nächst die Wellenbewegung der Flüssigheiten für sich in's Auge fas- sen und dann die Erfolge betrachten, die eintreten, wenn die Wellen- bewegung mit der geradlinigen Fortbewegung zusammenwirkt.
In einer vollkommen ruhenden Flüssigkeit mit freier Oberfläche entsteht jedesmal eine Wellenbewegung, wenn das Gleichgewicht an irgend einer Stelle dieser Oberfläche momentan gestört wird, sei es dadurch, dass man plötzlich einen Körper in die Flüssigkeit taucht oder neue Flüssigkeit zufliessen lässt, sei es dadurch, dass man einen Theil der Flüssigkeit entfernt. Wenn man z. B. einen Stein in's Was- ser wirft oder auf einen ruhenden Wasserspiegel einen Tropfen fallen lässt, so geht von der Stelle, deren Gleichgewicht auf diese Weise gestört wurde, eine kreisförmig fortschreitende Welle aus, die immer schwächer wird und endlich erlischt. Zuerst erhebt sich die um die gestörte Stelle zunächst liegende Flüssigkeit zu einem Wellenberg; während dieser in ein Wellenthal übergeht, erhebt sich die ihn un- mittelbar umgebende Flüssigkeit zu einem Berg, u. s. f. Ist dagegen die Gleichgewichtsstörung dadurch zu Stande gekommen, dass man (z. B. mittelst einer Röhre, an der man saugt) eine kleine Quantität Flüssigkeit entfernt hat, so sinkt zunächst die um die gestörte Stelle liegende Flüssigkeit unter ihr bisheriges Niveau, sie bildet also ein Wellenthal, während sie dann höher als zuvor sich erhebt, in einen Wellenberg übergeht, sinkt die sie umgebende Flüssigkeit unter das Niveau und bildet ein Wellenthal, u. s. f. In beiden Fällen geschieht demnach die Fortpflanzung in entgegengesetzter Weise: im ersten Fall breitet ein Wellenberg sich aus, dem das Wellenthal erst nach- folgt, im zweiten Fall breitet ein Wellenthal sich aus, dem der Wel- lenberg nachfolgt. Man nennt, der früher (in §. 30 und 35) eingeführ- ten Bezeichnung entsprechend, jene Fortpflanzung des Wellenbergs eine positive Welle, diese Fortpflanzung des Wellenthals dagegen eine negative Welle. Mit der ersten kreisförmigen Ausbreitung der Welle ist die ganze Wellenbewegung gewöhnlich noch nicht zu Ende. Ist eine positive Welle erregt worden, so kehrt der um die gestörte Stelle liegende Theil der Flüssigkeit nicht unmittelbar, nach- dem er eine Welle gebildet hat, wieder zur Ruhe zurück, sondern er erhebt sich vermöge der erlangten Geschwindigkeit noch einmal zu einem Wellenberg, dem ein zweites Wellenthal folgt, u. s. f. Diese folgenden Wellen breiten ähnlich wie die erste sich aus, aber sie werden immer schwächer, bis endlich die Wellenbewegung gänzlich erlischt. Aehnliche Nachschwingungen folgen auch auf eine negative Welle, hier folgt nach Ablauf der ersten Welle zunächst ein zweites Wellenthal, u. s. f.
Die Ursache dieser Wellenbewegungen ergibt sich aus den früher erörterten Gesetzen des Aggregatzustandes der Flüssigkeiten. Wenn
Von der Wellenbewegung der Flüssigkeiten.
nächst die Wellenbewegung der Flüssigheiten für sich in’s Auge fas- sen und dann die Erfolge betrachten, die eintreten, wenn die Wellen- bewegung mit der geradlinigen Fortbewegung zusammenwirkt.
In einer vollkommen ruhenden Flüssigkeit mit freier Oberfläche entsteht jedesmal eine Wellenbewegung, wenn das Gleichgewicht an irgend einer Stelle dieser Oberfläche momentan gestört wird, sei es dadurch, dass man plötzlich einen Körper in die Flüssigkeit taucht oder neue Flüssigkeit zufliessen lässt, sei es dadurch, dass man einen Theil der Flüssigkeit entfernt. Wenn man z. B. einen Stein in’s Was- ser wirft oder auf einen ruhenden Wasserspiegel einen Tropfen fallen lässt, so geht von der Stelle, deren Gleichgewicht auf diese Weise gestört wurde, eine kreisförmig fortschreitende Welle aus, die immer schwächer wird und endlich erlischt. Zuerst erhebt sich die um die gestörte Stelle zunächst liegende Flüssigkeit zu einem Wellenberg; während dieser in ein Wellenthal übergeht, erhebt sich die ihn un- mittelbar umgebende Flüssigkeit zu einem Berg, u. s. f. Ist dagegen die Gleichgewichtsstörung dadurch zu Stande gekommen, dass man (z. B. mittelst einer Röhre, an der man saugt) eine kleine Quantität Flüssigkeit entfernt hat, so sinkt zunächst die um die gestörte Stelle liegende Flüssigkeit unter ihr bisheriges Niveau, sie bildet also ein Wellenthal, während sie dann höher als zuvor sich erhebt, in einen Wellenberg übergeht, sinkt die sie umgebende Flüssigkeit unter das Niveau und bildet ein Wellenthal, u. s. f. In beiden Fällen geschieht demnach die Fortpflanzung in entgegengesetzter Weise: im ersten Fall breitet ein Wellenberg sich aus, dem das Wellenthal erst nach- folgt, im zweiten Fall breitet ein Wellenthal sich aus, dem der Wel- lenberg nachfolgt. Man nennt, der früher (in §. 30 und 35) eingeführ- ten Bezeichnung entsprechend, jene Fortpflanzung des Wellenbergs eine positive Welle, diese Fortpflanzung des Wellenthals dagegen eine negative Welle. Mit der ersten kreisförmigen Ausbreitung der Welle ist die ganze Wellenbewegung gewöhnlich noch nicht zu Ende. Ist eine positive Welle erregt worden, so kehrt der um die gestörte Stelle liegende Theil der Flüssigkeit nicht unmittelbar, nach- dem er eine Welle gebildet hat, wieder zur Ruhe zurück, sondern er erhebt sich vermöge der erlangten Geschwindigkeit noch einmal zu einem Wellenberg, dem ein zweites Wellenthal folgt, u. s. f. Diese folgenden Wellen breiten ähnlich wie die erste sich aus, aber sie werden immer schwächer, bis endlich die Wellenbewegung gänzlich erlischt. Aehnliche Nachschwingungen folgen auch auf eine negative Welle, hier folgt nach Ablauf der ersten Welle zunächst ein zweites Wellenthal, u. s. f.
Die Ursache dieser Wellenbewegungen ergibt sich aus den früher erörterten Gesetzen des Aggregatzustandes der Flüssigkeiten. Wenn
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[121/0143]
Von der Wellenbewegung der Flüssigkeiten.
nächst die Wellenbewegung der Flüssigheiten für sich in’s Auge fas-
sen und dann die Erfolge betrachten, die eintreten, wenn die Wellen-
bewegung mit der geradlinigen Fortbewegung zusammenwirkt.
In einer vollkommen ruhenden Flüssigkeit mit freier Oberfläche
entsteht jedesmal eine Wellenbewegung, wenn das Gleichgewicht
an irgend einer Stelle dieser Oberfläche momentan gestört wird, sei
es dadurch, dass man plötzlich einen Körper in die Flüssigkeit taucht
oder neue Flüssigkeit zufliessen lässt, sei es dadurch, dass man einen
Theil der Flüssigkeit entfernt. Wenn man z. B. einen Stein in’s Was-
ser wirft oder auf einen ruhenden Wasserspiegel einen Tropfen fallen
lässt, so geht von der Stelle, deren Gleichgewicht auf diese Weise
gestört wurde, eine kreisförmig fortschreitende Welle aus, die immer
schwächer wird und endlich erlischt. Zuerst erhebt sich die um die
gestörte Stelle zunächst liegende Flüssigkeit zu einem Wellenberg;
während dieser in ein Wellenthal übergeht, erhebt sich die ihn un-
mittelbar umgebende Flüssigkeit zu einem Berg, u. s. f. Ist dagegen
die Gleichgewichtsstörung dadurch zu Stande gekommen, dass man
(z. B. mittelst einer Röhre, an der man saugt) eine kleine Quantität
Flüssigkeit entfernt hat, so sinkt zunächst die um die gestörte Stelle
liegende Flüssigkeit unter ihr bisheriges Niveau, sie bildet also ein
Wellenthal, während sie dann höher als zuvor sich erhebt, in einen
Wellenberg übergeht, sinkt die sie umgebende Flüssigkeit unter das
Niveau und bildet ein Wellenthal, u. s. f. In beiden Fällen geschieht
demnach die Fortpflanzung in entgegengesetzter Weise: im ersten
Fall breitet ein Wellenberg sich aus, dem das Wellenthal erst nach-
folgt, im zweiten Fall breitet ein Wellenthal sich aus, dem der Wel-
lenberg nachfolgt. Man nennt, der früher (in §. 30 und 35) eingeführ-
ten Bezeichnung entsprechend, jene Fortpflanzung des Wellenbergs
eine positive Welle, diese Fortpflanzung des Wellenthals dagegen
eine negative Welle. Mit der ersten kreisförmigen Ausbreitung
der Welle ist die ganze Wellenbewegung gewöhnlich noch nicht zu
Ende. Ist eine positive Welle erregt worden, so kehrt der um die
gestörte Stelle liegende Theil der Flüssigkeit nicht unmittelbar, nach-
dem er eine Welle gebildet hat, wieder zur Ruhe zurück, sondern er
erhebt sich vermöge der erlangten Geschwindigkeit noch einmal zu
einem Wellenberg, dem ein zweites Wellenthal folgt, u. s. f. Diese
folgenden Wellen breiten ähnlich wie die erste sich aus, aber sie
werden immer schwächer, bis endlich die Wellenbewegung gänzlich
erlischt. Aehnliche Nachschwingungen folgen auch auf eine negative
Welle, hier folgt nach Ablauf der ersten Welle zunächst ein zweites
Wellenthal, u. s. f.
Die Ursache dieser Wellenbewegungen ergibt sich aus den früher
erörterten Gesetzen des Aggregatzustandes der Flüssigkeiten. Wenn
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/143>, abgerufen am 04.12.2024.
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