Bild c d entsteht, welches wegen der wie- derholten Brechung etwas näher bei der Objectivlinse gelegen ist. Durch die Ocu- larlinse sieht dann das Auge das Bild des Objectes in e g statt, wie früher, in a" b". Man sieht hieraus, dass die Vergrösserung des Mikroskops durch das Einschieben die- ser Linse L", die man als Collectivlinse bezeichnet, etwas vermindert wird; dage- gen kann nun ein grösserer Theil des Ob- jectes übersehen werden, das Bild e g ist ferner im selben Verhältniss, als seine Aus- dehnung kleiner ist, lichtstärker als das Bild a" b". Weil endlich von jedem Punkte c des Bildes c d die Strahlen minder di- vergirend ausfahren als von entsprechenden Punkten des Bildes a' b', so mindert die Collectivlinse die Farbenzerstreuung. Ebenso wird die sphärische Abweichung verringert, indem die durch die Collectivlinse L" zunächst dem Rande tretenden Strahlen, da sie hier stärker gebrochen werden, nun die Ocularlinse verhältnissmässig der Axe genähert durchsetzen.
Wegen des Einfügens der Collectivlinse, die in den neueren Mikroskopen nie- mals fehlt, muss selbstverständlich die oben angegebene Berechnung der Vergrösserungs- stärke modificirt werden. Es geschieht dies am zweckmässigsten so, dass man der Ocular- und Collectivlinse eine einzige Linse substituirt denkt, welche den gleichen Effect hervorbringen würde wie beide zusammengenommen. Befänden sich Ocular und Collectiv dicht bei einander, so würde, wenn die Brennweite des erstern Fo, die des zweiten Fc ist, ihre gemeinsame Brennweite F2 sich aus der Formel
[Formel 1]
ergeben. Nun befindet sich aber zwischen beiden ein erheblicher Zwischenraum, dadurch wird die Brennweite der Combination eine kleinere, als wenn die Gläser dicht an einander lägen. Wir können uns desshalb auch den Einfluss des Zwischenraums durch eine Zerstreuungslinse ersetzt denken, dann ist, wenn wir mit Fz die Brenn- weite dieser Zerstreuungslinse bezeichnen,
[Formel 2]
Be- zeichnen wir nun mit Z die Distanz von L' und L", so ist
[Formel 3]
Führt man diesen Werth in die obige Gleichung ein, so folgt
[Formel 4]
Das günstigste Verhältniss zwischen Fo, Fc und Z zur Aufhebung der Aberrationen ist dieses, wenn man Fc : Z : Fo = 3 : 2 : 1 macht, also dem Collectiv die dreifache Brennweite des Oculars giebt und den Abstand zwischen Collectiv und Ocular gleich der doppelten Brennweite des letzteren nimmt.
Von dem Lichte.
[Abbildung]
Fig. 131.
Bild c d entsteht, welches wegen der wie- derholten Brechung etwas näher bei der Objectivlinse gelegen ist. Durch die Ocu- larlinse sieht dann das Auge das Bild des Objectes in e g statt, wie früher, in a″ b″. Man sieht hieraus, dass die Vergrösserung des Mikroskops durch das Einschieben die- ser Linse L″, die man als Collectivlinse bezeichnet, etwas vermindert wird; dage- gen kann nun ein grösserer Theil des Ob- jectes übersehen werden, das Bild e g ist ferner im selben Verhältniss, als seine Aus- dehnung kleiner ist, lichtstärker als das Bild a″ b″. Weil endlich von jedem Punkte c des Bildes c d die Strahlen minder di- vergirend ausfahren als von entsprechenden Punkten des Bildes a' b', so mindert die Collectivlinse die Farbenzerstreuung. Ebenso wird die sphärische Abweichung verringert, indem die durch die Collectivlinse L″ zunächst dem Rande tretenden Strahlen, da sie hier stärker gebrochen werden, nun die Ocularlinse verhältnissmässig der Axe genähert durchsetzen.
Wegen des Einfügens der Collectivlinse, die in den neueren Mikroskopen nie- mals fehlt, muss selbstverständlich die oben angegebene Berechnung der Vergrösserungs- stärke modificirt werden. Es geschieht dies am zweckmässigsten so, dass man der Ocular- und Collectivlinse eine einzige Linse substituirt denkt, welche den gleichen Effect hervorbringen würde wie beide zusammengenommen. Befänden sich Ocular und Collectiv dicht bei einander, so würde, wenn die Brennweite des erstern Fo, die des zweiten Fc ist, ihre gemeinsame Brennweite F2 sich aus der Formel
[Formel 1]
ergeben. Nun befindet sich aber zwischen beiden ein erheblicher Zwischenraum, dadurch wird die Brennweite der Combination eine kleinere, als wenn die Gläser dicht an einander lägen. Wir können uns desshalb auch den Einfluss des Zwischenraums durch eine Zerstreuungslinse ersetzt denken, dann ist, wenn wir mit Fz die Brenn- weite dieser Zerstreuungslinse bezeichnen,
[Formel 2]
Be- zeichnen wir nun mit Z die Distanz von L' und L″, so ist
[Formel 3]
Führt man diesen Werth in die obige Gleichung ein, so folgt
[Formel 4]
Das günstigste Verhältniss zwischen Fo, Fc und Z zur Aufhebung der Aberrationen ist dieses, wenn man Fc : Z : Fo = 3 : 2 : 1 macht, also dem Collectiv die dreifache Brennweite des Oculars giebt und den Abstand zwischen Collectiv und Ocular gleich der doppelten Brennweite des letzteren nimmt.
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[282/0304]
Von dem Lichte.
[Abbildung Fig. 131.]
Bild c d entsteht, welches wegen der wie-
derholten Brechung etwas näher bei der
Objectivlinse gelegen ist. Durch die Ocu-
larlinse sieht dann das Auge das Bild des
Objectes in e g statt, wie früher, in a″ b″.
Man sieht hieraus, dass die Vergrösserung
des Mikroskops durch das Einschieben die-
ser Linse L″, die man als Collectivlinse
bezeichnet, etwas vermindert wird; dage-
gen kann nun ein grösserer Theil des Ob-
jectes übersehen werden, das Bild e g ist
ferner im selben Verhältniss, als seine Aus-
dehnung kleiner ist, lichtstärker als das
Bild a″ b″. Weil endlich von jedem Punkte
c des Bildes c d die Strahlen minder di-
vergirend ausfahren als von entsprechenden
Punkten des Bildes a' b', so mindert die
Collectivlinse die Farbenzerstreuung. Ebenso
wird die sphärische Abweichung verringert,
indem die durch die Collectivlinse L″ zunächst dem Rande tretenden
Strahlen, da sie hier stärker gebrochen werden, nun die Ocularlinse
verhältnissmässig der Axe genähert durchsetzen.
Wegen des Einfügens der Collectivlinse, die in den neueren Mikroskopen nie-
mals fehlt, muss selbstverständlich die oben angegebene Berechnung der Vergrösserungs-
stärke modificirt werden. Es geschieht dies am zweckmässigsten so, dass man der
Ocular- und Collectivlinse eine einzige Linse substituirt denkt, welche den gleichen
Effect hervorbringen würde wie beide zusammengenommen. Befänden sich Ocular und
Collectiv dicht bei einander, so würde, wenn die Brennweite des erstern Fo, die des
zweiten Fc ist, ihre gemeinsame Brennweite F2 sich aus der Formel [FORMEL]
ergeben. Nun befindet sich aber zwischen beiden ein erheblicher Zwischenraum,
dadurch wird die Brennweite der Combination eine kleinere, als wenn die Gläser dicht
an einander lägen. Wir können uns desshalb auch den Einfluss des Zwischenraums
durch eine Zerstreuungslinse ersetzt denken, dann ist, wenn wir mit Fz die Brenn-
weite dieser Zerstreuungslinse bezeichnen, [FORMEL] Be-
zeichnen wir nun mit Z die Distanz von L' und L″, so ist [FORMEL] Führt
man diesen Werth in die obige Gleichung ein, so folgt [FORMEL] Das
günstigste Verhältniss zwischen Fo, Fc und Z zur Aufhebung der Aberrationen ist
dieses, wenn man Fc : Z : Fo = 3 : 2 : 1 macht, also dem Collectiv die dreifache
Brennweite des Oculars giebt und den Abstand zwischen Collectiv und Ocular gleich
der doppelten Brennweite des letzteren nimmt.
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/304>, abgerufen am 16.07.2024.
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