836.). Ei-
ne Geſellſchaft, die zu dem Ende gemacht
wird, heiſſet ein Staat (civitas). Daher er-
hellet, daß durch Vertraͤge der Men-
ſchen die Staaten entſtanden
(§. 836.),
und die Abſicht eines Staats beſtehe in
hinlaͤnglichen Lebensunterhalt
(in ſuffi-
cientia vitæ),
d. i. im Ueberfluß alles deſſen, was
zur Nothdurft, zur Bequemlichkeit und zum
Vergnuͤgen des Lebens, auch zur Gluͤckſeligkeit
des Menſchen erfordert wird, in der innern
Ruhe des Staats
(tranquillitate civitatis),
d. i. in der Befreyung von der Furcht fuͤr
Unrecht, oder Verletzung ſeines Rechts (§.
87.), und der Sicherheit (ſecuritate),
oder der Befreyung von der Furcht vor aͤuſ-
ſerer Gewalt. Die Wohlfahrt eines
Staats
aber (ſalus civitatis) beſtehet in
dem Genuß des hinlaͤnglichen Lebens-
unterhalts, der Ruhe und der Sicher-
heit
(§. 837.). Jn ſo weit nun dieſes zu
erhalten ſtehet, wird es das gemeine Beſte
(benum publicum) genannt (§. cit.).

§. 973.
X x 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0733" n="697"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und der o&#x0364;ffentlichen Herr&#x017F;chaft.</hi></fw><lb/>
keit erfordert wird, noch auch ihre Rechte<lb/>
ruhig genie&#x017F;&#x017F;en, und was &#x017F;ie von andern zu<lb/>
fordern haben, &#x017F;icher erhalten, noch auch &#x017F;ich<lb/>
und das ihrige wider anderer Gewalttha&#x0364;tig-<lb/>
keit &#x017F;chu&#x0364;tzen ko&#x0364;nnen. Es i&#x017F;t al&#x017F;o no&#x0364;thig, das-<lb/>
jenige durch gemein&#x017F;chaftliche Kra&#x0364;fte zu er-<lb/>
halten, was eintzele Ha&#x0364;u&#x017F;er vor &#x017F;ich nicht er-<lb/>
halten ko&#x0364;nnen. Und zu dem Ende mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften errichtet werden (§. 836.). Ei-<lb/>
ne Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft, die zu dem Ende gemacht<lb/>
wird, hei&#x017F;&#x017F;et ein <hi rendition="#fr">Staat</hi> <hi rendition="#aq">(civitas).</hi> Daher er-<lb/>
hellet, <hi rendition="#fr">daß durch Vertra&#x0364;ge der Men-<lb/>
&#x017F;chen die Staaten ent&#x017F;tanden</hi> (§. 836.),<lb/>
und <hi rendition="#fr">die Ab&#x017F;icht eines Staats be&#x017F;tehe in<lb/>
hinla&#x0364;nglichen Lebensunterhalt</hi> <hi rendition="#aq">(in &#x017F;uffi-<lb/>
cientia vitæ),</hi> d. i. im Ueberfluß alles de&#x017F;&#x017F;en, was<lb/>
zur Nothdurft, zur Bequemlichkeit und zum<lb/>
Vergnu&#x0364;gen des Lebens, auch zur Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit<lb/>
des Men&#x017F;chen erfordert wird, <hi rendition="#fr">in der innern<lb/>
Ruhe des Staats</hi> <hi rendition="#aq">(tranquillitate civitatis),</hi><lb/>
d. i. in der Befreyung von der Furcht fu&#x0364;r<lb/>
Unrecht, oder Verletzung &#x017F;eines Rechts (§.<lb/>
87.), und <hi rendition="#fr">der Sicherheit</hi> <hi rendition="#aq">(&#x017F;ecuritate),</hi><lb/>
oder der Befreyung von der Furcht vor a&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erer Gewalt. <hi rendition="#fr">Die Wohlfahrt eines<lb/>
Staats</hi> aber <hi rendition="#aq">(&#x017F;alus civitatis)</hi> <hi rendition="#fr">be&#x017F;tehet in<lb/>
dem Genuß des hinla&#x0364;nglichen Lebens-<lb/>
unterhalts, der Ruhe und der Sicher-<lb/>
heit</hi> (§. 837.). Jn &#x017F;o weit nun die&#x017F;es zu<lb/>
erhalten &#x017F;tehet, wird es das <hi rendition="#fr">gemeine Be&#x017F;te</hi><lb/><hi rendition="#aq">(benum publicum)</hi> genannt (§. <hi rendition="#aq">cit.</hi>).</p>
              </div><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">X x 5</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">§. 973.</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[697/0733] und der oͤffentlichen Herrſchaft. keit erfordert wird, noch auch ihre Rechte ruhig genieſſen, und was ſie von andern zu fordern haben, ſicher erhalten, noch auch ſich und das ihrige wider anderer Gewaltthaͤtig- keit ſchuͤtzen koͤnnen. Es iſt alſo noͤthig, das- jenige durch gemeinſchaftliche Kraͤfte zu er- halten, was eintzele Haͤuſer vor ſich nicht er- halten koͤnnen. Und zu dem Ende muͤſſen Geſellſchaften errichtet werden (§. 836.). Ei- ne Geſellſchaft, die zu dem Ende gemacht wird, heiſſet ein Staat (civitas). Daher er- hellet, daß durch Vertraͤge der Men- ſchen die Staaten entſtanden (§. 836.), und die Abſicht eines Staats beſtehe in hinlaͤnglichen Lebensunterhalt (in ſuffi- cientia vitæ), d. i. im Ueberfluß alles deſſen, was zur Nothdurft, zur Bequemlichkeit und zum Vergnuͤgen des Lebens, auch zur Gluͤckſeligkeit des Menſchen erfordert wird, in der innern Ruhe des Staats (tranquillitate civitatis), d. i. in der Befreyung von der Furcht fuͤr Unrecht, oder Verletzung ſeines Rechts (§. 87.), und der Sicherheit (ſecuritate), oder der Befreyung von der Furcht vor aͤuſ- ſerer Gewalt. Die Wohlfahrt eines Staats aber (ſalus civitatis) beſtehet in dem Genuß des hinlaͤnglichen Lebens- unterhalts, der Ruhe und der Sicher- heit (§. 837.). Jn ſo weit nun dieſes zu erhalten ſtehet, wird es das gemeine Beſte (benum publicum) genannt (§. cit.). §. 973. X x 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/733
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 697. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/733>, abgerufen am 22.11.2024.