Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite


XVII.
Jesus am Oelberge.
Du finkst, mein Heil, im Staube trostlos
nieder;
Dein sanftes Auge weint vor Schmerz:
Doch, dein Vertraun auf Gott, erhebt dich
wieder;
Des Siegs versichert, kämpft dein Herz. --
Weint banger Schmerz aus mir,
Soll, Herr, hinauf zu dir,
Sich meine Seele heben.
Beklemmt mein lezter Todesschweiß
Den Odem; start mein Blut wie Eis;
Umhüllt mich schon die Nacht voll Graun:
Denn soll mein Herz, noch voll Vertraun,
Jn deine Nacht am Oelberg schaun:
Dein Muth, dein Kampf, dein Sieg, soll
sterbend mich beleben.


Die lezte freundschaftliche Mahlzeit Jesu Chri-
sti mit seinen Jüngern war geendigt; schon hat-
ten sich die schwermüthigsten Empfindungen sei-
ner Seele bemächtigt; er stand auf und verließ
in der Gesellschaft seiner Freunde, das Geräusch

der


XVII.
Jeſus am Oelberge.
Du finkſt, mein Heil, im Staube troſtlos
nieder;
Dein ſanftes Auge weint vor Schmerz:
Doch, dein Vertraun auf Gott, erhebt dich
wieder;
Des Siegs verſichert, kämpft dein Herz. —
Weint banger Schmerz aus mir,
Soll, Herr, hinauf zu dir,
Sich meine Seele heben.
Beklemmt mein lezter Todesſchweiß
Den Odem; ſtart mein Blut wie Eis;
Umhüllt mich ſchon die Nacht voll Graun:
Denn ſoll mein Herz, noch voll Vertraun,
Jn deine Nacht am Oelberg ſchaun:
Dein Muth, dein Kampf, dein Sieg, ſoll
ſterbend mich beleben.


Die lezte freundſchaftliche Mahlzeit Jeſu Chri-
ſti mit ſeinen Jüngern war geendigt; ſchon hat-
ten ſich die ſchwermüthigſten Empfindungen ſei-
ner Seele bemächtigt; er ſtand auf und verließ
in der Geſellſchaft ſeiner Freunde, das Geräuſch

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0264" n="212"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#aq">XVII.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Je&#x017F;us am Oelberge.</hi> </hi> </head><lb/>
        <lg type="poem">
          <l><hi rendition="#in">D</hi>u fink&#x017F;t, mein Heil, im Staube tro&#x017F;tlos</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">nieder;</hi> </l><lb/>
          <l>Dein &#x017F;anftes Auge weint vor Schmerz:</l><lb/>
          <l>Doch, dein Vertraun auf Gott, erhebt dich</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">wieder;</hi> </l><lb/>
          <l>Des Siegs ver&#x017F;ichert, kämpft dein Herz. &#x2014;</l><lb/>
          <l>Weint banger Schmerz aus mir,</l><lb/>
          <l>Soll, Herr, hinauf zu dir,</l><lb/>
          <l>Sich meine Seele heben.</l><lb/>
          <l>Beklemmt mein lezter Todes&#x017F;chweiß</l><lb/>
          <l>Den Odem; &#x017F;tart mein Blut wie Eis;</l><lb/>
          <l>Umhüllt mich &#x017F;chon die Nacht voll Graun:</l><lb/>
          <l>Denn &#x017F;oll mein Herz, noch voll Vertraun,</l><lb/>
          <l>Jn deine Nacht am Oelberg &#x017F;chaun:</l><lb/>
          <l><hi rendition="#fr">Dein</hi> Muth, <hi rendition="#fr">dein</hi> Kampf, <hi rendition="#fr">dein</hi> Sieg, &#x017F;oll</l><lb/>
          <l> <hi rendition="#et">&#x017F;terbend mich beleben.</hi> </l>
        </lg><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>ie lezte freund&#x017F;chaftliche Mahlzeit Je&#x017F;u Chri-<lb/>
&#x017F;ti mit &#x017F;einen Jüngern war geendigt; &#x017F;chon hat-<lb/>
ten &#x017F;ich die &#x017F;chwermüthig&#x017F;ten Empfindungen &#x017F;ei-<lb/>
ner Seele bemächtigt; er &#x017F;tand auf und verließ<lb/>
in der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft &#x017F;einer Freunde, das Geräu&#x017F;ch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0264] XVII. Jeſus am Oelberge. Du finkſt, mein Heil, im Staube troſtlos nieder; Dein ſanftes Auge weint vor Schmerz: Doch, dein Vertraun auf Gott, erhebt dich wieder; Des Siegs verſichert, kämpft dein Herz. — Weint banger Schmerz aus mir, Soll, Herr, hinauf zu dir, Sich meine Seele heben. Beklemmt mein lezter Todesſchweiß Den Odem; ſtart mein Blut wie Eis; Umhüllt mich ſchon die Nacht voll Graun: Denn ſoll mein Herz, noch voll Vertraun, Jn deine Nacht am Oelberg ſchaun: Dein Muth, dein Kampf, dein Sieg, ſoll ſterbend mich beleben. Die lezte freundſchaftliche Mahlzeit Jeſu Chri- ſti mit ſeinen Jüngern war geendigt; ſchon hat- ten ſich die ſchwermüthigſten Empfindungen ſei- ner Seele bemächtigt; er ſtand auf und verließ in der Geſellſchaft ſeiner Freunde, das Geräuſch der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/264
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/264>, abgerufen am 26.11.2024.