eine plötzliche Veränderung des Vorstellungs- und Gefühls- inhaltes über, die den Affect momentan zum Abschlusse bringt. Solche durch einen Affect vorbereitete und ihn plötzlich beendende Veränderungen der Vorstellungs- und Gefühlslage nennen wir Willenshandlungen. Der Affect selbst aber zusammen mit dieser aus ihm hervorgehenden Endwirkung ist ein Willensvorgang.
Der Willensvorgang schließt demnach in ähnlicher Weise an den Affect wie dieser an das Gefühl als ein Process höherer Stufe sich an; die Willenshandlung aber bezeichnet bloß einen bestimmten, und zwar den für die Unterschei- dung von dem Affect charakteristischen Theil dieses Pro- cesses. Vorbereitet wird die Entwicklung der Willensvor- gänge aus den Affecten durch jene Affecte, bei denen äußere pantomimische Bewegungen (S. 203) auftreten, die ebenfalls schon vorzugsweise dem Endstadium des Vorgangs angehören und meist die Lösung des Affectes beschleunigen: so be- sonders beim Zorn, aber auch bei der Freude, dem Kummer u. s. w. Doch fehlen dabei noch die Veränderungen im Vorstellungsverlauf, die beim Wollen die unmittelbaren Ur- sachen der momentanen Affectlösung bilden und dem ent- sprechend von charakteristischen Gefühlen begleitet sind.
Gemäß diesem nahen Zusammenhang der Willenshand- lungen mit den pantomimischen Affectwirkungen müssen nun auch in der Entwicklung der Willensvorgänge diejenigen, die mit bestimmten, aus dem vorausgehenden Vorstellungs- und Gefühlsverlauf hervorgehenden körperlichen Bewegungen, also mit äußeren Willenshandlungen endigen, als die ur- sprünglicheren angesehen werden, wogegen die bloß mit Vorstellungs- und Gefühlswirkungen oder so genannten inneren Willenshandlungen abschließenden Willensvorgänge überall erst als die Producte einer vollkommeneren intellec- tuellen Entwicklung erscheinen.
§ 14. Die Willensvorgänge.
eine plötzliche Veränderung des Vorstellungs- und Gefühls- inhaltes über, die den Affect momentan zum Abschlusse bringt. Solche durch einen Affect vorbereitete und ihn plötzlich beendende Veränderungen der Vorstellungs- und Gefühlslage nennen wir Willenshandlungen. Der Affect selbst aber zusammen mit dieser aus ihm hervorgehenden Endwirkung ist ein Willensvorgang.
Der Willensvorgang schließt demnach in ähnlicher Weise an den Affect wie dieser an das Gefühl als ein Process höherer Stufe sich an; die Willenshandlung aber bezeichnet bloß einen bestimmten, und zwar den für die Unterschei- dung von dem Affect charakteristischen Theil dieses Pro- cesses. Vorbereitet wird die Entwicklung der Willensvor- gänge aus den Affecten durch jene Affecte, bei denen äußere pantomimische Bewegungen (S. 203) auftreten, die ebenfalls schon vorzugsweise dem Endstadium des Vorgangs angehören und meist die Lösung des Affectes beschleunigen: so be- sonders beim Zorn, aber auch bei der Freude, dem Kummer u. s. w. Doch fehlen dabei noch die Veränderungen im Vorstellungsverlauf, die beim Wollen die unmittelbaren Ur- sachen der momentanen Affectlösung bilden und dem ent- sprechend von charakteristischen Gefühlen begleitet sind.
Gemäß diesem nahen Zusammenhang der Willenshand- lungen mit den pantomimischen Affectwirkungen müssen nun auch in der Entwicklung der Willensvorgänge diejenigen, die mit bestimmten, aus dem vorausgehenden Vorstellungs- und Gefühlsverlauf hervorgehenden körperlichen Bewegungen, also mit äußeren Willenshandlungen endigen, als die ur- sprünglicheren angesehen werden, wogegen die bloß mit Vorstellungs- und Gefühlswirkungen oder so genannten inneren Willenshandlungen abschließenden Willensvorgänge überall erst als die Producte einer vollkommeneren intellec- tuellen Entwicklung erscheinen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0231"n="215"/><fwplace="top"type="header">§ 14. Die Willensvorgänge.</fw><lb/>
eine <hirendition="#g">plötzliche</hi> Veränderung des Vorstellungs- und Gefühls-<lb/>
inhaltes über, die den Affect momentan zum Abschlusse<lb/>
bringt. Solche durch einen Affect vorbereitete und ihn<lb/>
plötzlich beendende Veränderungen der Vorstellungs- und<lb/>
Gefühlslage nennen wir <hirendition="#g">Willenshandlungen</hi>. Der Affect<lb/>
selbst aber zusammen mit dieser aus ihm hervorgehenden<lb/>
Endwirkung ist ein <hirendition="#g">Willensvorgang</hi>.</p><lb/><p>Der Willensvorgang schließt demnach in ähnlicher Weise<lb/>
an den Affect wie dieser an das Gefühl als ein Process<lb/>
höherer Stufe sich an; die Willenshandlung aber bezeichnet<lb/>
bloß einen bestimmten, und zwar den für die Unterschei-<lb/>
dung von dem Affect charakteristischen Theil dieses Pro-<lb/>
cesses. Vorbereitet wird die Entwicklung der Willensvor-<lb/>
gänge aus den Affecten durch jene Affecte, bei denen äußere<lb/>
pantomimische Bewegungen (S. 203) auftreten, die ebenfalls<lb/>
schon vorzugsweise dem Endstadium des Vorgangs angehören<lb/>
und meist die Lösung des Affectes beschleunigen: so be-<lb/>
sonders beim Zorn, aber auch bei der Freude, dem Kummer<lb/>
u. s. w. Doch fehlen dabei noch die Veränderungen im<lb/>
Vorstellungsverlauf, die beim Wollen die unmittelbaren Ur-<lb/>
sachen der momentanen Affectlösung bilden und dem ent-<lb/>
sprechend von charakteristischen Gefühlen begleitet sind.</p><lb/><p>Gemäß diesem nahen Zusammenhang der Willenshand-<lb/>
lungen mit den pantomimischen Affectwirkungen müssen nun<lb/>
auch in der Entwicklung der Willensvorgänge diejenigen, die<lb/>
mit bestimmten, aus dem vorausgehenden Vorstellungs- und<lb/>
Gefühlsverlauf hervorgehenden körperlichen Bewegungen,<lb/>
also mit <hirendition="#g">äußeren</hi> Willenshandlungen endigen, als die ur-<lb/>
sprünglicheren angesehen werden, wogegen die bloß mit<lb/>
Vorstellungs- und Gefühlswirkungen oder so genannten<lb/><hirendition="#g">inneren</hi> Willenshandlungen abschließenden Willensvorgänge<lb/>
überall erst als die Producte einer vollkommeneren intellec-<lb/>
tuellen Entwicklung erscheinen.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[215/0231]
§ 14. Die Willensvorgänge.
eine plötzliche Veränderung des Vorstellungs- und Gefühls-
inhaltes über, die den Affect momentan zum Abschlusse
bringt. Solche durch einen Affect vorbereitete und ihn
plötzlich beendende Veränderungen der Vorstellungs- und
Gefühlslage nennen wir Willenshandlungen. Der Affect
selbst aber zusammen mit dieser aus ihm hervorgehenden
Endwirkung ist ein Willensvorgang.
Der Willensvorgang schließt demnach in ähnlicher Weise
an den Affect wie dieser an das Gefühl als ein Process
höherer Stufe sich an; die Willenshandlung aber bezeichnet
bloß einen bestimmten, und zwar den für die Unterschei-
dung von dem Affect charakteristischen Theil dieses Pro-
cesses. Vorbereitet wird die Entwicklung der Willensvor-
gänge aus den Affecten durch jene Affecte, bei denen äußere
pantomimische Bewegungen (S. 203) auftreten, die ebenfalls
schon vorzugsweise dem Endstadium des Vorgangs angehören
und meist die Lösung des Affectes beschleunigen: so be-
sonders beim Zorn, aber auch bei der Freude, dem Kummer
u. s. w. Doch fehlen dabei noch die Veränderungen im
Vorstellungsverlauf, die beim Wollen die unmittelbaren Ur-
sachen der momentanen Affectlösung bilden und dem ent-
sprechend von charakteristischen Gefühlen begleitet sind.
Gemäß diesem nahen Zusammenhang der Willenshand-
lungen mit den pantomimischen Affectwirkungen müssen nun
auch in der Entwicklung der Willensvorgänge diejenigen, die
mit bestimmten, aus dem vorausgehenden Vorstellungs- und
Gefühlsverlauf hervorgehenden körperlichen Bewegungen,
also mit äußeren Willenshandlungen endigen, als die ur-
sprünglicheren angesehen werden, wogegen die bloß mit
Vorstellungs- und Gefühlswirkungen oder so genannten
inneren Willenshandlungen abschließenden Willensvorgänge
überall erst als die Producte einer vollkommeneren intellec-
tuellen Entwicklung erscheinen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/231>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.