Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite



sicht, um, nicht allein, aus der großen
Zahl der Erbauungsbücher, die Wahl
eines solchen zu treffen, welches mit ihrer
Faßung, mit ihren Einsichten, und ih-
rer Denkungsart überhaupt am meisten
übereinstimmt, sondern auch, aus der
Menge der darinn enthaltenen Betrachtun-
gen und Gebete, gerade die herauszusu-
chen, welche jedesmal, für ihren Gemüths-
zustand, und für ihre äussern Umstände
die brauchbarsten sind. Ohne das, wer-
den sie entweder, manche Stunde, ohne
Nutzen, oft ohne zu verstehn was sie lesen
und beten, nur mit dem Schein der An-
dacht, hinbringen; oder sie müßen sich zu
sehr anstrengen, und verfehlen darüber
den grösten Nutzen für ihr Herz; klagen
oft über den Mangel der Rührung und
Erbauung, legen ihn vielleicht nicht selten
mit Wehmuth, der Verdorbenheit ihres
Herzens zur Last, da er doch vielmehr nur
in der unweisen Wahl eines Buches zu su-
chen ist, welches für andre genug Lehr-

rei-



ſicht, um, nicht allein, aus der großen
Zahl der Erbauungsbücher, die Wahl
eines ſolchen zu treffen, welches mit ihrer
Faßung, mit ihren Einſichten, und ih-
rer Denkungsart überhaupt am meiſten
übereinſtimmt, ſondern auch, aus der
Menge der darinn enthaltenen Betrachtun-
gen und Gebete, gerade die herauszuſu-
chen, welche jedesmal, für ihren Gemüths-
zuſtand, und für ihre äuſſern Umſtände
die brauchbarſten ſind. Ohne das, wer-
den ſie entweder, manche Stunde, ohne
Nutzen, oft ohne zu verſtehn was ſie leſen
und beten, nur mit dem Schein der An-
dacht, hinbringen; oder ſie müßen ſich zu
ſehr anſtrengen, und verfehlen darüber
den gröſten Nutzen für ihr Herz; klagen
oft über den Mangel der Rührung und
Erbauung, legen ihn vielleicht nicht ſelten
mit Wehmuth, der Verdorbenheit ihres
Herzens zur Laſt, da er doch vielmehr nur
in der unweiſen Wahl eines Buches zu ſu-
chen iſt, welches für andre genug Lehr-

rei-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0044" n="XL"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;icht, um, nicht allein, aus der großen<lb/>
Zahl der Erbauungsbücher, die Wahl<lb/>
eines <hi rendition="#fr">&#x017F;olchen</hi> zu treffen, welches mit ihrer<lb/><hi rendition="#fr">Faßung,</hi> mit ihren <hi rendition="#fr">Ein&#x017F;ichten,</hi> und ih-<lb/>
rer <hi rendition="#fr">Denkungsart</hi> überhaupt am mei&#x017F;ten<lb/>
überein&#x017F;timmt, &#x017F;ondern auch, aus der<lb/>
Menge der darinn enthaltenen Betrachtun-<lb/>
gen und Gebete, gerade <hi rendition="#fr">die</hi> herauszu&#x017F;u-<lb/>
chen, welche jedesmal, für ihren Gemüths-<lb/>
zu&#x017F;tand, und für ihre äu&#x017F;&#x017F;ern Um&#x017F;tände<lb/>
die brauchbar&#x017F;ten &#x017F;ind. Ohne das, wer-<lb/>
den &#x017F;ie entweder, manche Stunde, ohne<lb/>
Nutzen, oft ohne zu ver&#x017F;tehn was &#x017F;ie le&#x017F;en<lb/>
und beten, nur mit dem <hi rendition="#fr">Schein</hi> der An-<lb/>
dacht, hinbringen; oder &#x017F;ie müßen &#x017F;ich zu<lb/>
&#x017F;ehr an&#x017F;trengen, und verfehlen darüber<lb/>
den grö&#x017F;ten Nutzen für ihr <hi rendition="#fr">Herz;</hi> klagen<lb/>
oft über den Mangel der Rührung und<lb/>
Erbauung, legen ihn vielleicht nicht &#x017F;elten<lb/>
mit Wehmuth, der Verdorbenheit ihres<lb/>
Herzens zur La&#x017F;t, da er doch vielmehr nur<lb/>
in der unwei&#x017F;en Wahl eines Buches zu &#x017F;u-<lb/>
chen i&#x017F;t, welches für andre genug Lehr-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">rei-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XL/0044] ſicht, um, nicht allein, aus der großen Zahl der Erbauungsbücher, die Wahl eines ſolchen zu treffen, welches mit ihrer Faßung, mit ihren Einſichten, und ih- rer Denkungsart überhaupt am meiſten übereinſtimmt, ſondern auch, aus der Menge der darinn enthaltenen Betrachtun- gen und Gebete, gerade die herauszuſu- chen, welche jedesmal, für ihren Gemüths- zuſtand, und für ihre äuſſern Umſtände die brauchbarſten ſind. Ohne das, wer- den ſie entweder, manche Stunde, ohne Nutzen, oft ohne zu verſtehn was ſie leſen und beten, nur mit dem Schein der An- dacht, hinbringen; oder ſie müßen ſich zu ſehr anſtrengen, und verfehlen darüber den gröſten Nutzen für ihr Herz; klagen oft über den Mangel der Rührung und Erbauung, legen ihn vielleicht nicht ſelten mit Wehmuth, der Verdorbenheit ihres Herzens zur Laſt, da er doch vielmehr nur in der unweiſen Wahl eines Buches zu ſu- chen iſt, welches für andre genug Lehr- rei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/44
Zitationshilfe: Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. XL. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/44>, abgerufen am 21.11.2024.