Jesus Christus ging die graunvolle Bahn zum Golgatha in stiller Geduld, und Großmuth, und Hoffnung: denn sie ward ihm der Weg hin- auf zu den Freuden seines Vaters, zur Herr- lichkeit an seinem Throne. Auch unsre Bahn, die wir zu jener Heimath der Freuden empor gehn müßen, ist oft rauh, voll Mühe und Thränen; und dennoch liegt kein Creuz auf uns, und kein Golgatha in unserm Weg. Tausend Erleichterungen versüßen unsre Mühe; Tausend Freuden des Lebens mildern unsern Kummer: -- Jesu Christo war nicht eine einzige gegönnt! -- Gefällt es ihm auch, mir eine Last aufzule- gen; ich will stark seyn, durch seine Kraft, und still und gelaßen, mit Großmuth und Hoffnung dulden, wie Er. Wäre selbst meine Last so schwer wie sein Creuz; müste ich von einer Stufe zur andern steigen wie Er; sähe ich meine lieb- sten Freunde mich beklagen, und mit mir lei- den; -- Glaube an ihn, Hoffnung, deren An- ker in die Ewigkeit gegründet ist, soll mei- ne Stärke, mein Trostwort an die Meini- gen seyn! -- Die Freunde Jesu sahn nur den Golgatha vor sich, und zerfloßen in Thränen: hätten sie jene Herrlichkeit, die jenseit des Grabes ihm ihrem Herrn aufgieng, erblickt; sie würden
ihre
Jeſus Chriſtus ging die graunvolle Bahn zum Golgatha in ſtiller Geduld, und Großmuth, und Hoffnung: denn ſie ward ihm der Weg hin- auf zu den Freuden ſeines Vaters, zur Herr- lichkeit an ſeinem Throne. Auch unſre Bahn, die wir zu jener Heimath der Freuden empor gehn müßen, iſt oft rauh, voll Mühe und Thränen; und dennoch liegt kein Creuz auf uns, und kein Golgatha in unſerm Weg. Tauſend Erleichterungen verſüßen unſre Mühe; Tauſend Freuden des Lebens mildern unſern Kummer: — Jeſu Chriſto war nicht eine einzige gegönnt! — Gefällt es ihm auch, mir eine Laſt aufzule- gen; ich will ſtark ſeyn, durch ſeine Kraft, und ſtill und gelaßen, mit Großmuth und Hoffnung dulden, wie Er. Wäre ſelbſt meine Laſt ſo ſchwer wie ſein Creuz; müſte ich von einer Stufe zur andern ſteigen wie Er; ſähe ich meine lieb- ſten Freunde mich beklagen, und mit mir lei- den; — Glaube an ihn, Hoffnung, deren An- ker in die Ewigkeit gegründet iſt, ſoll mei- ne Stärke, mein Troſtwort an die Meini- gen ſeyn! — Die Freunde Jeſu ſahn nur den Golgatha vor ſich, und zerfloßen in Thränen: hätten ſie jene Herrlichkeit, die jenſeit des Grabes ihm ihrem Herrn aufgieng, erblickt; ſie würden
ihre
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Jeſus Chriſtus ging die graunvolle Bahn
zum Golgatha in ſtiller Geduld, und Großmuth,
und Hoffnung: denn ſie ward ihm der Weg hin-
auf zu den Freuden ſeines Vaters, zur Herr-
lichkeit an ſeinem Throne. Auch unſre Bahn,
die wir zu jener Heimath der Freuden empor
gehn müßen, iſt oft rauh, voll Mühe und
Thränen; und dennoch liegt kein Creuz auf uns,
und kein Golgatha in unſerm Weg. Tauſend
Erleichterungen verſüßen unſre Mühe; Tauſend
Freuden des Lebens mildern unſern Kummer:
— Jeſu Chriſto war nicht eine einzige gegönnt!
— Gefällt es ihm auch, mir eine Laſt aufzule-
gen; ich will ſtark ſeyn, durch ſeine Kraft, und
ſtill und gelaßen, mit Großmuth und Hoffnung
dulden, wie Er. Wäre ſelbſt meine Laſt ſo
ſchwer wie ſein Creuz; müſte ich von einer Stufe
zur andern ſteigen wie Er; ſähe ich meine lieb-
ſten Freunde mich beklagen, und mit mir lei-
den; — Glaube an ihn, Hoffnung, deren An-
ker in die Ewigkeit gegründet iſt, ſoll mei-
ne Stärke, mein Troſtwort an die Meini-
gen ſeyn! — Die Freunde Jeſu ſahn nur den
Golgatha vor ſich, und zerfloßen in Thränen:
hätten ſie jene Herrlichkeit, die jenſeit des Grabes
ihm ihrem Herrn aufgieng, erblickt; ſie würden
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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/319>, abgerufen am 22.11.2024.
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