Der Ruhm(gloria) ist das einstimmigeVon dem Ruhm. Lob guter und erfahrner Personen, oder derer, welche wohl urtheilen können (§. 121.); folg- lich kann niemand ohne Tugenden des Verstandes und Willens wahren Ruhm erlangen, und der thut es an- dern an Ruhm am meisten zuvor, welcher andere an der Tugend weit übertrift (§. 125.). Und so bestehet denn der Ruhm eines Volcks in dem Lobe, welches ihm nach der Uebereinstim- mung braver und erfahrner Leute, so wohl wegen der Vollkommenheit, als auch solcher Thaten halber, welche aus Tugenden des Verstandes und des Willens hergeflossen sind, beygeleget wird. Und weil das, was eintzelne haben, auf das gantze Volck gezogen wird, und von diesem gesaget werden muß, was von dem grössesten Theile desselben, oder von mehre- ren in einer gewissen Lebensart gilt; so ge- reichen die aus Tugenden des Verstan- des und des Willens abgestammten Thaten eintzelner, und insonderheit der meisten, oder wenigstens vieler Personen in einerley Lebensart, zum Ruhm eines Volcks. So wird z. E. ein Volck gelehrt genennt, wenn es einen Ueber- fluß an gelehrten Männern hat; es heißt ge- recht, wenn die meisten in demselben der Ge- rechtigkeit ergeben sind, u. s. w.
§. 1097.
Nat. u. Völckerrecht. E e e
der Voͤlcker gegen ſich ſelbſt.
§. 1096.
Der Ruhm(gloria) iſt das einſtimmigeVon dem Ruhm. Lob guter und erfahrner Perſonen, oder derer, welche wohl urtheilen koͤnnen (§. 121.); folg- lich kann niemand ohne Tugenden des Verſtandes und Willens wahren Ruhm erlangen, und der thut es an- dern an Ruhm am meiſten zuvor, welcher andere an der Tugend weit uͤbertrift (§. 125.). Und ſo beſtehet denn der Ruhm eines Volcks in dem Lobe, welches ihm nach der Uebereinſtim- mung braver und erfahrner Leute, ſo wohl wegen der Vollkommenheit, als auch ſolcher Thaten halber, welche aus Tugenden des Verſtandes und des Willens hergefloſſen ſind, beygeleget wird. Und weil das, was eintzelne haben, auf das gantze Volck gezogen wird, und von dieſem geſaget werden muß, was von dem groͤſſeſten Theile deſſelben, oder von mehre- ren in einer gewiſſen Lebensart gilt; ſo ge- reichen die aus Tugenden des Verſtan- des und des Willens abgeſtammten Thaten eintzelner, und inſonderheit der meiſten, oder wenigſtens vieler Perſonen in einerley Lebensart, zum Ruhm eines Volcks. So wird z. E. ein Volck gelehrt genennt, wenn es einen Ueber- fluß an gelehrten Maͤnnern hat; es heißt ge- recht, wenn die meiſten in demſelben der Ge- rechtigkeit ergeben ſind, u. ſ. w.
§. 1097.
Nat. u. Voͤlckerrecht. E e e
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der Voͤlcker gegen ſich ſelbſt.
§. 1096.
Der Ruhm (gloria) iſt das einſtimmige
Lob guter und erfahrner Perſonen, oder derer,
welche wohl urtheilen koͤnnen (§. 121.); folg-
lich kann niemand ohne Tugenden des
Verſtandes und Willens wahren
Ruhm erlangen, und der thut es an-
dern an Ruhm am meiſten zuvor,
welcher andere an der Tugend weit
uͤbertrift (§. 125.). Und ſo beſtehet denn
der Ruhm eines Volcks in dem Lobe,
welches ihm nach der Uebereinſtim-
mung braver und erfahrner Leute, ſo
wohl wegen der Vollkommenheit, als
auch ſolcher Thaten halber, welche
aus Tugenden des Verſtandes und des
Willens hergefloſſen ſind, beygeleget
wird. Und weil das, was eintzelne haben,
auf das gantze Volck gezogen wird, und von
dieſem geſaget werden muß, was von dem
groͤſſeſten Theile deſſelben, oder von mehre-
ren in einer gewiſſen Lebensart gilt; ſo ge-
reichen die aus Tugenden des Verſtan-
des und des Willens abgeſtammten
Thaten eintzelner, und inſonderheit
der meiſten, oder wenigſtens vieler
Perſonen in einerley Lebensart, zum
Ruhm eines Volcks. So wird z. E. ein
Volck gelehrt genennt, wenn es einen Ueber-
fluß an gelehrten Maͤnnern hat; es heißt ge-
recht, wenn die meiſten in demſelben der Ge-
rechtigkeit ergeben ſind, u. ſ. w.
Von dem
Ruhm.
§. 1097.
Nat. u. Voͤlckerrecht. E e e
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 801. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/837>, abgerufen am 22.11.2024.
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