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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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II. Die psychischen Gebilde.
Ursachen zu Grunde liegen, am allerwenigsten in der Lage uns
selbst exact beobachten zu können. Viel besser gelingt dies,
wenn man sich willkürlich in eine bestimmte Affectstimmung
versetzt. Da man nun aber hierbei nicht zu ermessen vermag,
inwieweit der auf diese Weise subjectiv erzeugte Affect mit einem
aus objectiven Ursachen entstandenen gleicher Art in Intensität
und Verlaufsweise übereinstimmt, so dient hier die gleichzeitige
Untersuchung der physischen Wirkungen, namentlich der dem
Willenseinfluss am meisten entzogenen des Pulses und der Ath-
mung, als Controle. Denn bei gleicher psychologischer Qualität
der Affecte dürfen wir wohl aus den übereinstimmenden phy-
sischen Wirkungen auch auf eine Uebereinstimmung ihrer for-
malen Eigenschaften schließen.

8. Sowohl bei der natürlichen Entstehung wie bei der
künstlichen Erzeugung der Affecte besitzen die physischen
Begleiterscheinungen, abgesehen von ihrer symptomatischen
Bedeutung, noch die wichtige psychologische Eigenschaft
der Affectverstärkung. Sie beruht darauf, dass die er-
regende oder hemmende Innervation bestimmter Muskelge-
biete von inneren Tastempfindungen begleitet wird, an die
sinnliche Gefühle geknüpft sind, welche sich mit dem
sonstigen Gefühlsinhalt der Affecte verbinden und so diese
in ihrer Intensität steigern. Von der Herzbewegung und
Athmung sowie von der Gefäßinnervation gehen solche Ge-
fühle nur bei starken Affecten aus, wo sie dann freilich
um so intensiver werden können; dagegen sind schon bei
mäßigen Affecten die Zustände der vermehrten oder ver-
minderten Muskelspannung auf den Gefühlszustand und da-
durch auch auf den Affect von Einfluss.

9. Bei der großen Zahl von Factoren, die hiernach
für die Untersuchung der Affecte in Betracht kommen, ist
eine psychologische Analyse der einzelnen Formen derselben
um so weniger möglich, als jeder der zahlreichen unter-
scheidenden Namen immerhin auch hier nur eine Classe

II. Die psychischen Gebilde.
Ursachen zu Grunde liegen, am allerwenigsten in der Lage uns
selbst exact beobachten zu können. Viel besser gelingt dies,
wenn man sich willkürlich in eine bestimmte Affectstimmung
versetzt. Da man nun aber hierbei nicht zu ermessen vermag,
inwieweit der auf diese Weise subjectiv erzeugte Affect mit einem
aus objectiven Ursachen entstandenen gleicher Art in Intensität
und Verlaufsweise übereinstimmt, so dient hier die gleichzeitige
Untersuchung der physischen Wirkungen, namentlich der dem
Willenseinfluss am meisten entzogenen des Pulses und der Ath-
mung, als Controle. Denn bei gleicher psychologischer Qualität
der Affecte dürfen wir wohl aus den übereinstimmenden phy-
sischen Wirkungen auch auf eine Uebereinstimmung ihrer for-
malen Eigenschaften schließen.

8. Sowohl bei der natürlichen Entstehung wie bei der
künstlichen Erzeugung der Affecte besitzen die physischen
Begleiterscheinungen, abgesehen von ihrer symptomatischen
Bedeutung, noch die wichtige psychologische Eigenschaft
der Affectverstärkung. Sie beruht darauf, dass die er-
regende oder hemmende Innervation bestimmter Muskelge-
biete von inneren Tastempfindungen begleitet wird, an die
sinnliche Gefühle geknüpft sind, welche sich mit dem
sonstigen Gefühlsinhalt der Affecte verbinden und so diese
in ihrer Intensität steigern. Von der Herzbewegung und
Athmung sowie von der Gefäßinnervation gehen solche Ge-
fühle nur bei starken Affecten aus, wo sie dann freilich
um so intensiver werden können; dagegen sind schon bei
mäßigen Affecten die Zustände der vermehrten oder ver-
minderten Muskelspannung auf den Gefühlszustand und da-
durch auch auf den Affect von Einfluss.

9. Bei der großen Zahl von Factoren, die hiernach
für die Untersuchung der Affecte in Betracht kommen, ist
eine psychologische Analyse der einzelnen Formen derselben
um so weniger möglich, als jeder der zahlreichen unter-
scheidenden Namen immerhin auch hier nur eine Classe

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[208/0224] II. Die psychischen Gebilde. Ursachen zu Grunde liegen, am allerwenigsten in der Lage uns selbst exact beobachten zu können. Viel besser gelingt dies, wenn man sich willkürlich in eine bestimmte Affectstimmung versetzt. Da man nun aber hierbei nicht zu ermessen vermag, inwieweit der auf diese Weise subjectiv erzeugte Affect mit einem aus objectiven Ursachen entstandenen gleicher Art in Intensität und Verlaufsweise übereinstimmt, so dient hier die gleichzeitige Untersuchung der physischen Wirkungen, namentlich der dem Willenseinfluss am meisten entzogenen des Pulses und der Ath- mung, als Controle. Denn bei gleicher psychologischer Qualität der Affecte dürfen wir wohl aus den übereinstimmenden phy- sischen Wirkungen auch auf eine Uebereinstimmung ihrer for- malen Eigenschaften schließen. 8. Sowohl bei der natürlichen Entstehung wie bei der künstlichen Erzeugung der Affecte besitzen die physischen Begleiterscheinungen, abgesehen von ihrer symptomatischen Bedeutung, noch die wichtige psychologische Eigenschaft der Affectverstärkung. Sie beruht darauf, dass die er- regende oder hemmende Innervation bestimmter Muskelge- biete von inneren Tastempfindungen begleitet wird, an die sinnliche Gefühle geknüpft sind, welche sich mit dem sonstigen Gefühlsinhalt der Affecte verbinden und so diese in ihrer Intensität steigern. Von der Herzbewegung und Athmung sowie von der Gefäßinnervation gehen solche Ge- fühle nur bei starken Affecten aus, wo sie dann freilich um so intensiver werden können; dagegen sind schon bei mäßigen Affecten die Zustände der vermehrten oder ver- minderten Muskelspannung auf den Gefühlszustand und da- durch auch auf den Affect von Einfluss. 9. Bei der großen Zahl von Factoren, die hiernach für die Untersuchung der Affecte in Betracht kommen, ist eine psychologische Analyse der einzelnen Formen derselben um so weniger möglich, als jeder der zahlreichen unter- scheidenden Namen immerhin auch hier nur eine Classe

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/224>, abgerufen am 24.11.2024.