Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737.VU men, sind die Wunden am gewöhnlichsten, welche öffters eine Inspe-ction nöthig haben, und am übelsten doch von den unverständigen Chi- rurgis beurtheilet werden. Diesem aber vorzukommen, wird es höchst nöthig erachtet anzuführen, wie sich ein Chirurgus vor, in und nach der Inspection zu verhalten habe, und wie er die formalitatem lethalitatis aus den fundamentis anatomicis deduciren möge. Wenn denn nun in sehr vielen Verwundungen die Inspectio ocularis, oder die Besichtigung nöthig erfordert wird, so hat man auf die Personen zu sehen, welche hierzu, vermöge der Rechte, ersuchet werden. Solche Personen sind zwey Gerichts-Verwandte, der Secretarius und der Medicus mit dem Chirurgo: wiewol auch sothane Function erfahrne Chirurgi allein, mit nichten aber die Apothecker, verwalten können, wie solches schon längst von vielen medicinischen Facultäten decidiret und ausgemachet worden ist. Vor der Inspection, wenn man ordentlich und Rechtlich darzu ge- fordert worden, hat man vor allen Dingen alle Umstände accurat zu un- tersuchen, nemlich des Verwundeten Alter, seine Disposition, wie er vor oder nach der Verwundung ist, das Gewehr oder Instrument, womit er verwundet worden, die Diaet und Pflege der Wärter, der Fleiß und die Heilungs-Art des Chirurgi, die Zeit des Todes etc. massen solcher Um- stände Wissenschafft Celsus Lib. V. cap. 26. zugleich erfordert. Hierbey haben auch die Chirurgi Acht zu geben, daß sie nicht im Untersuchen mit dem Stylo oder andern Instrument die Wunde grösser machen, und die innerlichen Viscera laediren, dahero die Einsteckung des Styli allein zur In- spection nicht genung ist. Jn der Inspection selbsten wird die Section erfordert, bey welcher man auf die Zeit und Art zu sehen hat. Jn Erwe- gung der Zeit, so muß die Oeffnung vor dem Begraben geschehen; wiewol auch zuweilen schon Begrabene und aus der Erden wieder Ausgegrabene der Section unterworffen werden, wenn sie nur noch frisch und nicht von der Fäulniß angegriffen sind, denn im widrigen Fall ist niemand verbunden, seine Gesundheit und guten Namen zu prostituiren. Was die Art und Weise betrifft, so erinnert D. Bohn Spec. II. §. 17. Medicin. Forens. daß die Section mit einer vorsichtigen Hand geschehen soll, damit man nicht eher Wunden mache, als dieselben explorire. Er rathet deßwegen den bey- stehenden Medicis zugleich, daß sie vielmehr mit ihren eigenen als der Chi- rurgorum Händen die Section verrichten, weil es besser ist, die Hände, als das Gewissen zu besudeln. Es ist auch recht, Anatomir-nicht aber Scheer- Messer dabey zu gebrauchen, damit die Defensores keine Ausflucht haben möchten, N n n n n n 3
VU men, ſind die Wunden am gewoͤhnlichſten, welche oͤffters eine Inſpe-ction noͤthig haben, und am uͤbelſten doch von den unverſtaͤndigen Chi- rurgis beurtheilet werden. Dieſem aber vorzukommen, wird es hoͤchſt noͤthig erachtet anzufuͤhren, wie ſich ein Chirurgus vor, in und nach der Inſpection zu verhalten habe, und wie er die formalitatem lethalitatis aus den fundamentis anatomicis deduciren moͤge. Wenn denn nun in ſehr vielen Verwundungen die Inſpectio ocularis, oder die Beſichtigung noͤthig erfordert wird, ſo hat man auf die Perſonen zu ſehen, welche hierzu, vermoͤge der Rechte, erſuchet werden. Solche Perſonen ſind zwey Gerichts-Verwandte, der Secretarius und der Medicus mit dem Chirurgo: wiewol auch ſothane Function erfahrne Chirurgi allein, mit nichten aber die Apothecker, verwalten koͤnnen, wie ſolches ſchon laͤngſt von vielen mediciniſchen Facultaͤten decidiret und ausgemachet worden iſt. Vor der Inſpection, wenn man ordentlich und Rechtlich darzu ge- fordert worden, hat man vor allen Dingen alle Umſtaͤnde accurat zu un- terſuchen, nemlich des Verwundeten Alter, ſeine Diſpoſition, wie er vor oder nach der Verwundung iſt, das Gewehr oder Inſtrument, womit er verwundet worden, die Diæt und Pflege der Waͤrter, der Fleiß und die Heilungs-Art des Chirurgi, die Zeit des Todes ꝛc. maſſen ſolcher Um- ſtaͤnde Wiſſenſchafft Celſus Lib. V. cap. 26. zugleich erfordert. Hierbey haben auch die Chirurgi Acht zu geben, daß ſie nicht im Unterſuchen mit dem Stylo oder andern Inſtrument die Wunde groͤſſer machen, und die innerlichen Viſcera lædiren, dahero die Einſteckung des Styli allein zur In- ſpection nicht genung iſt. Jn der Inſpection ſelbſten wird die Section erfordert, bey welcher man auf die Zeit und Art zu ſehen hat. Jn Erwe- gung der Zeit, ſo muß die Oeffnung vor dem Begraben geſchehen; wiewol auch zuweilen ſchon Begrabene und aus der Erden wieder Ausgegrabene der Section unterworffen werden, wenn ſie nur noch friſch und nicht von der Faͤulniß angegriffen ſind, denn im widrigen Fall iſt niemand verbunden, ſeine Geſundheit und guten Namen zu proſtituiren. Was die Art und Weiſe betrifft, ſo erinnert D. Bohn Spec. II. §. 17. Medicin. Forenſ. daß die Section mit einer vorſichtigen Hand geſchehen ſoll, damit man nicht eher Wunden mache, als dieſelben explorire. Er rathet deßwegen den bey- ſtehenden Medicis zugleich, daß ſie vielmehr mit ihren eigenen als der Chi- rurgorum Haͤnden die Section verrichten, weil es beſſer iſt, die Haͤnde, als das Gewiſſen zu beſudeln. Es iſt auch recht, Anatomir-nicht aber Scheer- Meſſer dabey zu gebrauchen, damit die Defenſores keine Ausflucht haben moͤchten, N n n n n n 3
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men, ſind die Wunden am gewoͤhnlichſten, welche oͤffters eine Inſpe-
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rurgis beurtheilet werden. Dieſem aber vorzukommen, wird es hoͤchſt
noͤthig erachtet anzufuͤhren, wie ſich ein Chirurgus vor, in und nach der
Inſpection zu verhalten habe, und wie er die formalitatem lethalitatis
aus den fundamentis anatomicis deduciren moͤge. Wenn denn nun in
ſehr vielen Verwundungen die Inſpectio ocularis, oder die Beſichtigung
noͤthig erfordert wird, ſo hat man auf die Perſonen zu ſehen, welche
hierzu, vermoͤge der Rechte, erſuchet werden. Solche Perſonen ſind
zwey Gerichts-Verwandte, der Secretarius und der Medicus mit dem
Chirurgo: wiewol auch ſothane Function erfahrne Chirurgi allein, mit
nichten aber die Apothecker, verwalten koͤnnen, wie ſolches ſchon laͤngſt
von vielen mediciniſchen Facultaͤten decidiret und ausgemachet worden
iſt. Vor der Inſpection, wenn man ordentlich und Rechtlich darzu ge-
fordert worden, hat man vor allen Dingen alle Umſtaͤnde accurat zu un-
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oder nach der Verwundung iſt, das Gewehr oder Inſtrument, womit er
verwundet worden, die Diæt und Pflege der Waͤrter, der Fleiß und die
Heilungs-Art des Chirurgi, die Zeit des Todes ꝛc. maſſen ſolcher Um-
ſtaͤnde Wiſſenſchafft Celſus Lib. V. cap. 26. zugleich erfordert. Hierbey
haben auch die Chirurgi Acht zu geben, daß ſie nicht im Unterſuchen mit
dem Stylo oder andern Inſtrument die Wunde groͤſſer machen, und die
innerlichen Viſcera lædiren, dahero die Einſteckung des Styli allein zur In-
ſpection nicht genung iſt. Jn der Inſpection ſelbſten wird die Section
erfordert, bey welcher man auf die Zeit und Art zu ſehen hat. Jn Erwe-
gung der Zeit, ſo muß die Oeffnung vor dem Begraben geſchehen; wiewol
auch zuweilen ſchon Begrabene und aus der Erden wieder Ausgegrabene
der Section unterworffen werden, wenn ſie nur noch friſch und nicht von der
Faͤulniß angegriffen ſind, denn im widrigen Fall iſt niemand verbunden,
ſeine Geſundheit und guten Namen zu proſtituiren. Was die Art und
Weiſe betrifft, ſo erinnert D. Bohn Spec. II. §. 17. Medicin. Forenſ. daß die
Section mit einer vorſichtigen Hand geſchehen ſoll, damit man nicht eher
Wunden mache, als dieſelben explorire. Er rathet deßwegen den bey-
ſtehenden Medicis zugleich, daß ſie vielmehr mit ihren eigenen als der Chi-
rurgorum Haͤnden die Section verrichten, weil es beſſer iſt, die Haͤnde, als
das Gewiſſen zu beſudeln. Es iſt auch recht, Anatomir-nicht aber Scheer-
Meſſer dabey zu gebrauchen, damit die Defenſores keine Ausflucht haben
moͤchten,
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