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Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

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den Geist. Herr über Leben und Tod! mein
Ziel ist in deiner Hand; du hast meine künftige
Monden, Tage oder Augenblicke, die mir noch
auf Erden werden sollen, von Ewigkeit gezählt,
und mein Loos mir zugemeßen. Was mir von
Freuden oder Leiden, im nächsten Jahre, in der
ganzen Zukunft meines Lebens, begegnen wird,
das hast du mir verborgen, das erforsch ich mit
keinem Nachsinnen, das ruf ich mit den sehn-
lichsten Wünschen nicht herbei, das entfern ich
mit den ängstlichsten Sorgen nicht von mir. Lei-
te du mich immer nach deinem Rath; dunkel und
unerforschlich sey der Weg, den du mich führest,
ich will ihn getrost und freudig gehn; nimm mich
nur einst am Ziel mit Ehren an. Alle Güter
und Vorzüge dieser Welt, alle Freuden dieses
Lebens, kann ich, wenn es dein Wille fordert,
gelaßen entbehren; auch die längsten und schwer-
sten Leiden, durch dich gestärkt, mit frommer
Geduld tragen: aber eins ist Noth; ohne wel-
ches ich, im Leben und im Tode nichts, und
mit dem ich alles habe; deine Freundschaft, mein
Gott! und die gewiße Zuversicht, auf ein ewig
seliges Leben nach dem Tode. Darnach laß mich
alle Tage meines Lebens mit beharrlichem Fleiße
in guten Werken ringen. Ach! wenn in dieser

Nacht
Y 4



den Geiſt. Herr über Leben und Tod! mein
Ziel iſt in deiner Hand; du haſt meine künftige
Monden, Tage oder Augenblicke, die mir noch
auf Erden werden ſollen, von Ewigkeit gezählt,
und mein Loos mir zugemeßen. Was mir von
Freuden oder Leiden, im nächſten Jahre, in der
ganzen Zukunft meines Lebens, begegnen wird,
das haſt du mir verborgen, das erforſch ich mit
keinem Nachſinnen, das ruf ich mit den ſehn-
lichſten Wünſchen nicht herbei, das entfern ich
mit den ängſtlichſten Sorgen nicht von mir. Lei-
te du mich immer nach deinem Rath; dunkel und
unerforſchlich ſey der Weg, den du mich führeſt,
ich will ihn getroſt und freudig gehn; nimm mich
nur einſt am Ziel mit Ehren an. Alle Güter
und Vorzüge dieſer Welt, alle Freuden dieſes
Lebens, kann ich, wenn es dein Wille fordert,
gelaßen entbehren; auch die längſten und ſchwer-
ſten Leiden, durch dich geſtärkt, mit frommer
Geduld tragen: aber eins iſt Noth; ohne wel-
ches ich, im Leben und im Tode nichts, und
mit dem ich alles habe; deine Freundſchaft, mein
Gott! und die gewiße Zuverſicht, auf ein ewig
ſeliges Leben nach dem Tode. Darnach laß mich
alle Tage meines Lebens mit beharrlichem Fleiße
in guten Werken ringen. Ach! wenn in dieſer

Nacht
Y 4
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[343/0395] den Geiſt. Herr über Leben und Tod! mein Ziel iſt in deiner Hand; du haſt meine künftige Monden, Tage oder Augenblicke, die mir noch auf Erden werden ſollen, von Ewigkeit gezählt, und mein Loos mir zugemeßen. Was mir von Freuden oder Leiden, im nächſten Jahre, in der ganzen Zukunft meines Lebens, begegnen wird, das haſt du mir verborgen, das erforſch ich mit keinem Nachſinnen, das ruf ich mit den ſehn- lichſten Wünſchen nicht herbei, das entfern ich mit den ängſtlichſten Sorgen nicht von mir. Lei- te du mich immer nach deinem Rath; dunkel und unerforſchlich ſey der Weg, den du mich führeſt, ich will ihn getroſt und freudig gehn; nimm mich nur einſt am Ziel mit Ehren an. Alle Güter und Vorzüge dieſer Welt, alle Freuden dieſes Lebens, kann ich, wenn es dein Wille fordert, gelaßen entbehren; auch die längſten und ſchwer- ſten Leiden, durch dich geſtärkt, mit frommer Geduld tragen: aber eins iſt Noth; ohne wel- ches ich, im Leben und im Tode nichts, und mit dem ich alles habe; deine Freundſchaft, mein Gott! und die gewiße Zuverſicht, auf ein ewig ſeliges Leben nach dem Tode. Darnach laß mich alle Tage meines Lebens mit beharrlichem Fleiße in guten Werken ringen. Ach! wenn in dieſer Nacht Y 4

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Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/395>, abgerufen am 28.09.2024.