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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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II. Die psychischen Gebilde.
Anders verhält es sich, wenn eine ganze Taktfolge ein
erstes Mal aus lauter schwachen und ein zweites Mal aus
lauter starken Eindrücken besteht. Um einen schwachen
Eindruck wahrzunehmen, müssen wir unsere Aufmerksam-
keit energischer auf ihn richten: dem entsprechend sind bei
der schwachen Taktfolge die Spannungsempfindungen und
die sie begleitenden Gefühle, wie man leicht beobachten
kann, intensiver als bei der starken Taktfolge. Auch hier
reflectirt sich also in der Verschiedenheit der zeitlichen Vor-
stellungen unmittelbar die verschiedene Intensität der sub-
jectiven Elemente, die ihre Grundlagen bilden. Darum hört
aber auch diese Wirkung auf und springt sogar in ihr Ge-
gentheil um, wenn es sich nicht um die Vergleichung
schwacher und starker, sondern starker und stärkster Takt-
schläge handelt.

9. Wie wir schon bei den rhythmischen Tastvorstellungen
geneigt sind mindestens zwei einander gleiche Perioden zu
einer regelmäßigen Taktfolge zu verbinden, so geschieht
dies auch, nur in viel ausgeprägterer Weise, bei den Ge-
hörsvorstellungen. Aber während bei den Tastbewegungen,
bei denen die die einzelnen Perioden begrenzenden Empfin-
dungen unter dem Einfluss des Willens stehen, diese Nei-
gung zu rhythmischer Taktbildung in dem wirklichen
Wechsel schwächerer und stärkerer Eindrücke sich aus-
spricht, kann sie beim Gehörssinn, wo die einzelnen Ein-
drücke nur von äußeren Bedingungen abhängen und daher
objectiv vollkommen gleich sein können, zu einer eigen-
thümlichen Täuschung führen. Diese besteht darin, dass
man von einer Reihe durch gleiche Zeitstrecken getrennter
vollkommen gleich starker Taktschläge immer einzelne, die
sich in regelmäßigen Abständen von einander befinden,
stärker hört als die andern. Der auf diese Weise bei un-
gezwungenem Hören am häufigsten sich einstellende Takt

II. Die psychischen Gebilde.
Anders verhält es sich, wenn eine ganze Taktfolge ein
erstes Mal aus lauter schwachen und ein zweites Mal aus
lauter starken Eindrücken besteht. Um einen schwachen
Eindruck wahrzunehmen, müssen wir unsere Aufmerksam-
keit energischer auf ihn richten: dem entsprechend sind bei
der schwachen Taktfolge die Spannungsempfindungen und
die sie begleitenden Gefühle, wie man leicht beobachten
kann, intensiver als bei der starken Taktfolge. Auch hier
reflectirt sich also in der Verschiedenheit der zeitlichen Vor-
stellungen unmittelbar die verschiedene Intensität der sub-
jectiven Elemente, die ihre Grundlagen bilden. Darum hört
aber auch diese Wirkung auf und springt sogar in ihr Ge-
gentheil um, wenn es sich nicht um die Vergleichung
schwacher und starker, sondern starker und stärkster Takt-
schläge handelt.

9. Wie wir schon bei den rhythmischen Tastvorstellungen
geneigt sind mindestens zwei einander gleiche Perioden zu
einer regelmäßigen Taktfolge zu verbinden, so geschieht
dies auch, nur in viel ausgeprägterer Weise, bei den Ge-
hörsvorstellungen. Aber während bei den Tastbewegungen,
bei denen die die einzelnen Perioden begrenzenden Empfin-
dungen unter dem Einfluss des Willens stehen, diese Nei-
gung zu rhythmischer Taktbildung in dem wirklichen
Wechsel schwächerer und stärkerer Eindrücke sich aus-
spricht, kann sie beim Gehörssinn, wo die einzelnen Ein-
drücke nur von äußeren Bedingungen abhängen und daher
objectiv vollkommen gleich sein können, zu einer eigen-
thümlichen Täuschung führen. Diese besteht darin, dass
man von einer Reihe durch gleiche Zeitstrecken getrennter
vollkommen gleich starker Taktschläge immer einzelne, die
sich in regelmäßigen Abständen von einander befinden,
stärker hört als die andern. Der auf diese Weise bei un-
gezwungenem Hören am häufigsten sich einstellende Takt

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[178/0194] II. Die psychischen Gebilde. Anders verhält es sich, wenn eine ganze Taktfolge ein erstes Mal aus lauter schwachen und ein zweites Mal aus lauter starken Eindrücken besteht. Um einen schwachen Eindruck wahrzunehmen, müssen wir unsere Aufmerksam- keit energischer auf ihn richten: dem entsprechend sind bei der schwachen Taktfolge die Spannungsempfindungen und die sie begleitenden Gefühle, wie man leicht beobachten kann, intensiver als bei der starken Taktfolge. Auch hier reflectirt sich also in der Verschiedenheit der zeitlichen Vor- stellungen unmittelbar die verschiedene Intensität der sub- jectiven Elemente, die ihre Grundlagen bilden. Darum hört aber auch diese Wirkung auf und springt sogar in ihr Ge- gentheil um, wenn es sich nicht um die Vergleichung schwacher und starker, sondern starker und stärkster Takt- schläge handelt. 9. Wie wir schon bei den rhythmischen Tastvorstellungen geneigt sind mindestens zwei einander gleiche Perioden zu einer regelmäßigen Taktfolge zu verbinden, so geschieht dies auch, nur in viel ausgeprägterer Weise, bei den Ge- hörsvorstellungen. Aber während bei den Tastbewegungen, bei denen die die einzelnen Perioden begrenzenden Empfin- dungen unter dem Einfluss des Willens stehen, diese Nei- gung zu rhythmischer Taktbildung in dem wirklichen Wechsel schwächerer und stärkerer Eindrücke sich aus- spricht, kann sie beim Gehörssinn, wo die einzelnen Ein- drücke nur von äußeren Bedingungen abhängen und daher objectiv vollkommen gleich sein können, zu einer eigen- thümlichen Täuschung führen. Diese besteht darin, dass man von einer Reihe durch gleiche Zeitstrecken getrennter vollkommen gleich starker Taktschläge immer einzelne, die sich in regelmäßigen Abständen von einander befinden, stärker hört als die andern. Der auf diese Weise bei un- gezwungenem Hören am häufigsten sich einstellende Takt

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/194>, abgerufen am 21.11.2024.