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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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II. Die psychischen Gebilde.
densten Richtungen des Raumes nahezu mit gleicher An-
strengung erfolgen, so trifft dies doch nicht vollständig zu,
und zwar augenscheinlich aus Gründen, die mit der Anpassung
des Sehorgans an seine Leistungen auf das engste zusammen-
hängen. Da wir die näheren Objecte des uns umgebenden
Sehraumes, auf die wir die Blicklinien convergirend einstellen
müssen, am häufigsten betrachten, so haben die Muskeln
des Auges eine Anordnung gewonnen, bei welcher zunächst
die Convergenzbewegungen der Blicklinien vorzugsweise er-
leichtert, und bei welcher sodann unter den möglichen Con-
vergenzbewegungen wieder die nach abwärts vor den nach
aufwärts gerichteten bevorzugt sind. Die allgemeine Erleich-
terung der Convergenzbewegungen wird dadurch erzielt, dass
den das Auge nach auf- und nach abwärts drehenden Muskeln
(dem oberen und unteren geraden Muskel) eigenthümliche
Hülfs- und Compensationsmuskeln (der untere und der obere
schiefe Muskel) beigegeben sind. In Folge der so entstehen-
den größeren Complication der Muskelwirkungen ist dann
nothwendig bei den Auf- und Abwärtsbewegungen der Augen
die Bewegungsanstrengung größer als bei den bloß durch
je zwei in der Horizontalebene gelegene Muskeln bewirkten
Aus- und Einwärtsbewegungen. Diese relative Erleichterung
der nach abwärts gekehrten Convergenzbewegungen findet
aber theils in den oben (S. 143) erwähnten intensiven Ver-
schiedenheiten der die Bewegungen begleitenden Empfindungen
theils in der Erscheinung ihren Ausdruck, dass bei der Ab-
wärtsbewegung beider Augen unwillkürlich verstärkte, bei der
Aufwärtsbewegung derselben verminderte Convergenz eintritt.

Diesen Abweichungen des Bewegungsmechanismus ent-
sprechen nun gewisse constante von der Richtung im
Sehfelde abhängige Täuschungen des Augen-
maßes
. Sie bestehen theils in Richtungstäuschungen
theils in Größentäuschungen.

II. Die psychischen Gebilde.
densten Richtungen des Raumes nahezu mit gleicher An-
strengung erfolgen, so trifft dies doch nicht vollständig zu,
und zwar augenscheinlich aus Gründen, die mit der Anpassung
des Sehorgans an seine Leistungen auf das engste zusammen-
hängen. Da wir die näheren Objecte des uns umgebenden
Sehraumes, auf die wir die Blicklinien convergirend einstellen
müssen, am häufigsten betrachten, so haben die Muskeln
des Auges eine Anordnung gewonnen, bei welcher zunächst
die Convergenzbewegungen der Blicklinien vorzugsweise er-
leichtert, und bei welcher sodann unter den möglichen Con-
vergenzbewegungen wieder die nach abwärts vor den nach
aufwärts gerichteten bevorzugt sind. Die allgemeine Erleich-
terung der Convergenzbewegungen wird dadurch erzielt, dass
den das Auge nach auf- und nach abwärts drehenden Muskeln
(dem oberen und unteren geraden Muskel) eigenthümliche
Hülfs- und Compensationsmuskeln (der untere und der obere
schiefe Muskel) beigegeben sind. In Folge der so entstehen-
den größeren Complication der Muskelwirkungen ist dann
nothwendig bei den Auf- und Abwärtsbewegungen der Augen
die Bewegungsanstrengung größer als bei den bloß durch
je zwei in der Horizontalebene gelegene Muskeln bewirkten
Aus- und Einwärtsbewegungen. Diese relative Erleichterung
der nach abwärts gekehrten Convergenzbewegungen findet
aber theils in den oben (S. 143) erwähnten intensiven Ver-
schiedenheiten der die Bewegungen begleitenden Empfindungen
theils in der Erscheinung ihren Ausdruck, dass bei der Ab-
wärtsbewegung beider Augen unwillkürlich verstärkte, bei der
Aufwärtsbewegung derselben verminderte Convergenz eintritt.

Diesen Abweichungen des Bewegungsmechanismus ent-
sprechen nun gewisse constante von der Richtung im
Sehfelde abhängige Täuschungen des Augen-
maßes
. Sie bestehen theils in Richtungstäuschungen
theils in Größentäuschungen.

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[144/0160] II. Die psychischen Gebilde. densten Richtungen des Raumes nahezu mit gleicher An- strengung erfolgen, so trifft dies doch nicht vollständig zu, und zwar augenscheinlich aus Gründen, die mit der Anpassung des Sehorgans an seine Leistungen auf das engste zusammen- hängen. Da wir die näheren Objecte des uns umgebenden Sehraumes, auf die wir die Blicklinien convergirend einstellen müssen, am häufigsten betrachten, so haben die Muskeln des Auges eine Anordnung gewonnen, bei welcher zunächst die Convergenzbewegungen der Blicklinien vorzugsweise er- leichtert, und bei welcher sodann unter den möglichen Con- vergenzbewegungen wieder die nach abwärts vor den nach aufwärts gerichteten bevorzugt sind. Die allgemeine Erleich- terung der Convergenzbewegungen wird dadurch erzielt, dass den das Auge nach auf- und nach abwärts drehenden Muskeln (dem oberen und unteren geraden Muskel) eigenthümliche Hülfs- und Compensationsmuskeln (der untere und der obere schiefe Muskel) beigegeben sind. In Folge der so entstehen- den größeren Complication der Muskelwirkungen ist dann nothwendig bei den Auf- und Abwärtsbewegungen der Augen die Bewegungsanstrengung größer als bei den bloß durch je zwei in der Horizontalebene gelegene Muskeln bewirkten Aus- und Einwärtsbewegungen. Diese relative Erleichterung der nach abwärts gekehrten Convergenzbewegungen findet aber theils in den oben (S. 143) erwähnten intensiven Ver- schiedenheiten der die Bewegungen begleitenden Empfindungen theils in der Erscheinung ihren Ausdruck, dass bei der Ab- wärtsbewegung beider Augen unwillkürlich verstärkte, bei der Aufwärtsbewegung derselben verminderte Convergenz eintritt. Diesen Abweichungen des Bewegungsmechanismus ent- sprechen nun gewisse constante von der Richtung im Sehfelde abhängige Täuschungen des Augen- maßes. Sie bestehen theils in Richtungstäuschungen theils in Größentäuschungen.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/160>, abgerufen am 21.11.2024.