selnde Zu- und Abnahme der Excursionen die Schwebungen objectiv wahrnehmen. Es wird also die Empfindung der Schwebungen oder der Dissonanz vorhanden sein, sobald die zusammenklingenden Töne gleichzeitig sich auf die nämlichen mitschwingenden Theile im Gehör- organ übertragen, so dass eine Superposition der Schwingungen ent- steht, in Folge deren die Schwingungsexcursion jener Theile abwech- selnd zu- und abnimmt. Folgen nun diese Zu- und Abnahmen sich nicht allzu rasch, so empfinden wir sie. Hieraus erklärt sich, dass die Dissonanz abnimmt erstens mit der Grösse des Intervalls und zweitens bei gleichbleibendem Intervall mit der Tonhöhe.
Wenn Töne von verschiedener Schwingungszahl zusammentreffen,117 Combinations- töne. so kommt es vor, dass dieselben sich nicht einfach abwechselnd ver- stärken und schwächen und dadurch Schwebungen verursachen, son- dern, wenn zwei Töne von nicht zu kleiner Schwingungsdauer ange- geben werden, so können combinirte Schwingungsbewegungen der Luft entstehen, die neue Töne hervorrufen, welche man, weil sie das Zusammentreffen mehrerer Töne voraussetzen, als Combinations- töne bezeichnet. Erklingen zwei Töne von einem bestimmten Un- terschied der Schwingungszahl neben einander, so wird bei jedem Zusammentreffen zweier Wellenberge die Luft eine kräftigere Excur- sion nach der einen Richtung, bei jedem Zusammentreffen zweier Wellenthäler eine kräftige Excursion nach der entgegengesetzten Rich- tung erhalten. Diese stärkeren Excursionen werden, indem sie regel- mässig auf einander folgen, die Luft für sich in pendelartige Schwin- gungen versetzen, und es muss so ein neuer Ton entstehen, dessen Schwingungszahl gleich dem Unterschied der Schwingungszahlen beider neben einander erklingender Töne ist. Man bezeichnet daher diese Combinationstöne auch als Differenztöne. Verhalten sich z. B. die Schwingungszahlen beider Töne wie 2 : 3 (Quinte) oder wie 3 : 4 (Quarte), so hat der Differenzton das Schwingungsverhältniss 1, d. h. im ersten Fall ist der Combinationston um eine Octave, im zweiten Fall um eine Duodecime tiefer als der tiefste der zusammenklingen- den Töne. Die Differenztöne sind also immer tiefer als die primären Töne.
Neben den Differenztönen giebt es noch eine zweite Art von Combinationstönen. Diese, die übrigens eine weit geringere Tonstärke besitzen, entstehen dadurch, dass bei grösseren Schallwellen von ver- schiedener Länge die der einen und der andern Welle zugehörenden Berge und Thäler gesonderte Impulse verursachen, durch welche die Luft in neue pendelartige Schwingungen geräth, deren Zahl dann der Summe der Schwingungszahlen beider erzeugenden Wellen gleich- kommt. Man bezeichnet daher diese Töne als Summationstöne.
Hat man zusammengesetzte Klänge, so können nicht bloss die
Von den Tönen und musikalischen Klängen.
selnde Zu- und Abnahme der Excursionen die Schwebungen objectiv wahrnehmen. Es wird also die Empfindung der Schwebungen oder der Dissonanz vorhanden sein, sobald die zusammenklingenden Töne gleichzeitig sich auf die nämlichen mitschwingenden Theile im Gehör- organ übertragen, so dass eine Superposition der Schwingungen ent- steht, in Folge deren die Schwingungsexcursion jener Theile abwech- selnd zu- und abnimmt. Folgen nun diese Zu- und Abnahmen sich nicht allzu rasch, so empfinden wir sie. Hieraus erklärt sich, dass die Dissonanz abnimmt erstens mit der Grösse des Intervalls und zweitens bei gleichbleibendem Intervall mit der Tonhöhe.
Wenn Töne von verschiedener Schwingungszahl zusammentreffen,117 Combinations- töne. so kommt es vor, dass dieselben sich nicht einfach abwechselnd ver- stärken und schwächen und dadurch Schwebungen verursachen, son- dern, wenn zwei Töne von nicht zu kleiner Schwingungsdauer ange- geben werden, so können combinirte Schwingungsbewegungen der Luft entstehen, die neue Töne hervorrufen, welche man, weil sie das Zusammentreffen mehrerer Töne voraussetzen, als Combinations- töne bezeichnet. Erklingen zwei Töne von einem bestimmten Un- terschied der Schwingungszahl neben einander, so wird bei jedem Zusammentreffen zweier Wellenberge die Luft eine kräftigere Excur- sion nach der einen Richtung, bei jedem Zusammentreffen zweier Wellenthäler eine kräftige Excursion nach der entgegengesetzten Rich- tung erhalten. Diese stärkeren Excursionen werden, indem sie regel- mässig auf einander folgen, die Luft für sich in pendelartige Schwin- gungen versetzen, und es muss so ein neuer Ton entstehen, dessen Schwingungszahl gleich dem Unterschied der Schwingungszahlen beider neben einander erklingender Töne ist. Man bezeichnet daher diese Combinationstöne auch als Differenztöne. Verhalten sich z. B. die Schwingungszahlen beider Töne wie 2 : 3 (Quinte) oder wie 3 : 4 (Quarte), so hat der Differenzton das Schwingungsverhältniss 1, d. h. im ersten Fall ist der Combinationston um eine Octave, im zweiten Fall um eine Duodecime tiefer als der tiefste der zusammenklingen- den Töne. Die Differenztöne sind also immer tiefer als die primären Töne.
Neben den Differenztönen giebt es noch eine zweite Art von Combinationstönen. Diese, die übrigens eine weit geringere Tonstärke besitzen, entstehen dadurch, dass bei grösseren Schallwellen von ver- schiedener Länge die der einen und der andern Welle zugehörenden Berge und Thäler gesonderte Impulse verursachen, durch welche die Luft in neue pendelartige Schwingungen geräth, deren Zahl dann der Summe der Schwingungszahlen beider erzeugenden Wellen gleich- kommt. Man bezeichnet daher diese Töne als Summationstöne.
Hat man zusammengesetzte Klänge, so können nicht bloss die
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Von den Tönen und musikalischen Klängen.
selnde Zu- und Abnahme der Excursionen die Schwebungen objectiv
wahrnehmen. Es wird also die Empfindung der Schwebungen oder
der Dissonanz vorhanden sein, sobald die zusammenklingenden Töne
gleichzeitig sich auf die nämlichen mitschwingenden Theile im Gehör-
organ übertragen, so dass eine Superposition der Schwingungen ent-
steht, in Folge deren die Schwingungsexcursion jener Theile abwech-
selnd zu- und abnimmt. Folgen nun diese Zu- und Abnahmen sich
nicht allzu rasch, so empfinden wir sie. Hieraus erklärt sich, dass
die Dissonanz abnimmt erstens mit der Grösse des Intervalls und
zweitens bei gleichbleibendem Intervall mit der Tonhöhe.
Wenn Töne von verschiedener Schwingungszahl zusammentreffen,
so kommt es vor, dass dieselben sich nicht einfach abwechselnd ver-
stärken und schwächen und dadurch Schwebungen verursachen, son-
dern, wenn zwei Töne von nicht zu kleiner Schwingungsdauer ange-
geben werden, so können combinirte Schwingungsbewegungen der
Luft entstehen, die neue Töne hervorrufen, welche man, weil sie das
Zusammentreffen mehrerer Töne voraussetzen, als Combinations-
töne bezeichnet. Erklingen zwei Töne von einem bestimmten Un-
terschied der Schwingungszahl neben einander, so wird bei jedem
Zusammentreffen zweier Wellenberge die Luft eine kräftigere Excur-
sion nach der einen Richtung, bei jedem Zusammentreffen zweier
Wellenthäler eine kräftige Excursion nach der entgegengesetzten Rich-
tung erhalten. Diese stärkeren Excursionen werden, indem sie regel-
mässig auf einander folgen, die Luft für sich in pendelartige Schwin-
gungen versetzen, und es muss so ein neuer Ton entstehen, dessen
Schwingungszahl gleich dem Unterschied der Schwingungszahlen beider
neben einander erklingender Töne ist. Man bezeichnet daher diese
Combinationstöne auch als Differenztöne. Verhalten sich z. B. die
Schwingungszahlen beider Töne wie 2 : 3 (Quinte) oder wie 3 : 4
(Quarte), so hat der Differenzton das Schwingungsverhältniss 1, d. h.
im ersten Fall ist der Combinationston um eine Octave, im zweiten
Fall um eine Duodecime tiefer als der tiefste der zusammenklingen-
den Töne. Die Differenztöne sind also immer tiefer als die primären
Töne.
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töne.
Neben den Differenztönen giebt es noch eine zweite Art von
Combinationstönen. Diese, die übrigens eine weit geringere Tonstärke
besitzen, entstehen dadurch, dass bei grösseren Schallwellen von ver-
schiedener Länge die der einen und der andern Welle zugehörenden
Berge und Thäler gesonderte Impulse verursachen, durch welche die
Luft in neue pendelartige Schwingungen geräth, deren Zahl dann der
Summe der Schwingungszahlen beider erzeugenden Wellen gleich-
kommt. Man bezeichnet daher diese Töne als Summationstöne.
Hat man zusammengesetzte Klänge, so können nicht bloss die
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/197>, abgerufen am 04.12.2024.
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