Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737.SP Solchen aber will ich aus der unvergleichlichen Disputation de Spiritu ho-minis vitali, welche der sehr berühmte Aug. Quir. Rivinus 1681. zu Leipzig ventiliret, extrahiren und mittheilen. Angeführte Disputation bestehet aus VI. Capiteln, davon das (1) die Existentiam Spirituum, oder das Bestand- Wesen der Geister, oder, daß würcklich und wahrhafftig Spiritus ani- males in unserm Leibe, als Regenten sind, behauptet. Jn diesem Capitel setzet er also: Es ist gantz gewiß, daß alle Cörper der Thiere sich gantz pas- five oder leidend verhalten, und keine Function verrichten können, dahero wird nothwendig ein activum movens erfordert, welches die Organa cor- porea principaliter belebt, und die Geschäffte zu verrichten, determiniren kan. Dieses bekräfftiget vor andern der Tod. Denn so ja in der Materia eine Krafft ist, warum höret die Bewegung und übrigen Functiones auf? war- um ruhet alles in einem Augenblick, wenn nicht der allgemeine Praeses und Regierer weggewichen wäre? Man möchte sagen, daß solches vielleicht we- gen des verletzten Organi geschehen, und bald das Hertz, bald die Leber, bald der Magen, Miltz oder andere Theile in Schuld wären. Wie aber, wenn ein gantz gesunder Mensch für grosser Freude, Furcht oder Schrecken dahin fiele und stürbe? Wie dergleichen Historien bey dem Lotich. observ. p. 284. Rhod. observ. Medic. Cent. I. 45. Bartholin. Hist. Cent. IV. 76. Valer. Max. Lib. IX. c. 12. 2. 3. zu finden. Da ist wohl nicht zu glauben, daß diese an ihren Organis auch nur etwas laediret gewesen. Hieraus folget, daß das Movens, oder die bewegende und Haupt-Ursache laediret, und seine Instrumenta ver- lassen habe. (2) Das andere erkläret ihre Natur: solche ist, daß sie aus einer gantz simplen und subtilen Materia bestehen; dieses befestiget der- selben Ab- und Zunehmen: sie kommen der Natur des Lichts oder Feuers nahe bey, solches siehet man an den Augen, wie sie bey Furiösen und Zorni- gen gleichsam blitzen, und diese beyden vereiniget, haben sie calidum innatum genannt. Das (3) führet den Ursprung der Lebens-Geister auf. Hierbey ist zu wissen, daß sich der Spiritus anders in der ersten, anders in der andern Generation verhält: das ist, es ist eine gantz andere Beschaffenheit der Spirituum, wenn man sie betrachtet, wie sie von beyden Eltern separiret werden, und wieder eine gantz andere, wenn sie nach der Conception im weib- licher Eylein vereiniget, consideriret werden. Jener wird bessern Unter- scheids halber seminalis, dieser genitalis genennet. Die erste Generatio sie- het auf die Eltern, das ist, auf die Ausarbeitung des Saamens und auf den Beyschlaf, und dieses sein Generations-Zweck ist der Conceptus oder die Emp fängniß; von diesem fängt hernach die andere Generatio an, welche die
SP Solchen aber will ich aus der unvergleichlichen Diſputation de Spiritu ho-minis vitali, welche der ſehr beruͤhmte Aug. Quir. Rivinus 1681. zu Leipzig ventiliret, extrahiren und mittheilen. Angefuͤhrte Diſputation beſtehet aus VI. Capiteln, davon das (1) die Exiſtentiam Spirituum, oder das Beſtand- Weſen der Geiſter, oder, daß wuͤrcklich und wahrhafftig Spiritus ani- males in unſerm Leibe, als Regenten ſind, behauptet. Jn dieſem Capitel ſetzet er alſo: Es iſt gantz gewiß, daß alle Coͤrper der Thiere ſich gantz pas- fivè oder leidend verhalten, und keine Function verrichten koͤnnen, dahero wird nothwendig ein activum movens erfordert, welches die Organa cor- porea principaliter belebt, und die Geſchaͤffte zu verrichten, determiniren kan. Dieſes bekraͤfftiget vor andern der Tod. Denn ſo ja in der Materia eine Krafft iſt, warum hoͤret die Bewegung und uͤbrigen Functiones auf? war- um ruhet alles in einem Augenblick, wenn nicht der allgemeine Præſes und Regierer weggewichen waͤre? Man moͤchte ſagen, daß ſolches vielleicht we- gen des verletzten Organi geſchehen, und bald das Hertz, bald die Leber, bald der Magen, Miltz oder andere Theile in Schuld waͤren. Wie aber, wenn ein gantz geſunder Menſch fuͤr groſſer Freude, Furcht oder Schrecken dahin fiele und ſtuͤrbe? Wie dergleichen Hiſtorien bey dem Lotich. obſerv. p. 284. Rhod. obſerv. Medic. Cent. I. 45. Bartholin. Hiſt. Cent. IV. 76. Valer. Max. Lib. IX. c. 12. 2. 3. zu finden. Da iſt wohl nicht zu glauben, daß dieſe an ihren Organis auch nur etwas lædiret geweſen. Hieraus folget, daß das Movens, oder die bewegende und Haupt-Urſache lædiret, und ſeine Inſtrumenta ver- laſſen habe. (2) Das andere erklaͤret ihre Natur: ſolche iſt, daß ſie aus einer gantz ſimplen und ſubtilen Materia beſtehen; dieſes befeſtiget der- ſelben Ab- und Zunehmen: ſie kommen der Natur des Lichts oder Feuers nahe bey, ſolches ſiehet man an den Augen, wie ſie bey Furioͤſen und Zorni- gen gleichſam blitzen, und dieſe beyden vereiniget, haben ſie calidum innatum genannt. Das (3) fuͤhret den Urſprung der Lebens-Geiſter auf. Hierbey iſt zu wiſſen, daß ſich der Spiritus anders in der erſten, anders in der andern Generation verhaͤlt: das iſt, es iſt eine gantz andere Beſchaffenheit der Spirituum, wenn man ſie betrachtet, wie ſie von beyden Eltern ſepariret werden, und wieder eine gantz andere, wenn ſie nach der Conception im weib- licher Eylein vereiniget, conſideriret werden. Jener wird beſſern Unter- ſcheids halber ſeminalis, dieſer genitalis genennet. Die erſte Generatio ſie- het auf die Eltern, das iſt, auf die Ausarbeitung des Saamens und auf den Beyſchlaf, und dieſes ſein Generations-Zweck iſt der Conceptus oder die Emp faͤngniß; von dieſem faͤngt hernach die andere Generatio an, welche die
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minis vitali, welche der ſehr beruͤhmte Aug. Quir. Rivinus 1681. zu Leipzig
ventiliret, extrahiren und mittheilen. Angefuͤhrte Diſputation beſtehet aus
VI. Capiteln, davon das (1) die Exiſtentiam Spirituum, oder das Beſtand-
Weſen der Geiſter, oder, daß wuͤrcklich und wahrhafftig Spiritus ani-
males in unſerm Leibe, als Regenten ſind, behauptet. Jn dieſem Capitel
ſetzet er alſo: Es iſt gantz gewiß, daß alle Coͤrper der Thiere ſich gantz pas-
fivè oder leidend verhalten, und keine Function verrichten koͤnnen, dahero
wird nothwendig ein activum movens erfordert, welches die Organa cor-
porea principaliter belebt, und die Geſchaͤffte zu verrichten, determiniren kan.
Dieſes bekraͤfftiget vor andern der Tod. Denn ſo ja in der Materia eine
Krafft iſt, warum hoͤret die Bewegung und uͤbrigen Functiones auf? war-
um ruhet alles in einem Augenblick, wenn nicht der allgemeine Præſes und
Regierer weggewichen waͤre? Man moͤchte ſagen, daß ſolches vielleicht we-
gen des verletzten Organi geſchehen, und bald das Hertz, bald die Leber, bald
der Magen, Miltz oder andere Theile in Schuld waͤren. Wie aber, wenn ein
gantz geſunder Menſch fuͤr groſſer Freude, Furcht oder Schrecken dahin
fiele und ſtuͤrbe? Wie dergleichen Hiſtorien bey dem Lotich. obſerv. p. 284.
Rhod. obſerv. Medic. Cent. I. 45. Bartholin. Hiſt. Cent. IV. 76. Valer. Max.
Lib. IX. c. 12. 2. 3. zu finden. Da iſt wohl nicht zu glauben, daß dieſe an ihren
Organis auch nur etwas lædiret geweſen. Hieraus folget, daß das Movens,
oder die bewegende und Haupt-Urſache lædiret, und ſeine Inſtrumenta ver-
laſſen habe. (2) Das andere erklaͤret ihre Natur: ſolche iſt, daß ſie
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ſelben Ab- und Zunehmen: ſie kommen der Natur des Lichts oder Feuers
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gen gleichſam blitzen, und dieſe beyden vereiniget, haben ſie calidum innatum
genannt. Das (3) fuͤhret den Urſprung der Lebens-Geiſter auf.
Hierbey iſt zu wiſſen, daß ſich der Spiritus anders in der erſten, anders in der
andern Generation verhaͤlt: das iſt, es iſt eine gantz andere Beſchaffenheit
der Spirituum, wenn man ſie betrachtet, wie ſie von beyden Eltern ſepariret
werden, und wieder eine gantz andere, wenn ſie nach der Conception im weib-
licher Eylein vereiniget, conſideriret werden. Jener wird beſſern Unter-
ſcheids halber ſeminalis, dieſer genitalis genennet. Die erſte Generatio ſie-
het auf die Eltern, das iſt, auf die Ausarbeitung des Saamens und auf den
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