und so ist überhaupt die ganze Ebene H" ein Bild von H' und ebenso H' ein Bild von H". Man nennt die in h' und h" senkrecht zur Axe x y errichteten Ebenen die Hauptebenen, H' die vordere, H" die hintere Hauptebene, und die Punkte h' und h" nennt man, insofern sie die Punkte dieser Hauptebenen sind, welche der optischen Axe zugehören, die beiden Hauptpunkte, h' den vordern, h" den hintern Hauptpunkt. Wir werden sehen, dass die doppelte Be- zeichnung dieser Punkte als Knotenpunkte und als Hauptpunkte darin ihre Berechtigung findet, dass bei zusammengesetzteren optischen Sy- stemen die Knotenpunkte mit den Hauptpunkten nicht zusammen- fallen.
Bei der Brechung an einer einzigen kugelförmigen Fläche existirt offenbar nur ein einziger Hauptpunkt, der in diesem Fall mit dem Scheitelpunkt der Fläche zusammen- fällt (h Fig. 100). Bei der Reflexion an einer kugelförmigen Fläche entspricht die- sem Hauptpunkt der Mittelpunkt (r Fig. 87), denn hier fallen nur im Mittelpunkt Object und Bild zusammen. Was die verschiedenen Linsenformen betrifft, so ist leicht ersichtlich, dass bei der biconcaven Linse die beiden Haupt- oder Knotenpunkte die- selbe Lage besitzen wie bei der biconvexen. Bei der planconvexen und planconcaven Linse wird der eine Radius gleich unendlich, und fällt desshalb der eine Hauptpunkt in den Scheitel der gekrümmten Fläche. Bei concav-convexen und convex-concaven Linsen liegen die Hauptpunkte ausserhalb der Linse, und zwar bei der concav-conve- xen Form mit positiver Brennweite auf der Seite der stärker gekrümmten convexen Oberfläche, bei der convex-concaven Form mit negativer Brennweite auf der Seite der stärker gekrümmten concaven Oberfläche.
Um nun den Punkt zu finden, in welchem die von irgend einem Punkte b (Fig. 107) ausgehenden Lichtstrahlen sich vereinigen, bie- ten die obigen Erörterungen folgende Methode dar: Man zieht von b aus eine der Axe parallele Linie bis zum Punkte p' der vordern Hauptebene. Nun ist der Punkt p" der hintern Hauptebene das Bild des Punktes p'. Ein Strahl, der vor der Brechung nach p' gerichtet ist, muss also nach der Brechung durch p" gehen. Ausserdem muss der Strahl b p', weil er parallel der Axe ist, nach der Brechung
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Lichtbrechung durch Linsen.
[Abbildung]
Fig. 107.
und so ist überhaupt die ganze Ebene H″ ein Bild von H' und ebenso H' ein Bild von H″. Man nennt die in h' und h″ senkrecht zur Axe x y errichteten Ebenen die Hauptebenen, H' die vordere, H″ die hintere Hauptebene, und die Punkte h' und h″ nennt man, insofern sie die Punkte dieser Hauptebenen sind, welche der optischen Axe zugehören, die beiden Hauptpunkte, h' den vordern, h″ den hintern Hauptpunkt. Wir werden sehen, dass die doppelte Be- zeichnung dieser Punkte als Knotenpunkte und als Hauptpunkte darin ihre Berechtigung findet, dass bei zusammengesetzteren optischen Sy- stemen die Knotenpunkte mit den Hauptpunkten nicht zusammen- fallen.
Bei der Brechung an einer einzigen kugelförmigen Fläche existirt offenbar nur ein einziger Hauptpunkt, der in diesem Fall mit dem Scheitelpunkt der Fläche zusammen- fällt (h Fig. 100). Bei der Reflexion an einer kugelförmigen Fläche entspricht die- sem Hauptpunkt der Mittelpunkt (r Fig. 87), denn hier fallen nur im Mittelpunkt Object und Bild zusammen. Was die verschiedenen Linsenformen betrifft, so ist leicht ersichtlich, dass bei der biconcaven Linse die beiden Haupt- oder Knotenpunkte die- selbe Lage besitzen wie bei der biconvexen. Bei der planconvexen und planconcaven Linse wird der eine Radius gleich unendlich, und fällt desshalb der eine Hauptpunkt in den Scheitel der gekrümmten Fläche. Bei concav-convexen und convex-concaven Linsen liegen die Hauptpunkte ausserhalb der Linse, und zwar bei der concav-conve- xen Form mit positiver Brennweite auf der Seite der stärker gekrümmten convexen Oberfläche, bei der convex-concaven Form mit negativer Brennweite auf der Seite der stärker gekrümmten concaven Oberfläche.
Um nun den Punkt zu finden, in welchem die von irgend einem Punkte b (Fig. 107) ausgehenden Lichtstrahlen sich vereinigen, bie- ten die obigen Erörterungen folgende Methode dar: Man zieht von b aus eine der Axe parallele Linie bis zum Punkte p' der vordern Hauptebene. Nun ist der Punkt p″ der hintern Hauptebene das Bild des Punktes p'. Ein Strahl, der vor der Brechung nach p' gerichtet ist, muss also nach der Brechung durch p″ gehen. Ausserdem muss der Strahl b p', weil er parallel der Axe ist, nach der Brechung
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[227/0249]
Lichtbrechung durch Linsen.
[Abbildung Fig. 107.]
und so ist überhaupt die ganze Ebene H″ ein Bild von H' und ebenso
H' ein Bild von H″. Man nennt die in h' und h″ senkrecht zur Axe
x y errichteten Ebenen die Hauptebenen, H' die vordere, H″
die hintere Hauptebene, und die Punkte h' und h″ nennt man,
insofern sie die Punkte dieser Hauptebenen sind, welche der optischen
Axe zugehören, die beiden Hauptpunkte, h' den vordern, h″ den
hintern Hauptpunkt. Wir werden sehen, dass die doppelte Be-
zeichnung dieser Punkte als Knotenpunkte und als Hauptpunkte darin
ihre Berechtigung findet, dass bei zusammengesetzteren optischen Sy-
stemen die Knotenpunkte mit den Hauptpunkten nicht zusammen-
fallen.
Bei der Brechung an einer einzigen kugelförmigen Fläche existirt offenbar nur ein
einziger Hauptpunkt, der in diesem Fall mit dem Scheitelpunkt der Fläche zusammen-
fällt (h Fig. 100). Bei der Reflexion an einer kugelförmigen Fläche entspricht die-
sem Hauptpunkt der Mittelpunkt (r Fig. 87), denn hier fallen nur im Mittelpunkt
Object und Bild zusammen. Was die verschiedenen Linsenformen betrifft, so ist leicht
ersichtlich, dass bei der biconcaven Linse die beiden Haupt- oder Knotenpunkte die-
selbe Lage besitzen wie bei der biconvexen. Bei der planconvexen und planconcaven
Linse wird der eine Radius gleich unendlich, und fällt desshalb der eine Hauptpunkt
in den Scheitel der gekrümmten Fläche. Bei concav-convexen und convex-concaven
Linsen liegen die Hauptpunkte ausserhalb der Linse, und zwar bei der concav-conve-
xen Form mit positiver Brennweite auf der Seite der stärker gekrümmten convexen
Oberfläche, bei der convex-concaven Form mit negativer Brennweite auf der Seite der
stärker gekrümmten concaven Oberfläche.
Um nun den Punkt zu finden, in welchem die von irgend einem
Punkte b (Fig. 107) ausgehenden Lichtstrahlen sich vereinigen, bie-
ten die obigen Erörterungen folgende Methode dar: Man zieht von
b aus eine der Axe parallele Linie bis zum Punkte p' der vordern
Hauptebene. Nun ist der Punkt p″ der hintern Hauptebene das Bild
des Punktes p'. Ein Strahl, der vor der Brechung nach p' gerichtet
ist, muss also nach der Brechung durch p″ gehen. Ausserdem muss
der Strahl b p', weil er parallel der Axe ist, nach der Brechung
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/249>, abgerufen am 04.12.2024.
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