den Körpers nicht wesentlich abgeändert werden: es tritt nach wie vor Verdunkelung des Gesichtsfeldes ein, wenn die Prismen senkrecht zu einander orientirt sind, und Erhellung, wenn sie gleich orien- tirt sind.
Jene Wiedererhellung des Gesichtsfeldes, die in dem vorhin be- zeichneten Fall ein zwischen zwei senkrecht zu einander orientirte Nicol'sche Prismen gebrachter Hauptschnitt eines doppelbrechenden Kör- pers bewirkt, ist nun mit noch weiteren Erscheinungen verknüpft, wie sich aus folgenden Erwägungen im voraus ergiebt. Eine Schwingung o p (Fig. 173), die auf den über dem untern Nicol befindlichen Haupt- schnitt trifft, wird von diesem in die Schwingungen o x und o y' zer- legt. So lange beide Strahlen die gleiche Schwingungsphase beibe- halten, muss immer, während in einem Strahl ein Aethertheilchen von o nach x schwingt, im andern ein solches von o nach y' schwingen. Indem aber diese Schwingungen sich durch den Körper fortpflanzen, muss wegen der verschiedenen Fortpflanzungsgeschwindigkeit des ordentlichen und ausserordentlichen Strahls die eine derselben hinter der andern zurückbleiben. Um wie viel sie zurückbleibt, hängt von dem Brechungsverhältniss des ordentlichen zum ausserordentlichen Strahl und von der Dicke der doppelbrechenden Substanz ab. Neh- men wir an, die Schwingungen in der Richtung X X' blieben hinter denjenigen in der Richtung Y Y' um eine ungerade Anzahl halber Wellenlängen zurück, so wird beim Austritt aus der Platte im selben Augenblick, in welchem ein Aethertheilchen den Weg o x beschreibt, ein darauf senkrecht polarisirtes, nicht den Weg o y' sondern den Weg der entgegengesetzten Phase o y zurücklegen. Nun werden aber o x und o y durch den zweiten Nicol wieder nach den Richtungen P P' und S S' zerlegt, so jedoch dass nur die Componenten nach der letzteren Richtung übrig bleiben. Diese Componenten gehen nach einer Richtung o s, sie erzeugen daher vermehrte Helligkeit. Sind da- gegen die Schwingungen in den Richtungen X X' und Y Y' nach ihrem Durchtritt durch den doppelbrechenden Körper um eine gerade Anzahl halber Wellenlängen verschieden, so bleiben fortan o x und o y' die beiden Schwingungsrichtungen; deren Componenten nach der Axe S S' haben nun die entgegengesetzten Richtungen o s und o s' und erzeugen also verminderte Helligkeit. Denken wir uns jetzt das obere Prisma um 90° gedreht, so dass dasselbe die in der Richtung P P' schwingende Componente hindurchlässt und die darauf senk- rechte zurückhält, so bleiben im ersten Fall, wo die Schwingungen o x und o y um eine ungerade Zahl halber Wellenlängen verschieden sind, o p' und o p" übrig: beide sind entgegengesetzt gerichtet, es erfolgt also Dunkelheit. Im zweiten Fall, wo o x und o y' die um eine gerade Zahl halber Wellenlängen unterschiedenen Schwingungen sind, haben beide Componenten die gleiche Richtung o p', es tritt
Interferenzerscheinungen im polarisirten Lichte.
den Körpers nicht wesentlich abgeändert werden: es tritt nach wie vor Verdunkelung des Gesichtsfeldes ein, wenn die Prismen senkrecht zu einander orientirt sind, und Erhellung, wenn sie gleich orien- tirt sind.
Jene Wiedererhellung des Gesichtsfeldes, die in dem vorhin be- zeichneten Fall ein zwischen zwei senkrecht zu einander orientirte Nicol’sche Prismen gebrachter Hauptschnitt eines doppelbrechenden Kör- pers bewirkt, ist nun mit noch weiteren Erscheinungen verknüpft, wie sich aus folgenden Erwägungen im voraus ergiebt. Eine Schwingung o p (Fig. 173), die auf den über dem untern Nicol befindlichen Haupt- schnitt trifft, wird von diesem in die Schwingungen o x und o y' zer- legt. So lange beide Strahlen die gleiche Schwingungsphase beibe- halten, muss immer, während in einem Strahl ein Aethertheilchen von o nach x schwingt, im andern ein solches von o nach y' schwingen. Indem aber diese Schwingungen sich durch den Körper fortpflanzen, muss wegen der verschiedenen Fortpflanzungsgeschwindigkeit des ordentlichen und ausserordentlichen Strahls die eine derselben hinter der andern zurückbleiben. Um wie viel sie zurückbleibt, hängt von dem Brechungsverhältniss des ordentlichen zum ausserordentlichen Strahl und von der Dicke der doppelbrechenden Substanz ab. Neh- men wir an, die Schwingungen in der Richtung X X' blieben hinter denjenigen in der Richtung Y Y' um eine ungerade Anzahl halber Wellenlängen zurück, so wird beim Austritt aus der Platte im selben Augenblick, in welchem ein Aethertheilchen den Weg o x beschreibt, ein darauf senkrecht polarisirtes, nicht den Weg o y' sondern den Weg der entgegengesetzten Phase o y zurücklegen. Nun werden aber o x und o y durch den zweiten Nicol wieder nach den Richtungen P P' und S S' zerlegt, so jedoch dass nur die Componenten nach der letzteren Richtung übrig bleiben. Diese Componenten gehen nach einer Richtung o s, sie erzeugen daher vermehrte Helligkeit. Sind da- gegen die Schwingungen in den Richtungen X X' und Y Y' nach ihrem Durchtritt durch den doppelbrechenden Körper um eine gerade Anzahl halber Wellenlängen verschieden, so bleiben fortan o x und o y' die beiden Schwingungsrichtungen; deren Componenten nach der Axe S S' haben nun die entgegengesetzten Richtungen o s und o s' und erzeugen also verminderte Helligkeit. Denken wir uns jetzt das obere Prisma um 90° gedreht, so dass dasselbe die in der Richtung P P' schwingende Componente hindurchlässt und die darauf senk- rechte zurückhält, so bleiben im ersten Fall, wo die Schwingungen o x und o y um eine ungerade Zahl halber Wellenlängen verschieden sind, o p' und o p″ übrig: beide sind entgegengesetzt gerichtet, es erfolgt also Dunkelheit. Im zweiten Fall, wo o x und o y' die um eine gerade Zahl halber Wellenlängen unterschiedenen Schwingungen sind, haben beide Componenten die gleiche Richtung o p', es tritt
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[341/0363]
Interferenzerscheinungen im polarisirten Lichte.
den Körpers nicht wesentlich abgeändert werden: es tritt nach wie
vor Verdunkelung des Gesichtsfeldes ein, wenn die Prismen senkrecht
zu einander orientirt sind, und Erhellung, wenn sie gleich orien-
tirt sind.
Jene Wiedererhellung des Gesichtsfeldes, die in dem vorhin be-
zeichneten Fall ein zwischen zwei senkrecht zu einander orientirte
Nicol’sche Prismen gebrachter Hauptschnitt eines doppelbrechenden Kör-
pers bewirkt, ist nun mit noch weiteren Erscheinungen verknüpft, wie
sich aus folgenden Erwägungen im voraus ergiebt. Eine Schwingung
o p (Fig. 173), die auf den über dem untern Nicol befindlichen Haupt-
schnitt trifft, wird von diesem in die Schwingungen o x und o y' zer-
legt. So lange beide Strahlen die gleiche Schwingungsphase beibe-
halten, muss immer, während in einem Strahl ein Aethertheilchen von
o nach x schwingt, im andern ein solches von o nach y' schwingen.
Indem aber diese Schwingungen sich durch den Körper fortpflanzen,
muss wegen der verschiedenen Fortpflanzungsgeschwindigkeit des
ordentlichen und ausserordentlichen Strahls die eine derselben hinter
der andern zurückbleiben. Um wie viel sie zurückbleibt, hängt von
dem Brechungsverhältniss des ordentlichen zum ausserordentlichen
Strahl und von der Dicke der doppelbrechenden Substanz ab. Neh-
men wir an, die Schwingungen in der Richtung X X' blieben hinter
denjenigen in der Richtung Y Y' um eine ungerade Anzahl halber
Wellenlängen zurück, so wird beim Austritt aus der Platte im selben
Augenblick, in welchem ein Aethertheilchen den Weg o x beschreibt,
ein darauf senkrecht polarisirtes, nicht den Weg o y' sondern den
Weg der entgegengesetzten Phase o y zurücklegen. Nun werden aber
o x und o y durch den zweiten Nicol wieder nach den Richtungen
P P' und S S' zerlegt, so jedoch dass nur die Componenten nach der
letzteren Richtung übrig bleiben. Diese Componenten gehen nach
einer Richtung o s, sie erzeugen daher vermehrte Helligkeit. Sind da-
gegen die Schwingungen in den Richtungen X X' und Y Y' nach
ihrem Durchtritt durch den doppelbrechenden Körper um eine gerade
Anzahl halber Wellenlängen verschieden, so bleiben fortan o x und
o y' die beiden Schwingungsrichtungen; deren Componenten nach der
Axe S S' haben nun die entgegengesetzten Richtungen o s und o s'
und erzeugen also verminderte Helligkeit. Denken wir uns jetzt das
obere Prisma um 90° gedreht, so dass dasselbe die in der Richtung
P P' schwingende Componente hindurchlässt und die darauf senk-
rechte zurückhält, so bleiben im ersten Fall, wo die Schwingungen
o x und o y um eine ungerade Zahl halber Wellenlängen verschieden
sind, o p' und o p″ übrig: beide sind entgegengesetzt gerichtet, es
erfolgt also Dunkelheit. Im zweiten Fall, wo o x und o y' die um
eine gerade Zahl halber Wellenlängen unterschiedenen Schwingungen
sind, haben beide Componenten die gleiche Richtung o p', es tritt
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/363>, abgerufen am 05.12.2024.
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