wir sind der Ewigkeit wieder um eine beträchtli- che Zahl von Tagen, die uns niemals zurücke- gegeben werden, näher gerückt: so endigt einst jener Abend, der unser Leben beschließt, alle un- sere irdischen Geschäffte auf ewig, und versetzt uns vor den Thron unsers Richters, wo wir von unserer Haushaltung auf Erden die Rech- nung ablegen müßen; er erregt in uns die wich- tigsten angelegentlichsten Erwartungen, über das zukünftige Schicksal unsers neuen Lebens jenseit dem Grabe; seine lezte Stunde übereilt uns, unvermerkt und unerwartet, und dringt uns an die Pforten der Ewigkeit, von wannen wir ewig nicht ins irdische Leben wiederkehren.
Der Bürger dieses Lebens, der aus einem Jahre ins andre tritt, ist von dem Sterbenden, der aus dieser Pilgrimschaft in sein Vaterland abgerufen wird, unterschieden wie der Abschied- nehmende, welcher sich blos zu einer kleinen Lustreise von seinen Freunden entfernt, von dem, der vielleicht seinen Geliebten das lezte Lebewohl zuruft, weil ihn sein Beruf in weit entlegne Län- der von ihnen trennt. Aber beide nehmen doch Abschied, beide mit der Hoffnung des Wieder- sehns, es sey nun früher oder später, es sey noch diesseit des Grabes, oder erst am großen Tage
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wir ſind der Ewigkeit wieder um eine beträchtli- che Zahl von Tagen, die uns niemals zurücke- gegeben werden, näher gerückt: ſo endigt einſt jener Abend, der unſer Leben beſchließt, alle un- ſere irdiſchen Geſchäffte auf ewig, und verſetzt uns vor den Thron unſers Richters, wo wir von unſerer Haushaltung auf Erden die Rech- nung ablegen müßen; er erregt in uns die wich- tigſten angelegentlichſten Erwartungen, über das zukünftige Schickſal unſers neuen Lebens jenſeit dem Grabe; ſeine lezte Stunde übereilt uns, unvermerkt und unerwartet, und dringt uns an die Pforten der Ewigkeit, von wannen wir ewig nicht ins irdiſche Leben wiederkehren.
Der Bürger dieſes Lebens, der aus einem Jahre ins andre tritt, iſt von dem Sterbenden, der aus dieſer Pilgrimſchaft in ſein Vaterland abgerufen wird, unterſchieden wie der Abſchied- nehmende, welcher ſich blos zu einer kleinen Luſtreiſe von ſeinen Freunden entfernt, von dem, der vielleicht ſeinen Geliebten das lezte Lebewohl zuruft, weil ihn ſein Beruf in weit entlegne Län- der von ihnen trennt. Aber beide nehmen doch Abſchied, beide mit der Hoffnung des Wieder- ſehns, es ſey nun früher oder ſpäter, es ſey noch diesſeit des Grabes, oder erſt am großen Tage
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wir ſind der Ewigkeit wieder um eine beträchtli-
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gegeben werden, näher gerückt: ſo endigt einſt
jener Abend, der unſer Leben beſchließt, alle un-
ſere irdiſchen Geſchäffte auf ewig, und verſetzt
uns vor den Thron unſers Richters, wo wir
von unſerer Haushaltung auf Erden die Rech-
nung ablegen müßen; er erregt in uns die wich-
tigſten angelegentlichſten Erwartungen, über das
zukünftige Schickſal unſers neuen Lebens jenſeit
dem Grabe; ſeine lezte Stunde übereilt uns,
unvermerkt und unerwartet, und dringt uns an
die Pforten der Ewigkeit, von wannen wir ewig
nicht ins irdiſche Leben wiederkehren.
Der Bürger dieſes Lebens, der aus einem
Jahre ins andre tritt, iſt von dem Sterbenden,
der aus dieſer Pilgrimſchaft in ſein Vaterland
abgerufen wird, unterſchieden wie der Abſchied-
nehmende, welcher ſich blos zu einer kleinen
Luſtreiſe von ſeinen Freunden entfernt, von dem,
der vielleicht ſeinen Geliebten das lezte Lebewohl
zuruft, weil ihn ſein Beruf in weit entlegne Län-
der von ihnen trennt. Aber beide nehmen doch
Abſchied, beide mit der Hoffnung des Wieder-
ſehns, es ſey nun früher oder ſpäter, es ſey noch
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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/381>, abgerufen am 28.06.2024.
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