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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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§ 14. Die Willensvorgänge.
theils, wie oben angedeutet, in verschiedener Weise abändern (sen-
sorielle und musculäre Reaction, Reaction mit und ohne voraus-
gehendes Signal), theils lassen sich in den Reactionsvorgang jene
verschiedenen psychischen Acte (Unterscheidungen, Erkennungen,
Associationen, Wahlvorgänge) einschalten, die einerseits als Motive
eines Willensvorganges, anderseits aber als Bestandtheile des
allgemeinen Zusammenhangs der psychischen Gebilde betrachtet
werden können. Der einfache Reactionsvorgang ist ein Process,
der neben dem Willensvorgang stets zugleich rein physiologische
Glieder (Leitung der sensibeln Erregung bis zum Gehirn, der
motorischen zum Muskel) in sich schließt. Schaltet man nun
aber, wie es freilich nur bei der Benutzung der sensoriellen
Reactionsform geschehen kann, weitere psychische Vorgänge
(Unterscheidungen, Erkennungen, Associationen, Wahlacte) ein,
so lassen sich, indem man von der Zeitdauer der so gewonnenen
zusammengesetzten Reactionen die Zeit einer einfachen Reaction
abzieht, die Zeitwerthe bestimmt definirbarer psychischer Vor-
gänge gewinnen. Man findet so die Zeiten der Erkennung und
der Unterscheidung relativ einfacher Eindrücke (Farben, Buch-
staben, kurze Wörter) = 0,03--0,05", die der Wahl zwischen
zwei Bewegungen (rechte und linke Hand) = 0,06", zwischen
10 Bewegungen (die 10 Finger) = 0,4" u. s. w. Dabei besteht
übrigens, wie schon oben angedeutet, der Werth dieser Zahlen
nicht sowohl in ihrer absoluten Größe als vielmehr darin, dass
sie Controlmittel der psychologischen Beobachtung sind, während
diese zugleich auf Vorgänge angewandt wird, die mit Hülfe der
experimentellen Methode genau vorgeschriebenen und darum be-
liebig zu wiederholenden Bedingungen unterworfen sind.



§ 14. Die Willensvorgänge.
theils, wie oben angedeutet, in verschiedener Weise abändern (sen-
sorielle und musculäre Reaction, Reaction mit und ohne voraus-
gehendes Signal), theils lassen sich in den Reactionsvorgang jene
verschiedenen psychischen Acte (Unterscheidungen, Erkennungen,
Associationen, Wahlvorgänge) einschalten, die einerseits als Motive
eines Willensvorganges, anderseits aber als Bestandtheile des
allgemeinen Zusammenhangs der psychischen Gebilde betrachtet
werden können. Der einfache Reactionsvorgang ist ein Process,
der neben dem Willensvorgang stets zugleich rein physiologische
Glieder (Leitung der sensibeln Erregung bis zum Gehirn, der
motorischen zum Muskel) in sich schließt. Schaltet man nun
aber, wie es freilich nur bei der Benutzung der sensoriellen
Reactionsform geschehen kann, weitere psychische Vorgänge
(Unterscheidungen, Erkennungen, Associationen, Wahlacte) ein,
so lassen sich, indem man von der Zeitdauer der so gewonnenen
zusammengesetzten Reactionen die Zeit einer einfachen Reaction
abzieht, die Zeitwerthe bestimmt definirbarer psychischer Vor-
gänge gewinnen. Man findet so die Zeiten der Erkennung und
der Unterscheidung relativ einfacher Eindrücke (Farben, Buch-
staben, kurze Wörter) = 0,03—0,05″, die der Wahl zwischen
zwei Bewegungen (rechte und linke Hand) = 0,06″, zwischen
10 Bewegungen (die 10 Finger) = 0,4″ u. s. w. Dabei besteht
übrigens, wie schon oben angedeutet, der Werth dieser Zahlen
nicht sowohl in ihrer absoluten Größe als vielmehr darin, dass
sie Controlmittel der psychologischen Beobachtung sind, während
diese zugleich auf Vorgänge angewandt wird, die mit Hülfe der
experimentellen Methode genau vorgeschriebenen und darum be-
liebig zu wiederholenden Bedingungen unterworfen sind.



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[237/0253] § 14. Die Willensvorgänge. theils, wie oben angedeutet, in verschiedener Weise abändern (sen- sorielle und musculäre Reaction, Reaction mit und ohne voraus- gehendes Signal), theils lassen sich in den Reactionsvorgang jene verschiedenen psychischen Acte (Unterscheidungen, Erkennungen, Associationen, Wahlvorgänge) einschalten, die einerseits als Motive eines Willensvorganges, anderseits aber als Bestandtheile des allgemeinen Zusammenhangs der psychischen Gebilde betrachtet werden können. Der einfache Reactionsvorgang ist ein Process, der neben dem Willensvorgang stets zugleich rein physiologische Glieder (Leitung der sensibeln Erregung bis zum Gehirn, der motorischen zum Muskel) in sich schließt. Schaltet man nun aber, wie es freilich nur bei der Benutzung der sensoriellen Reactionsform geschehen kann, weitere psychische Vorgänge (Unterscheidungen, Erkennungen, Associationen, Wahlacte) ein, so lassen sich, indem man von der Zeitdauer der so gewonnenen zusammengesetzten Reactionen die Zeit einer einfachen Reaction abzieht, die Zeitwerthe bestimmt definirbarer psychischer Vor- gänge gewinnen. Man findet so die Zeiten der Erkennung und der Unterscheidung relativ einfacher Eindrücke (Farben, Buch- staben, kurze Wörter) = 0,03—0,05″, die der Wahl zwischen zwei Bewegungen (rechte und linke Hand) = 0,06″, zwischen 10 Bewegungen (die 10 Finger) = 0,4″ u. s. w. Dabei besteht übrigens, wie schon oben angedeutet, der Werth dieser Zahlen nicht sowohl in ihrer absoluten Größe als vielmehr darin, dass sie Controlmittel der psychologischen Beobachtung sind, während diese zugleich auf Vorgänge angewandt wird, die mit Hülfe der experimentellen Methode genau vorgeschriebenen und darum be- liebig zu wiederholenden Bedingungen unterworfen sind.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/253>, abgerufen am 22.11.2024.