steht, stärcker wird. Daher wenn einer- ley Liebes-Dienst mehrern geleistet werden soll; so wird, im Fall eine Col- lision entstehet, die stärckere Verbind- lichkeit vorgezogen; oder derjenige muß vorgezogen werden, dem wir mehr verbunden sind.
§. 66.
Von dem Gebrauch des Rechts.
Der Gebrauch des Rechts(exercitium iuris) begreift alle Handlungen in sich, die vermöge desselben demjenigen erlaubt sind, dem das Recht zukömmt. Denn das Recht selbst bestehet in der blossen Möglichkeit zu handeln (§. 46.). Und derjenige bedient sich seines Rechts(jure suo utitur), der dasjenige würcklich thut, was er vermöge seines Rech- tes thun kann. Derowegen muß niemand in dem Gebrauch seines Rechts verhin- dert werden (§. 50.). Da uns nun des- wegen ein Recht gegeben wird, damit wir der Verbindlichkeit ein Genügen leisten kön- nen (§. 46.); so ist das der rechte Ge- brauch des Rechts, welchen die Pflich- ten erfordern (§. 57.). Jm Gegentheil be- steht der Mißbrauch.
§. 67.
Von der Bekant- machung des Ge- setzes.
Die Bekanntmachung des Gesetzes (legis promulgatio) ist die Handlung, wo- durch denjenigen das Gesetze kund gemacht wird, die es verbinden soll. Da nun das Gesetz der Natur seinen hinreichenden Grund in der Natur und dem Wesen! des
Men-
I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,
ſteht, ſtaͤrcker wird. Daher wenn einer- ley Liebes-Dienſt mehrern geleiſtet werden ſoll; ſo wird, im Fall eine Col- liſion entſtehet, die ſtaͤrckere Verbind- lichkeit vorgezogen; oder derjenige muß vorgezogen werden, dem wir mehr verbunden ſind.
§. 66.
Von dem Gebꝛauch des Rechts.
Der Gebrauch des Rechts(exercitium iuris) begreift alle Handlungen in ſich, die vermoͤge deſſelben demjenigen erlaubt ſind, dem das Recht zukoͤmmt. Denn das Recht ſelbſt beſtehet in der bloſſen Moͤglichkeit zu handeln (§. 46.). Und derjenige bedient ſich ſeines Rechts(jure ſuo utitur), der dasjenige wuͤrcklich thut, was er vermoͤge ſeines Rech- tes thun kann. Derowegen muß niemand in dem Gebrauch ſeines Rechts verhin- dert werden (§. 50.). Da uns nun des- wegen ein Recht gegeben wird, damit wir der Verbindlichkeit ein Genuͤgen leiſten koͤn- nen (§. 46.); ſo iſt das der rechte Ge- brauch des Rechts, welchen die Pflich- ten erfordern (§. 57.). Jm Gegentheil be- ſteht der Mißbrauch.
§. 67.
Von der Bekant- machung des Ge- ſetzes.
Die Bekanntmachung des Geſetzes (legis promulgatio) iſt die Handlung, wo- durch denjenigen das Geſetze kund gemacht wird, die es verbinden ſoll. Da nun das Geſetz der Natur ſeinen hinreichenden Grund in der Natur und dem Weſen! des
Men-
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I. Th. 2. H. Von der Verbindlichkeit,
ſteht, ſtaͤrcker wird. Daher wenn einer-
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werden ſoll; ſo wird, im Fall eine Col-
liſion entſtehet, die ſtaͤrckere Verbind-
lichkeit vorgezogen; oder derjenige
muß vorgezogen werden, dem wir
mehr verbunden ſind.
§. 66.
Der Gebrauch des Rechts (exercitium
iuris) begreift alle Handlungen in ſich, die
vermoͤge deſſelben demjenigen erlaubt ſind, dem
das Recht zukoͤmmt. Denn das Recht ſelbſt
beſtehet in der bloſſen Moͤglichkeit zu handeln
(§. 46.). Und derjenige bedient ſich ſeines
Rechts (jure ſuo utitur), der dasjenige
wuͤrcklich thut, was er vermoͤge ſeines Rech-
tes thun kann. Derowegen muß niemand
in dem Gebrauch ſeines Rechts verhin-
dert werden (§. 50.). Da uns nun des-
wegen ein Recht gegeben wird, damit wir
der Verbindlichkeit ein Genuͤgen leiſten koͤn-
nen (§. 46.); ſo iſt das der rechte Ge-
brauch des Rechts, welchen die Pflich-
ten erfordern (§. 57.). Jm Gegentheil be-
ſteht der Mißbrauch.
§. 67.
Die Bekanntmachung des Geſetzes
(legis promulgatio) iſt die Handlung, wo-
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/78>, abgerufen am 21.11.2024.
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