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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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XX.
Jesus, auf dem Wege nach Golgatha.


Du betratst, für uns zu sterben, willig deine
Leidensbahn; stiegst, uns Leben zu erwerben, gern
den Todesberg hinan; trugst, vergeßend eigne
Schmerzen, deine Menschen nur im Herzen.
Diese Liebe preisen wir: unvergeßlich sey sie mir!

Das Urtheil ist gefället; -- Jesus Chri-
stus wird gehorsam bis zum Creuz; -- seine
lezten Stunden nahn heran, die furchtbaren
Stunden, in denen er den herben, von Quaalen
überfließenden Kelch des Todes, bis auf die lez-
ten Tropfen leeren soll; -- rauh und jammer-
voll ist der Weg, den er nun vom Richtstuhl
nach Golgatha wandelt, von seinen Mördern
geführt; -- der schwere Balken, an dem er
bluten soll, wird ihm aufgelegt; -- von den
tiefen, noch blutenden Wunden der Geißel ge-
peinigt, von jener Seelenangst, in der er mit
dem Tode rang, in allen Kräften erschöpft,
fühlt er dreifach schwer die Bürde seines Creu-
zes; -- jeder Schritt reißt eine neue Wunde
auf, jeder verzehrt mehr von dem schwachen

Ue-


XX.
Jeſus, auf dem Wege nach Golgatha.


Du betratſt, für uns zu ſterben, willig deine
Leidensbahn; ſtiegſt, uns Leben zu erwerben, gern
den Todesberg hinan; trugſt, vergeßend eigne
Schmerzen, deine Menſchen nur im Herzen.
Dieſe Liebe preiſen wir: unvergeßlich ſey ſie mir!

Das Urtheil iſt gefället; — Jeſus Chri-
ſtus wird gehorſam bis zum Creuz; — ſeine
lezten Stunden nahn heran, die furchtbaren
Stunden, in denen er den herben, von Quaalen
überfließenden Kelch des Todes, bis auf die lez-
ten Tropfen leeren ſoll; — rauh und jammer-
voll iſt der Weg, den er nun vom Richtſtuhl
nach Golgatha wandelt, von ſeinen Mördern
geführt; — der ſchwere Balken, an dem er
bluten ſoll, wird ihm aufgelegt; — von den
tiefen, noch blutenden Wunden der Geißel ge-
peinigt, von jener Seelenangſt, in der er mit
dem Tode rang, in allen Kräften erſchöpft,
fühlt er dreifach ſchwer die Bürde ſeines Creu-
zes; — jeder Schritt reißt eine neue Wunde
auf, jeder verzehrt mehr von dem ſchwachen

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[262/0314] XX. Jeſus, auf dem Wege nach Golgatha. Du betratſt, für uns zu ſterben, willig deine Leidensbahn; ſtiegſt, uns Leben zu erwerben, gern den Todesberg hinan; trugſt, vergeßend eigne Schmerzen, deine Menſchen nur im Herzen. Dieſe Liebe preiſen wir: unvergeßlich ſey ſie mir! Das Urtheil iſt gefället; — Jeſus Chri- ſtus wird gehorſam bis zum Creuz; — ſeine lezten Stunden nahn heran, die furchtbaren Stunden, in denen er den herben, von Quaalen überfließenden Kelch des Todes, bis auf die lez- ten Tropfen leeren ſoll; — rauh und jammer- voll iſt der Weg, den er nun vom Richtſtuhl nach Golgatha wandelt, von ſeinen Mördern geführt; — der ſchwere Balken, an dem er bluten ſoll, wird ihm aufgelegt; — von den tiefen, noch blutenden Wunden der Geißel ge- peinigt, von jener Seelenangſt, in der er mit dem Tode rang, in allen Kräften erſchöpft, fühlt er dreifach ſchwer die Bürde ſeines Creu- zes; — jeder Schritt reißt eine neue Wunde auf, jeder verzehrt mehr von dem ſchwachen Ue-

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/314>, abgerufen am 24.06.2024.