Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.Von der Schwere. wir einen Körper in eine Flüssigkeit werfen, so bildet derselbe durchdie lebendige Kraft seines Falls eine Vertiefung, und die von ihm verdrängte Flüssigkeit muss sich wie ein Wall um diese Vertiefung erheben. Da aber die Flüssigkeit nur bei vollkommen horizontalem Niveau im Gleichgewicht ist, so muss jener emporgetriebene Wall vermöge seiner Schwere wieder herabfallen. Dabei erlangt er nun eine gewisse lebendige Kraft, so dass er unter das Niveau sinkt. In Folge dessen wirkt er auf die ihn umgebende Flüssigkeit gerade so wie der hineingeworfene Körper auf ihn selbst wirkte, und so muss, allmälig schwächer werdend, die Welle kreisförmig sich fortpflanzen. Völlig ähnlich verhält es sich mit der negativen Welle, nur ist bei ihr die Aufeinanderfolge der Gleichgewichtsstörungen die umgekehrte. 86 Bahn der Flüs- sigkeitstheil- chen bei der Wellenbewe- gung. Die Bahn, welche die einzelnen Flüssigkeitstheilchen bei der [Abbildung]
Fig. 50. gung anzeigt. Geht dann der Wellenberg in das Wellenthal über, sowird jedes Theilchen zuerst nach rückwärts und abwärts und dann nach rückwärts und aufwärts bewegt, während der Dauer des Wellen- thals wird also die Bahn durch B dargestellt. Combiniren wir beide Bewegungen, so erhalten wir C, die Bahn eines Theilchens während der Dauer einer ganzen Welle. Dabei ist vorausgesetzt, dass der Wellenberg ebenso hoch ist als das Wellenthal tief ist. Man sieht, dass in diesem Fall ein einzelnes Flüssigkeitstheilchen nach Beendigung der Wellenbewegung sich wieder am selben Ort befindet, den es im Anfang einnahm. Die Welle ist nur eine fortschreitende Form, sie besteht nicht in einer Vorwärtsbewegung der Flüssigkeit. Leicht lässt das Fortschreiten der ganzen Wellenform aus der Bewegung jedes einzelnen Theilchens sich ableiten. Wir wollen vorerst der Ein- fachheit wegen die Bahn der Flüssigkeitstheilchen als kreisförmig voraussetzen. Betrachten wir nun alle Flüssigkeitstheilchen, welche die Oberfläche der Welle A (in Fig. 51) bilden, so wird jedes der- Von der Schwere. wir einen Körper in eine Flüssigkeit werfen, so bildet derselbe durchdie lebendige Kraft seines Falls eine Vertiefung, und die von ihm verdrängte Flüssigkeit muss sich wie ein Wall um diese Vertiefung erheben. Da aber die Flüssigkeit nur bei vollkommen horizontalem Niveau im Gleichgewicht ist, so muss jener emporgetriebene Wall vermöge seiner Schwere wieder herabfallen. Dabei erlangt er nun eine gewisse lebendige Kraft, so dass er unter das Niveau sinkt. In Folge dessen wirkt er auf die ihn umgebende Flüssigkeit gerade so wie der hineingeworfene Körper auf ihn selbst wirkte, und so muss, allmälig schwächer werdend, die Welle kreisförmig sich fortpflanzen. Völlig ähnlich verhält es sich mit der negativen Welle, nur ist bei ihr die Aufeinanderfolge der Gleichgewichtsstörungen die umgekehrte. 86 Bahn der Flüs- sigkeitstheil- chen bei der Wellenbewe- gung. Die Bahn, welche die einzelnen Flüssigkeitstheilchen bei der [Abbildung]
Fig. 50. gung anzeigt. Geht dann der Wellenberg in das Wellenthal über, sowird jedes Theilchen zuerst nach rückwärts und abwärts und dann nach rückwärts und aufwärts bewegt, während der Dauer des Wellen- thals wird also die Bahn durch B dargestellt. Combiniren wir beide Bewegungen, so erhalten wir C, die Bahn eines Theilchens während der Dauer einer ganzen Welle. Dabei ist vorausgesetzt, dass der Wellenberg ebenso hoch ist als das Wellenthal tief ist. Man sieht, dass in diesem Fall ein einzelnes Flüssigkeitstheilchen nach Beendigung der Wellenbewegung sich wieder am selben Ort befindet, den es im Anfang einnahm. Die Welle ist nur eine fortschreitende Form, sie besteht nicht in einer Vorwärtsbewegung der Flüssigkeit. Leicht lässt das Fortschreiten der ganzen Wellenform aus der Bewegung jedes einzelnen Theilchens sich ableiten. Wir wollen vorerst der Ein- fachheit wegen die Bahn der Flüssigkeitstheilchen als kreisförmig voraussetzen. Betrachten wir nun alle Flüssigkeitstheilchen, welche die Oberfläche der Welle A (in Fig. 51) bilden, so wird jedes der- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0144" n="122"/><fw place="top" type="header">Von der Schwere.</fw><lb/> wir einen Körper in eine Flüssigkeit werfen, so bildet derselbe durch<lb/> die lebendige Kraft seines Falls eine Vertiefung, und die von ihm<lb/> verdrängte Flüssigkeit muss sich wie ein Wall um diese Vertiefung<lb/> erheben. Da aber die Flüssigkeit nur bei vollkommen horizontalem<lb/> Niveau im Gleichgewicht ist, so muss jener emporgetriebene Wall<lb/> vermöge seiner Schwere wieder herabfallen. Dabei erlangt er nun<lb/> eine gewisse lebendige Kraft, so dass er unter das Niveau sinkt. In<lb/> Folge dessen wirkt er auf die ihn umgebende Flüssigkeit gerade so<lb/> wie der hineingeworfene Körper auf ihn selbst wirkte, und so muss,<lb/> allmälig schwächer werdend, die Welle kreisförmig sich fortpflanzen.<lb/> Völlig ähnlich verhält es sich mit der negativen Welle, nur ist bei ihr<lb/> die Aufeinanderfolge der Gleichgewichtsstörungen die umgekehrte.</p><lb/> <note place="left">86<lb/> Bahn der Flüs-<lb/> sigkeitstheil-<lb/> chen bei der<lb/> Wellenbewe-<lb/> gung.</note> <p>Die Bahn, welche die einzelnen Flüssigkeitstheilchen bei der<lb/> Wellenbewegung beschreiben, ergibt sich aus einer sehr einfachen Be-<lb/> trachtung. Offenbar wird nämlich ein Flüssigkeitstheilchen in jedem<lb/> Augenblick in demjenigen Sinn bewegt, in welchem sich die Welle<lb/> bewegt, an der es Theil nimmt. Wenn also ein Wellenberg entsteht,<lb/> so wird ein an der Stelle desselben befindliches Theilchen vorwärts<lb/> und aufwärts gedrängt, sinkt der Berg wieder, so muss sich das<lb/> Theilchen vorwärts und abwärts bewegen. Die während der Dauer<lb/> des Wellenbergs beschriebene Bahn eines Theilchens wird also durch<lb/> A (Fig. 50) dargestellt, wobei die Pfeilspitze die Richtung der Bewe-<lb/><figure><head>Fig. 50.</head></figure><lb/> gung anzeigt. Geht dann der Wellenberg in das Wellenthal über, so<lb/> wird jedes Theilchen zuerst nach rückwärts und abwärts und dann<lb/> nach rückwärts und aufwärts bewegt, während der Dauer des Wellen-<lb/> thals wird also die Bahn durch B dargestellt. Combiniren wir beide<lb/> Bewegungen, so erhalten wir C, die Bahn eines Theilchens während<lb/> der Dauer einer ganzen Welle. Dabei ist vorausgesetzt, dass der<lb/> Wellenberg ebenso hoch ist als das Wellenthal tief ist. Man sieht,<lb/> dass in diesem Fall ein einzelnes Flüssigkeitstheilchen nach Beendigung<lb/> der Wellenbewegung sich wieder am selben Ort befindet, den es im<lb/> Anfang einnahm. Die Welle ist nur eine <hi rendition="#g">fortschreitende Form</hi>,<lb/> sie besteht nicht in einer Vorwärtsbewegung der Flüssigkeit. Leicht<lb/> lässt das Fortschreiten der ganzen Wellenform aus der Bewegung<lb/> jedes einzelnen Theilchens sich ableiten. Wir wollen vorerst der Ein-<lb/> fachheit wegen die Bahn der Flüssigkeitstheilchen als kreisförmig<lb/> voraussetzen. Betrachten wir nun alle Flüssigkeitstheilchen, welche<lb/> die Oberfläche der Welle A (in Fig. 51) bilden, so wird jedes der-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0144]
Von der Schwere.
wir einen Körper in eine Flüssigkeit werfen, so bildet derselbe durch
die lebendige Kraft seines Falls eine Vertiefung, und die von ihm
verdrängte Flüssigkeit muss sich wie ein Wall um diese Vertiefung
erheben. Da aber die Flüssigkeit nur bei vollkommen horizontalem
Niveau im Gleichgewicht ist, so muss jener emporgetriebene Wall
vermöge seiner Schwere wieder herabfallen. Dabei erlangt er nun
eine gewisse lebendige Kraft, so dass er unter das Niveau sinkt. In
Folge dessen wirkt er auf die ihn umgebende Flüssigkeit gerade so
wie der hineingeworfene Körper auf ihn selbst wirkte, und so muss,
allmälig schwächer werdend, die Welle kreisförmig sich fortpflanzen.
Völlig ähnlich verhält es sich mit der negativen Welle, nur ist bei ihr
die Aufeinanderfolge der Gleichgewichtsstörungen die umgekehrte.
Die Bahn, welche die einzelnen Flüssigkeitstheilchen bei der
Wellenbewegung beschreiben, ergibt sich aus einer sehr einfachen Be-
trachtung. Offenbar wird nämlich ein Flüssigkeitstheilchen in jedem
Augenblick in demjenigen Sinn bewegt, in welchem sich die Welle
bewegt, an der es Theil nimmt. Wenn also ein Wellenberg entsteht,
so wird ein an der Stelle desselben befindliches Theilchen vorwärts
und aufwärts gedrängt, sinkt der Berg wieder, so muss sich das
Theilchen vorwärts und abwärts bewegen. Die während der Dauer
des Wellenbergs beschriebene Bahn eines Theilchens wird also durch
A (Fig. 50) dargestellt, wobei die Pfeilspitze die Richtung der Bewe-
[Abbildung Fig. 50.]
gung anzeigt. Geht dann der Wellenberg in das Wellenthal über, so
wird jedes Theilchen zuerst nach rückwärts und abwärts und dann
nach rückwärts und aufwärts bewegt, während der Dauer des Wellen-
thals wird also die Bahn durch B dargestellt. Combiniren wir beide
Bewegungen, so erhalten wir C, die Bahn eines Theilchens während
der Dauer einer ganzen Welle. Dabei ist vorausgesetzt, dass der
Wellenberg ebenso hoch ist als das Wellenthal tief ist. Man sieht,
dass in diesem Fall ein einzelnes Flüssigkeitstheilchen nach Beendigung
der Wellenbewegung sich wieder am selben Ort befindet, den es im
Anfang einnahm. Die Welle ist nur eine fortschreitende Form,
sie besteht nicht in einer Vorwärtsbewegung der Flüssigkeit. Leicht
lässt das Fortschreiten der ganzen Wellenform aus der Bewegung
jedes einzelnen Theilchens sich ableiten. Wir wollen vorerst der Ein-
fachheit wegen die Bahn der Flüssigkeitstheilchen als kreisförmig
voraussetzen. Betrachten wir nun alle Flüssigkeitstheilchen, welche
die Oberfläche der Welle A (in Fig. 51) bilden, so wird jedes der-
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