Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite



Nacht mein Schlaf sich in den lezten Todes-
schlummer verwandelte: -- mit welchen Erwar-
tungen würd ich der Ewigkeit entgegen sehn?
Hab ich bisher für sie ausgestreut? Hätt ich mir
eine reiche oder kärgliche Freudenerndte, oder
vielleicht gar eine Thränenerndte zu versprechen?
-- Und dennoch, ist die Nacht, da auch ich
nichts mehr für die Ewigkeit würken kann, mir
vielleicht näher, als ichs glaube; und der Schlum-
mer, aus dem keiner wieder für dies Leben erwacht,
wird mich einst eben so unvermerkt übereilen, als
der Augenblick, in welchem ich diese Nacht ein-
schlummere. Wie wohl würd es mir seyn, wenn
der lezte Abend meines Lebens, mich unermü-
det im Fleiße guter Werke fände! Mit dem ver-
löschenden Lichte meines Lebens, würden alle Lei-
den und Sorgen in meinem Herzen auslöschen,
und alle Thränen von meinen Augen weggewi-
schet seyn; nach dem lezten Kampfe würd ich im
stillen einsamen Grabe, dessen Ehre gute Thaten
sind, Ruhe finden, und von dieser friedenvollen
Nacht nicht wieder erwachen, bis jener Mor-
gen, den kein Abend unterbricht, mich zur Ewig-
keit erweckt, und meine mühsame thränenvolle
Aussaat in eine ewige Freudenerndte verwan-
delt. Aber, o du ewig heiliger und barmher-

ziger



Nacht mein Schlaf ſich in den lezten Todes-
ſchlummer verwandelte: — mit welchen Erwar-
tungen würd ich der Ewigkeit entgegen ſehn?
Hab ich bisher für ſie ausgeſtreut? Hätt ich mir
eine reiche oder kärgliche Freudenerndte, oder
vielleicht gar eine Thränenerndte zu verſprechen?
— Und dennoch, iſt die Nacht, da auch ich
nichts mehr für die Ewigkeit würken kann, mir
vielleicht näher, als ichs glaube; und der Schlum-
mer, aus dem keiner wieder für dies Leben erwacht,
wird mich einſt eben ſo unvermerkt übereilen, als
der Augenblick, in welchem ich dieſe Nacht ein-
ſchlummere. Wie wohl würd es mir ſeyn, wenn
der lezte Abend meines Lebens, mich unermü-
det im Fleiße guter Werke fände! Mit dem ver-
löſchenden Lichte meines Lebens, würden alle Lei-
den und Sorgen in meinem Herzen auslöſchen,
und alle Thränen von meinen Augen weggewi-
ſchet ſeyn; nach dem lezten Kampfe würd ich im
ſtillen einſamen Grabe, deſſen Ehre gute Thaten
ſind, Ruhe finden, und von dieſer friedenvollen
Nacht nicht wieder erwachen, bis jener Mor-
gen, den kein Abend unterbricht, mich zur Ewig-
keit erweckt, und meine mühſame thränenvolle
Ausſaat in eine ewige Freudenerndte verwan-
delt. Aber, o du ewig heiliger und barmher-

ziger
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0396" n="344"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Nacht mein Schlaf &#x017F;ich in den lezten Todes-<lb/>
&#x017F;chlummer verwandelte: &#x2014; mit welchen Erwar-<lb/>
tungen würd ich der Ewigkeit entgegen &#x017F;ehn?<lb/>
Hab ich bisher für &#x017F;ie ausge&#x017F;treut? Hätt ich mir<lb/>
eine reiche oder kärgliche Freudenerndte, oder<lb/>
vielleicht gar eine Thränenerndte zu ver&#x017F;prechen?<lb/>
&#x2014; Und dennoch, i&#x017F;t die Nacht, da auch ich<lb/>
nichts mehr für die Ewigkeit würken kann, mir<lb/>
vielleicht näher, als ichs glaube; und der Schlum-<lb/>
mer, aus dem keiner wieder für dies Leben erwacht,<lb/>
wird mich ein&#x017F;t eben &#x017F;o unvermerkt übereilen, als<lb/>
der Augenblick, in welchem ich die&#x017F;e Nacht ein-<lb/>
&#x017F;chlummere. Wie wohl würd es mir &#x017F;eyn, wenn<lb/>
der lezte Abend meines Lebens, mich unermü-<lb/>
det im Fleiße guter Werke fände! Mit dem ver-<lb/>&#x017F;chenden Lichte meines Lebens, würden alle Lei-<lb/>
den und Sorgen in meinem Herzen auslö&#x017F;chen,<lb/>
und alle Thränen von meinen Augen weggewi-<lb/>
&#x017F;chet &#x017F;eyn; nach dem lezten Kampfe würd ich im<lb/>
&#x017F;tillen ein&#x017F;amen Grabe, de&#x017F;&#x017F;en Ehre gute Thaten<lb/>
&#x017F;ind, Ruhe finden, und von die&#x017F;er friedenvollen<lb/>
Nacht nicht wieder erwachen, bis jener Mor-<lb/>
gen, den kein Abend unterbricht, mich zur Ewig-<lb/>
keit erweckt, und meine müh&#x017F;ame thränenvolle<lb/>
Aus&#x017F;aat in eine ewige Freudenerndte verwan-<lb/>
delt. Aber, o du ewig heiliger und barmher-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ziger</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[344/0396] Nacht mein Schlaf ſich in den lezten Todes- ſchlummer verwandelte: — mit welchen Erwar- tungen würd ich der Ewigkeit entgegen ſehn? Hab ich bisher für ſie ausgeſtreut? Hätt ich mir eine reiche oder kärgliche Freudenerndte, oder vielleicht gar eine Thränenerndte zu verſprechen? — Und dennoch, iſt die Nacht, da auch ich nichts mehr für die Ewigkeit würken kann, mir vielleicht näher, als ichs glaube; und der Schlum- mer, aus dem keiner wieder für dies Leben erwacht, wird mich einſt eben ſo unvermerkt übereilen, als der Augenblick, in welchem ich dieſe Nacht ein- ſchlummere. Wie wohl würd es mir ſeyn, wenn der lezte Abend meines Lebens, mich unermü- det im Fleiße guter Werke fände! Mit dem ver- löſchenden Lichte meines Lebens, würden alle Lei- den und Sorgen in meinem Herzen auslöſchen, und alle Thränen von meinen Augen weggewi- ſchet ſeyn; nach dem lezten Kampfe würd ich im ſtillen einſamen Grabe, deſſen Ehre gute Thaten ſind, Ruhe finden, und von dieſer friedenvollen Nacht nicht wieder erwachen, bis jener Mor- gen, den kein Abend unterbricht, mich zur Ewig- keit erweckt, und meine mühſame thränenvolle Ausſaat in eine ewige Freudenerndte verwan- delt. Aber, o du ewig heiliger und barmher- ziger

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/396
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/396>, abgerufen am 24.11.2024.