Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

III. Theil 2. Abth. 2. Hauptstück.
daß er seine Unterthanen liebe, und
ihnen die Liebespflichten nicht versa-
ge, und daß er
folglich in der Führung
seiner despotischen Herrschaft nichts
begehe, was wider diese Pflichten strei-
ten könnte.
Sonsten braucht es hier kei-
ner Erinnerung, daß auch eine despotische
Aristocratie möglich
sey, von welcher je-
doch eben das zu bemercken ist, was wir von
dem despotischen Reiche bereits vorgetragen
haben.

§. 998.
Von der
Majestät
und dem
Maje-
stätsrech-
te.

Die Würde dessen, bey dem die höchste
Herrschaft unzertrennlich ist, heißt die Ma-
jestät
(majestas). Dieser hindert es nicht,
daß die Verwaltung derselben in einigen Stü-
cken an gewisse Grundgesetze gebunden ist, in-
dem doch die diesen gemäße Handlungen von
keinem Menschen umgestossen werden können.
Demnach nennet man Majestätsrechte
(jura majestatica) diejenigen, welche zur
höchsten Herrschaft und deren Verwaltung ge-
hören. Jn einer Democratie hat das
gantze Volck (§. 990.), in der Aristo-
cratie die Versammlung der Vornehm-
sten (§. 992.), in der Monarchie aber
und in einem Reiche der König die
Majestät
(§. 991. 994.).

§. 999.
Vom
Nathe.

Die Versammlung gewisser Personen, wel-
chen das öffentliche Regiment in Sachen, so
täglich verwaltet werden müssen, oder welche

keinen

III. Theil 2. Abth. 2. Hauptſtuͤck.
daß er ſeine Unterthanen liebe, und
ihnen die Liebespflichten nicht verſa-
ge, und daß er
folglich in der Fuͤhrung
ſeiner deſpotiſchen Herrſchaft nichts
begehe, was wider dieſe Pflichten ſtrei-
ten koͤnnte.
Sonſten braucht es hier kei-
ner Erinnerung, daß auch eine deſpotiſche
Ariſtocratie moͤglich
ſey, von welcher je-
doch eben das zu bemercken iſt, was wir von
dem deſpotiſchen Reiche bereits vorgetragen
haben.

§. 998.
Von der
Majeſtaͤt
und dem
Maje-
ſtaͤtsrech-
te.

Die Wuͤrde deſſen, bey dem die hoͤchſte
Herrſchaft unzertrennlich iſt, heißt die Ma-
jeſtaͤt
(majeſtas). Dieſer hindert es nicht,
daß die Verwaltung derſelben in einigen Stuͤ-
cken an gewiſſe Grundgeſetze gebunden iſt, in-
dem doch die dieſen gemaͤße Handlungen von
keinem Menſchen umgeſtoſſen werden koͤnnen.
Demnach nennet man Majeſtaͤtsrechte
(jura majeſtatica) diejenigen, welche zur
hoͤchſten Herrſchaft und deren Verwaltung ge-
hoͤren. Jn einer Democratie hat das
gantze Volck (§. 990.), in der Ariſto-
cratie die Verſammlung der Vornehm-
ſten (§. 992.), in der Monarchie aber
und in einem Reiche der Koͤnig die
Majeſtaͤt
(§. 991. 994.).

§. 999.
Vom
Nathe.

Die Verſammlung gewiſſer Perſonen, wel-
chen das oͤffentliche Regiment in Sachen, ſo
taͤglich verwaltet werden muͤſſen, oder welche

keinen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0750" n="714"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Theil 2. Abth. 2. Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">daß er &#x017F;eine Unterthanen liebe, und<lb/>
ihnen die Liebespflichten nicht ver&#x017F;a-<lb/>
ge, und daß er</hi> folglich <hi rendition="#fr">in der Fu&#x0364;hrung<lb/>
&#x017F;einer de&#x017F;poti&#x017F;chen Herr&#x017F;chaft nichts<lb/>
begehe, was wider die&#x017F;e Pflichten &#x017F;trei-<lb/>
ten ko&#x0364;nnte.</hi> Son&#x017F;ten braucht es hier kei-<lb/>
ner Erinnerung, daß auch eine <hi rendition="#fr">de&#x017F;poti&#x017F;che<lb/>
Ari&#x017F;tocratie mo&#x0364;glich</hi> &#x017F;ey, von welcher je-<lb/>
doch eben das zu bemercken i&#x017F;t, was wir von<lb/>
dem de&#x017F;poti&#x017F;chen Reiche bereits vorgetragen<lb/>
haben.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 998.</head><lb/>
                <note place="left">Von der<lb/>
Maje&#x017F;ta&#x0364;t<lb/>
und dem<lb/>
Maje-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;tsrech-<lb/>
te.</note>
                <p>Die Wu&#x0364;rde de&#x017F;&#x017F;en, bey dem die ho&#x0364;ch&#x017F;te<lb/>
Herr&#x017F;chaft unzertrennlich i&#x017F;t, heißt die <hi rendition="#fr">Ma-<lb/>
je&#x017F;ta&#x0364;t</hi> <hi rendition="#aq">(maje&#x017F;tas).</hi> Die&#x017F;er hindert es nicht,<lb/>
daß die Verwaltung der&#x017F;elben in einigen Stu&#x0364;-<lb/>
cken an gewi&#x017F;&#x017F;e Grundge&#x017F;etze gebunden i&#x017F;t, in-<lb/>
dem doch die die&#x017F;en gema&#x0364;ße Handlungen von<lb/>
keinem Men&#x017F;chen umge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en werden ko&#x0364;nnen.<lb/>
Demnach nennet man <hi rendition="#fr">Maje&#x017F;ta&#x0364;tsrechte</hi><lb/><hi rendition="#aq">(jura maje&#x017F;tatica)</hi> diejenigen, welche zur<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;ten Herr&#x017F;chaft und deren Verwaltung ge-<lb/>
ho&#x0364;ren. <hi rendition="#fr">Jn einer Democratie hat das<lb/>
gantze Volck (§. 990.), in der Ari&#x017F;to-<lb/>
cratie die Ver&#x017F;ammlung der Vornehm-<lb/>
&#x017F;ten (§. 992.), in der Monarchie aber<lb/>
und in einem Reiche der Ko&#x0364;nig die<lb/>
Maje&#x017F;ta&#x0364;t</hi> (§. 991. 994.).</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head>§. 999.</head><lb/>
                <note place="left">Vom<lb/>
Nathe.</note>
                <p>Die Ver&#x017F;ammlung gewi&#x017F;&#x017F;er Per&#x017F;onen, wel-<lb/>
chen das o&#x0364;ffentliche Regiment in Sachen, &#x017F;o<lb/>
ta&#x0364;glich verwaltet werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, oder welche<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">keinen</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[714/0750] III. Theil 2. Abth. 2. Hauptſtuͤck. daß er ſeine Unterthanen liebe, und ihnen die Liebespflichten nicht verſa- ge, und daß er folglich in der Fuͤhrung ſeiner deſpotiſchen Herrſchaft nichts begehe, was wider dieſe Pflichten ſtrei- ten koͤnnte. Sonſten braucht es hier kei- ner Erinnerung, daß auch eine deſpotiſche Ariſtocratie moͤglich ſey, von welcher je- doch eben das zu bemercken iſt, was wir von dem deſpotiſchen Reiche bereits vorgetragen haben. §. 998. Die Wuͤrde deſſen, bey dem die hoͤchſte Herrſchaft unzertrennlich iſt, heißt die Ma- jeſtaͤt (majeſtas). Dieſer hindert es nicht, daß die Verwaltung derſelben in einigen Stuͤ- cken an gewiſſe Grundgeſetze gebunden iſt, in- dem doch die dieſen gemaͤße Handlungen von keinem Menſchen umgeſtoſſen werden koͤnnen. Demnach nennet man Majeſtaͤtsrechte (jura majeſtatica) diejenigen, welche zur hoͤchſten Herrſchaft und deren Verwaltung ge- hoͤren. Jn einer Democratie hat das gantze Volck (§. 990.), in der Ariſto- cratie die Verſammlung der Vornehm- ſten (§. 992.), in der Monarchie aber und in einem Reiche der Koͤnig die Majeſtaͤt (§. 991. 994.). §. 999. Die Verſammlung gewiſſer Perſonen, wel- chen das oͤffentliche Regiment in Sachen, ſo taͤglich verwaltet werden muͤſſen, oder welche keinen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/750
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 714. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/750>, abgerufen am 22.11.2024.