Da das Recht, welches alle zusam-Von dem Ursprung der Herr- schaft in einem Staate. men über einen jeden ins besondere ha- ben, darinnen bestehet, daß sie vorschreiben, was ein jeder zu thun hat (§. 978.); so ist es eine Herrschaft (§. 833.), welches die Herrschaft eines Staats, oder die Staatsherrschaft(imperium civile), oder auch desselben Gewalt(potestas civilis) ge- nannt wird. Sie entsteht also aus dem Ver- trage, wodurch der Staat errichtet worden (§. 972.), und ist ursprünglich bey dem Volcke (§. 974.), als eine ihm eigenthümliche uncörperliche Sache (§. 206.).
§. 980.
Da die Herrschaft in einem Staate ausVon den Schran- cken der Staats- herr- schaft. seiner Absicht ermessen werden muß (§. 976. 972.); so erstreckt sie sich nicht weiter als auf die Handlungen der Bürger, welche zur Beförderung der gemeinen Wohlfahrt gehören; folglich da nur bloß in Absicht dieser Handlungen die natürliche Freyheit der einzelen Glieder eingeschränckt wird (§. 975. 77.); so bleibt sie in Anse- hung der übrigen Handlungen unge- kränckt.
§. 981.
Weil die Herrschaft in einem Staate inDaß in einem Staate ihrer Ausübung frey ist von einem jeden an-
dern
und der oͤffentlichen Herrſchaft.
der kleinere Theil durch den groͤſſern verbunden.
§. 979.
Da das Recht, welches alle zuſam-Von dem Urſprung der Herr- ſchaft in einem Staate. men uͤber einen jeden ins beſondere ha- ben, darinnen beſtehet, daß ſie vorſchreiben, was ein jeder zu thun hat (§. 978.); ſo iſt es eine Herrſchaft (§. 833.), welches die Herrſchaft eines Staats, oder die Staatsherrſchaft(imperium civile), oder auch deſſelben Gewalt(poteſtas civilis) ge- nannt wird. Sie entſteht alſo aus dem Ver- trage, wodurch der Staat errichtet worden (§. 972.), und iſt urſpruͤnglich bey dem Volcke (§. 974.), als eine ihm eigenthuͤmliche uncoͤrperliche Sache (§. 206.).
§. 980.
Da die Herrſchaft in einem Staate ausVon den Schran- cken der Staats- herr- ſchaft. ſeiner Abſicht ermeſſen werden muß (§. 976. 972.); ſo erſtreckt ſie ſich nicht weiter als auf die Handlungen der Buͤrger, welche zur Befoͤrderung der gemeinen Wohlfahrt gehoͤren; folglich da nur bloß in Abſicht dieſer Handlungen die natuͤrliche Freyheit der einzelen Glieder eingeſchraͤnckt wird (§. 975. 77.); ſo bleibt ſie in Anſe- hung der uͤbrigen Handlungen unge- kraͤnckt.
§. 981.
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und der oͤffentlichen Herrſchaft.
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Da das Recht, welches alle zuſam-
men uͤber einen jeden ins beſondere ha-
ben, darinnen beſtehet, daß ſie vorſchreiben,
was ein jeder zu thun hat (§. 978.); ſo iſt
es eine Herrſchaft (§. 833.), welches die
Herrſchaft eines Staats, oder die
Staatsherrſchaft (imperium civile), oder
auch deſſelben Gewalt (poteſtas civilis) ge-
nannt wird. Sie entſteht alſo aus dem Ver-
trage, wodurch der Staat errichtet
worden (§. 972.), und iſt urſpruͤnglich
bey dem Volcke (§. 974.), als eine ihm
eigenthuͤmliche uncoͤrperliche Sache
(§. 206.).
Von dem
Urſprung
der Herr-
ſchaft in
einem
Staate.
§. 980.
Da die Herrſchaft in einem Staate aus
ſeiner Abſicht ermeſſen werden muß (§. 976.
972.); ſo erſtreckt ſie ſich nicht weiter
als auf die Handlungen der Buͤrger,
welche zur Befoͤrderung der gemeinen
Wohlfahrt gehoͤren; folglich da nur bloß
in Abſicht dieſer Handlungen die natuͤrliche
Freyheit der einzelen Glieder eingeſchraͤnckt
wird (§. 975. 77.); ſo bleibt ſie in Anſe-
hung der uͤbrigen Handlungen unge-
kraͤnckt.
Von den
Schran-
cken der
Staats-
herr-
ſchaft.
§. 981.
Weil die Herrſchaft in einem Staate in
ihrer Ausuͤbung frey iſt von einem jeden an-
dern
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 701. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/737>, abgerufen am 22.11.2024.
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