Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.§ 7. Die einfachen Gefühle. oder Unlustgefühlen begleitet sein; aber diese andern Ge-fühle können auch ganz fehlen, wo sich dann die Span- nungs- und Lösungsgefühle ebenso wie die vorhin genannten Hauptrichtungen als eigenartige Formen zu erkennen geben, die nicht auf andere zurückgeführt werden können. Da- gegen ist eine solche Zerlegung bei sehr vielen Gefühlen möglich, die in ihrer Qualität trotzdem ebensogut wie die bisher erwähnten den Charakter einfacher Gefühle besitzen. So lassen sich die Gefühle des Ernstes und der Heiterkeit, wie sie z. B. an die sinnlichen Eindrücke tiefer und hoher Töne, dunkler und heller Farben geknüpft sind, als eigen- thümliche Qualitäten auffassen, die sowohl in der Haupt- richtung der Lust und Unlust wie in derjenigen der excitirenden und deprimirenden Gefühle jenseits der In- differenzzone liegen. Nur muss man sich dabei wiederum gegenwärtig halten, dass Lust und Unlust, Erregung und Ruhe nicht singuläre Gefühlsqualitäten sondern Gefühls- richtungen bezeichnen, innerhalb deren unendlich viele einfache Qualitäten vorkommen, so dass z. B. das Unlust- gefühl des Ernstes nicht nur von dem des schmerzerregen- den Tastreizes, der Dissonanz u. s. w. verschieden ist, sondern dass der Ernst selbst in verschiedenen Fällen in seiner Qualität wieder variiren kann. Ferner verbinden sich die Richtungen der Lust und Unlust mit denen der Spannung und Lösung bei den rhythmischen Gefühlen, wo die regel- mäßige Folge von Spannung und Lösung mit Lust, die Störung dieser Regelmäßigkeit aber mit Unlust, wie bei der Enttäuschung, der Ueberraschung, verbunden ist, während außerdem noch in beiden Fällen je nach Umständen das Gefühl einen erregenden oder beruhigenden Charakter be- sitzen kann. 9. Diese Beispiele legen die Annahme nahe, dass die 7*
§ 7. Die einfachen Gefühle. oder Unlustgefühlen begleitet sein; aber diese andern Ge-fühle können auch ganz fehlen, wo sich dann die Span- nungs- und Lösungsgefühle ebenso wie die vorhin genannten Hauptrichtungen als eigenartige Formen zu erkennen geben, die nicht auf andere zurückgeführt werden können. Da- gegen ist eine solche Zerlegung bei sehr vielen Gefühlen möglich, die in ihrer Qualität trotzdem ebensogut wie die bisher erwähnten den Charakter einfacher Gefühle besitzen. So lassen sich die Gefühle des Ernstes und der Heiterkeit, wie sie z. B. an die sinnlichen Eindrücke tiefer und hoher Töne, dunkler und heller Farben geknüpft sind, als eigen- thümliche Qualitäten auffassen, die sowohl in der Haupt- richtung der Lust und Unlust wie in derjenigen der excitirenden und deprimirenden Gefühle jenseits der In- differenzzone liegen. Nur muss man sich dabei wiederum gegenwärtig halten, dass Lust und Unlust, Erregung und Ruhe nicht singuläre Gefühlsqualitäten sondern Gefühls- richtungen bezeichnen, innerhalb deren unendlich viele einfache Qualitäten vorkommen, so dass z. B. das Unlust- gefühl des Ernstes nicht nur von dem des schmerzerregen- den Tastreizes, der Dissonanz u. s. w. verschieden ist, sondern dass der Ernst selbst in verschiedenen Fällen in seiner Qualität wieder variiren kann. Ferner verbinden sich die Richtungen der Lust und Unlust mit denen der Spannung und Lösung bei den rhythmischen Gefühlen, wo die regel- mäßige Folge von Spannung und Lösung mit Lust, die Störung dieser Regelmäßigkeit aber mit Unlust, wie bei der Enttäuschung, der Ueberraschung, verbunden ist, während außerdem noch in beiden Fällen je nach Umständen das Gefühl einen erregenden oder beruhigenden Charakter be- sitzen kann. 9. Diese Beispiele legen die Annahme nahe, dass die 7*
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§ 7. Die einfachen Gefühle.
oder Unlustgefühlen begleitet sein; aber diese andern Ge-
fühle können auch ganz fehlen, wo sich dann die Span-
nungs- und Lösungsgefühle ebenso wie die vorhin genannten
Hauptrichtungen als eigenartige Formen zu erkennen geben,
die nicht auf andere zurückgeführt werden können. Da-
gegen ist eine solche Zerlegung bei sehr vielen Gefühlen
möglich, die in ihrer Qualität trotzdem ebensogut wie die
bisher erwähnten den Charakter einfacher Gefühle besitzen.
So lassen sich die Gefühle des Ernstes und der Heiterkeit,
wie sie z. B. an die sinnlichen Eindrücke tiefer und hoher
Töne, dunkler und heller Farben geknüpft sind, als eigen-
thümliche Qualitäten auffassen, die sowohl in der Haupt-
richtung der Lust und Unlust wie in derjenigen der
excitirenden und deprimirenden Gefühle jenseits der In-
differenzzone liegen. Nur muss man sich dabei wiederum
gegenwärtig halten, dass Lust und Unlust, Erregung und
Ruhe nicht singuläre Gefühlsqualitäten sondern Gefühls-
richtungen bezeichnen, innerhalb deren unendlich viele
einfache Qualitäten vorkommen, so dass z. B. das Unlust-
gefühl des Ernstes nicht nur von dem des schmerzerregen-
den Tastreizes, der Dissonanz u. s. w. verschieden ist, sondern
dass der Ernst selbst in verschiedenen Fällen in seiner
Qualität wieder variiren kann. Ferner verbinden sich die
Richtungen der Lust und Unlust mit denen der Spannung
und Lösung bei den rhythmischen Gefühlen, wo die regel-
mäßige Folge von Spannung und Lösung mit Lust, die
Störung dieser Regelmäßigkeit aber mit Unlust, wie bei der
Enttäuschung, der Ueberraschung, verbunden ist, während
außerdem noch in beiden Fällen je nach Umständen das
Gefühl einen erregenden oder beruhigenden Charakter be-
sitzen kann.
9. Diese Beispiele legen die Annahme nahe, dass die
drei Hauptrichtungen der einfachen Gefühle von den Be-
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