über die heiligen Sachen zu. Weil sich aber die Herrschaft, welche alle dazu gehöri- ge Rechte, folglich auch das Recht über die heilige Sachen in sich begreift, in Macht- theile zerstücken (§. 983.), und dieselbe auch sich theilweise übertragen lässet (§. 982.); so ist auch das Recht über heilige Sachen von dem weltlichen trennbar, und es kann sich solches das Volck entweder selbst vorbehalten, oder es kann auch einem besonders überlassen werden. Weil diejenigen Dinge, welche man zum in- nerlichen Gottesdienste rechnet, und welche in dem äusserlichen mit ihm auf das genaue- ste verbunden sind, entweder auf erwegende Sätze von GOtt und seinem Willen, oder auf ausübende Sätze von dem was man zu thun schuldig ist, in sich fassen (§. 178.), nun aber nicht befohlen werden kan, daß man et- was für wahr halte, wovon man nicht durch Gründe überzeuget oder überredet ist; so kann das Recht über heilige Sachen, so ferne es ursprünglich bey dem Vol- cke ist, nicht auf diejenigen Sachen ausgedehnet werden, welche zum in- nerlichen Gottesdienste gehören, und unzertrennlich mit demselben in dem äusserlichen zusammen hangen, ausser in so fern, um Unruhen zu vermeiden, ei- ne in der Kirche entstandene Streitig- keit vorläufig zu entscheiden ist, damit iedermann wisse, was öffentlich gelehret wer-
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Von den Majeſtaͤtsrechten.
uͤber die heiligen Sachen zu. Weil ſich aber die Herrſchaft, welche alle dazu gehoͤri- ge Rechte, folglich auch das Recht uͤber die heilige Sachen in ſich begreift, in Macht- theile zerſtuͤcken (§. 983.), und dieſelbe auch ſich theilweiſe uͤbertragen laͤſſet (§. 982.); ſo iſt auch das Recht uͤber heilige Sachen von dem weltlichen trennbar, und es kann ſich ſolches das Volck entweder ſelbſt vorbehalten, oder es kann auch einem beſonders uͤberlaſſen werden. Weil diejenigen Dinge, welche man zum in- nerlichen Gottesdienſte rechnet, und welche in dem aͤuſſerlichen mit ihm auf das genaue- ſte verbunden ſind, entweder auf erwegende Saͤtze von GOtt und ſeinem Willen, oder auf ausuͤbende Saͤtze von dem was man zu thun ſchuldig iſt, in ſich faſſen (§. 178.), nun aber nicht befohlen werden kan, daß man et- was fuͤr wahr halte, wovon man nicht durch Gruͤnde uͤberzeuget oder uͤberredet iſt; ſo kann das Recht uͤber heilige Sachen, ſo ferne es urſpruͤnglich bey dem Vol- cke iſt, nicht auf diejenigen Sachen ausgedehnet werden, welche zum in- nerlichen Gottesdienſte gehoͤren, und unzertrennlich mit demſelben in dem aͤuſſerlichen zuſammen hangen, auſſer in ſo fern, um Unruhen zu vermeiden, ei- ne in der Kirche entſtandene Streitig- keit vorlaͤufig zu entſcheiden iſt, damit iedermann wiſſe, was oͤffentlich gelehret wer-
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Von den Majeſtaͤtsrechten.
uͤber die heiligen Sachen zu. Weil ſich
aber die Herrſchaft, welche alle dazu gehoͤri-
ge Rechte, folglich auch das Recht uͤber die
heilige Sachen in ſich begreift, in Macht-
theile zerſtuͤcken (§. 983.), und dieſelbe auch
ſich theilweiſe uͤbertragen laͤſſet (§. 982.); ſo
iſt auch das Recht uͤber heilige Sachen
von dem weltlichen trennbar, und es
kann ſich ſolches das Volck entweder
ſelbſt vorbehalten, oder es kann auch
einem beſonders uͤberlaſſen werden.
Weil diejenigen Dinge, welche man zum in-
nerlichen Gottesdienſte rechnet, und welche
in dem aͤuſſerlichen mit ihm auf das genaue-
ſte verbunden ſind, entweder auf erwegende
Saͤtze von GOtt und ſeinem Willen, oder
auf ausuͤbende Saͤtze von dem was man zu
thun ſchuldig iſt, in ſich faſſen (§. 178.), nun
aber nicht befohlen werden kan, daß man et-
was fuͤr wahr halte, wovon man nicht durch
Gruͤnde uͤberzeuget oder uͤberredet iſt; ſo
kann das Recht uͤber heilige Sachen,
ſo ferne es urſpruͤnglich bey dem Vol-
cke iſt, nicht auf diejenigen Sachen
ausgedehnet werden, welche zum in-
nerlichen Gottesdienſte gehoͤren, und
unzertrennlich mit demſelben in dem
aͤuſſerlichen zuſammen hangen, auſſer
in ſo fern, um Unruhen zu vermeiden, ei-
ne in der Kirche entſtandene Streitig-
keit vorlaͤufig zu entſcheiden iſt, damit
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 773. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/809>, abgerufen am 22.11.2024.
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