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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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Sichel über ihn; aber seine Seele ist nicht mehr be-
trübt bis in den Tod. Keine Miene der Zaghaftig-
keit entstellt sein Angesicht, in jedem Blicke strahlt
Muth, und Größe der Seele. Wie der Held
im Triumph, den Siegsgesängen seines Volks
entgegeneilt: so geht Jesus Christus dem wil-
den Geschrei seiner Feinde, der Marter und dem
Tode entgegen.

Was machte ihn doch so groß, so unge-
beugt in der dringendsten Gefahr? Er sagt es
seinen Freunden, wenig Stunden vorher, eh er
sie nach Gethsemane führt: (Joh. 16, 32.)
"die Stunde kommt, ja sie bricht sogleich her-
&q;ein, in welcher ihr euch von mir zerstreuen
&q;und hie und dahin entfliehn werdet: aber
&q;ich bin dennoch nicht allein und verlaßen,
&q;denn mein Vater ist bei mir."
Das war,
das blieb immer seinem zagenden Herzen der ge-
nügendste Trost. -- Selig ist der Leidende, der
ihn im Gedächtniß hält, und sich ihn zum Vor-
bilde setzt! Nicht leicht ist ein Leidender ganz von
aller menschlichen Hülfe verlaßen: sie nicht an-
nehmen wollen, sie von sich stoßen, sich ihrer
unwürdig machen, ist Eigensinn und Thorheit,
und Undankbarkeit gegen Gott und Menschen.
Jesus Christus selbst, der mit seinen Vertrau-

ten



Sichel über ihn; aber ſeine Seele iſt nicht mehr be-
trübt bis in den Tod. Keine Miene der Zaghaftig-
keit entſtellt ſein Angeſicht, in jedem Blicke ſtrahlt
Muth, und Größe der Seele. Wie der Held
im Triumph, den Siegsgeſängen ſeines Volks
entgegeneilt: ſo geht Jeſus Chriſtus dem wil-
den Geſchrei ſeiner Feinde, der Marter und dem
Tode entgegen.

Was machte ihn doch ſo groß, ſo unge-
beugt in der dringendſten Gefahr? Er ſagt es
ſeinen Freunden, wenig Stunden vorher, eh er
ſie nach Gethſemane führt: (Joh. 16, 32.)
“die Stunde kommt, ja ſie bricht ſogleich her-
&q;ein, in welcher ihr euch von mir zerſtreuen
&q;und hie und dahin entfliehn werdet: aber
&q;ich bin dennoch nicht allein und verlaßen,
&q;denn mein Vater iſt bei mir.“
Das war,
das blieb immer ſeinem zagenden Herzen der ge-
nügendſte Troſt. — Selig iſt der Leidende, der
ihn im Gedächtniß hält, und ſich ihn zum Vor-
bilde ſetzt! Nicht leicht iſt ein Leidender ganz von
aller menſchlichen Hülfe verlaßen: ſie nicht an-
nehmen wollen, ſie von ſich ſtoßen, ſich ihrer
unwürdig machen, iſt Eigenſinn und Thorheit,
und Undankbarkeit gegen Gott und Menſchen.
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[224/0276] Sichel über ihn; aber ſeine Seele iſt nicht mehr be- trübt bis in den Tod. Keine Miene der Zaghaftig- keit entſtellt ſein Angeſicht, in jedem Blicke ſtrahlt Muth, und Größe der Seele. Wie der Held im Triumph, den Siegsgeſängen ſeines Volks entgegeneilt: ſo geht Jeſus Chriſtus dem wil- den Geſchrei ſeiner Feinde, der Marter und dem Tode entgegen. Was machte ihn doch ſo groß, ſo unge- beugt in der dringendſten Gefahr? Er ſagt es ſeinen Freunden, wenig Stunden vorher, eh er ſie nach Gethſemane führt: (Joh. 16, 32.) “die Stunde kommt, ja ſie bricht ſogleich her- &q;ein, in welcher ihr euch von mir zerſtreuen &q;und hie und dahin entfliehn werdet: aber &q;ich bin dennoch nicht allein und verlaßen, &q;denn mein Vater iſt bei mir.“ Das war, das blieb immer ſeinem zagenden Herzen der ge- nügendſte Troſt. — Selig iſt der Leidende, der ihn im Gedächtniß hält, und ſich ihn zum Vor- bilde ſetzt! Nicht leicht iſt ein Leidender ganz von aller menſchlichen Hülfe verlaßen: ſie nicht an- nehmen wollen, ſie von ſich ſtoßen, ſich ihrer unwürdig machen, iſt Eigenſinn und Thorheit, und Undankbarkeit gegen Gott und Menſchen. Jeſus Chriſtus ſelbſt, der mit ſeinen Vertrau- ten

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/276>, abgerufen am 25.11.2024.