den solle, oder was gewisses fest gese- tzet werden muß, z. E. daß einem iegli- chen, doch ohne Schmähung und Verfolgung des Gegentheils, frey gelassen wird seine Meynung vorzutragen, und mit Beweis- gründen zu vertheidigen, oder daß man von dem, was in Streit gezogen ist, in dem öf- fentlichen Gottesdienste gantz und gar stille schweigen solle. Was aber diejenigen Dinge anlanget, welche in dem äusser- lichen Gottesdienste dem innern unbe- schadet auf verschiedene Art geschehen können, so hat es keine Schwierigkeit, daß der, so das Recht über heilige Sa- chen hat, nach seinem Belieben, wie er glaubt, daß es zum Besten des Staats oder der Kirche ausschlagen werde, darüber zu verfügen in dem Stande sey (§. 976.). Unterdessen da die bürgerliche Herrschaft nach dem Endzweck des Staats abgemessen werden muß (§. 980.); so hanget das Recht über heilige Sa- chen, was die Handlungen betrift, welche eine Verhältniß gegen die Re- publick haben, oder deren Vollzie- hung den weltlichen Arm nöthig hat, und in so ferne die Kirche den bür- gerlichen Schutz erfordert, allezeit von der bürgerlichen Herrschaft ab. Weil der Regent des Staats zu der Beobachtung der Grundgesetze verbunden ist (§. 984.); so folget, daß er, wenn dies und jenes
in
III. Theil 2. Abth. 4. Hauptſtuͤck.
den ſolle, oder was gewiſſes feſt geſe- tzet werden muß, z. E. daß einem iegli- chen, doch ohne Schmaͤhung und Verfolgung des Gegentheils, frey gelaſſen wird ſeine Meynung vorzutragen, und mit Beweis- gruͤnden zu vertheidigen, oder daß man von dem, was in Streit gezogen iſt, in dem oͤf- fentlichen Gottesdienſte gantz und gar ſtille ſchweigen ſolle. Was aber diejenigen Dinge anlanget, welche in dem aͤuſſer- lichen Gottesdienſte dem innern unbe- ſchadet auf verſchiedene Art geſchehen koͤnnen, ſo hat es keine Schwierigkeit, daß der, ſo das Recht uͤber heilige Sa- chen hat, nach ſeinem Belieben, wie er glaubt, daß es zum Beſten des Staats oder der Kirche ausſchlagen werde, daruͤber zu verfuͤgen in dem Stande ſey (§. 976.). Unterdeſſen da die buͤrgerliche Herrſchaft nach dem Endzweck des Staats abgemeſſen werden muß (§. 980.); ſo hanget das Recht uͤber heilige Sa- chen, was die Handlungen betrift, welche eine Verhaͤltniß gegen die Re- publick haben, oder deren Vollzie- hung den weltlichen Arm noͤthig hat, und in ſo ferne die Kirche den buͤr- gerlichen Schutz erfordert, allezeit von der buͤrgerlichen Herrſchaft ab. Weil der Regent des Staats zu der Beobachtung der Grundgeſetze verbunden iſt (§. 984.); ſo folget, daß er, wenn dies und jenes
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III. Theil 2. Abth. 4. Hauptſtuͤck.
den ſolle, oder was gewiſſes feſt geſe-
tzet werden muß, z. E. daß einem iegli-
chen, doch ohne Schmaͤhung und Verfolgung
des Gegentheils, frey gelaſſen wird ſeine
Meynung vorzutragen, und mit Beweis-
gruͤnden zu vertheidigen, oder daß man von
dem, was in Streit gezogen iſt, in dem oͤf-
fentlichen Gottesdienſte gantz und gar ſtille
ſchweigen ſolle. Was aber diejenigen
Dinge anlanget, welche in dem aͤuſſer-
lichen Gottesdienſte dem innern unbe-
ſchadet auf verſchiedene Art geſchehen
koͤnnen, ſo hat es keine Schwierigkeit,
daß der, ſo das Recht uͤber heilige Sa-
chen hat, nach ſeinem Belieben, wie
er glaubt, daß es zum Beſten des
Staats oder der Kirche ausſchlagen
werde, daruͤber zu verfuͤgen in dem
Stande ſey (§. 976.). Unterdeſſen da die
buͤrgerliche Herrſchaft nach dem Endzweck des
Staats abgemeſſen werden muß (§. 980.);
ſo hanget das Recht uͤber heilige Sa-
chen, was die Handlungen betrift,
welche eine Verhaͤltniß gegen die Re-
publick haben, oder deren Vollzie-
hung den weltlichen Arm noͤthig hat,
und in ſo ferne die Kirche den buͤr-
gerlichen Schutz erfordert, allezeit von
der buͤrgerlichen Herrſchaft ab. Weil
der Regent des Staats zu der Beobachtung
der Grundgeſetze verbunden iſt (§. 984.);
ſo folget, daß er, wenn dies und jenes
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 774. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/810>, abgerufen am 22.11.2024.
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