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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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ihre Thränen abgetrocknet haben! -- Mein
Auge soll, durch alle Leiden meiner schwachen Na-
tur, durch alle Trübsale dieses Lebens, durch al-
le Bedrängniße der Tugend, voll Zuversicht zu
jener Herrlichkeit hinaufschaun, die meiner am
Throne meines verherrlichten Mittlers erwar-
tet; -- und nicht mehr weinen.

Dich, den Anfänger und Vollender
meines Glaubens,
nach Golgatha wandelnd,
vor Augen; -- deine Unschuld, dein Vertraun
auf Gott, deinen Muth, dein Verdienst um
mich, im Gedächtniß; -- und brünstige Liebe,
und zuversichtlichen Glauben an dich im Her-
zen; -- so will ich einst meinem Tode muthig
entgegen gehn, und ihn getrost auf mich herein-
dringen sehn! So ist der Tod nicht fürchterlich.
Führt mich auch einst der bängste Leidensweg zu
ihm; gehn auch die langwierigsten peinlichsten
Schmerzen vor ihm her; sollt ich auch einst ver-
achtet, gehaßt, verfolgt, gemartert für Wahr-
heit und Tugend, unter den Händen der grau-
samsten Feinde ihn dulden; wird er mir aus
furchtbaren Blitzen drohn, in wüthenden Unge-
wittern um mich toben, auf stürmischen Fluthen
um mich schweben, mit schneidenden Schwerd-

tern



ihre Thränen abgetrocknet haben! — Mein
Auge ſoll, durch alle Leiden meiner ſchwachen Na-
tur, durch alle Trübſale dieſes Lebens, durch al-
le Bedrängniße der Tugend, voll Zuverſicht zu
jener Herrlichkeit hinaufſchaun, die meiner am
Throne meines verherrlichten Mittlers erwar-
tet; — und nicht mehr weinen.

Dich, den Anfänger und Vollender
meines Glaubens,
nach Golgatha wandelnd,
vor Augen; — deine Unſchuld, dein Vertraun
auf Gott, deinen Muth, dein Verdienſt um
mich, im Gedächtniß; — und brünſtige Liebe,
und zuverſichtlichen Glauben an dich im Her-
zen; — ſo will ich einſt meinem Tode muthig
entgegen gehn, und ihn getroſt auf mich herein-
dringen ſehn! So iſt der Tod nicht fürchterlich.
Führt mich auch einſt der bängſte Leidensweg zu
ihm; gehn auch die langwierigſten peinlichſten
Schmerzen vor ihm her; ſollt ich auch einſt ver-
achtet, gehaßt, verfolgt, gemartert für Wahr-
heit und Tugend, unter den Händen der grau-
ſamſten Feinde ihn dulden; wird er mir aus
furchtbaren Blitzen drohn, in wüthenden Unge-
wittern um mich toben, auf ſtürmiſchen Fluthen
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[268/0320] ihre Thränen abgetrocknet haben! — Mein Auge ſoll, durch alle Leiden meiner ſchwachen Na- tur, durch alle Trübſale dieſes Lebens, durch al- le Bedrängniße der Tugend, voll Zuverſicht zu jener Herrlichkeit hinaufſchaun, die meiner am Throne meines verherrlichten Mittlers erwar- tet; — und nicht mehr weinen. Dich, den Anfänger und Vollender meines Glaubens, nach Golgatha wandelnd, vor Augen; — deine Unſchuld, dein Vertraun auf Gott, deinen Muth, dein Verdienſt um mich, im Gedächtniß; — und brünſtige Liebe, und zuverſichtlichen Glauben an dich im Her- zen; — ſo will ich einſt meinem Tode muthig entgegen gehn, und ihn getroſt auf mich herein- dringen ſehn! So iſt der Tod nicht fürchterlich. Führt mich auch einſt der bängſte Leidensweg zu ihm; gehn auch die langwierigſten peinlichſten Schmerzen vor ihm her; ſollt ich auch einſt ver- achtet, gehaßt, verfolgt, gemartert für Wahr- heit und Tugend, unter den Händen der grau- ſamſten Feinde ihn dulden; wird er mir aus furchtbaren Blitzen drohn, in wüthenden Unge- wittern um mich toben, auf ſtürmiſchen Fluthen um mich ſchweben, mit ſchneidenden Schwerd- tern

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/320>, abgerufen am 24.06.2024.