Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Von dem Lichte.
vermehrte Helligkeit ein. Eine Kalkspathplatte, die parallel zur Axe
geschliffen ist, bewirkt somit, zwischen zwei Nicol'sche Prismen ge-
bracht, wenn die Strahlen senkrecht auf sie fallen, bei einer bestimm-
ten Stellung beider Prismen vermehrte, und bei einer dazu senkrech-
ten Stellung verminderte Helligkeit.

Nimmt man sehr dünne parallel der Axe geschliffene Plättchen,
so bleiben die Erscheinungen auch dann, wenn das Licht divergirend
auf solche Plättchen auffällt, die nämlichen, weil durch die Schiefe
des Auffallens keine merkliche Phasendifferenz erzeugt wird. Auch
hier haben dann also alle das Plättchen verlassende und senkrecht
zu einander polarisirte Strahlen dieselbe Phasendifferenz, so dass,
wenn sie durch den oberen Nicol wieder auf eine Polarisationsebene
gebracht sind, unter denselben Bedingungen wie vorhin vermehrte oder
verminderte Helligkeit auftritt.


228
Derselbe Ver-
such im ge-
mischten Lichte.

Wenn statt des homogenen weisses Licht entweder parallel auf
eine dickere Platte oder divergirend auf ein dünnes Plättchen fällt,
so treten statt der verminderten Helligkeit Farbenerscheinungen auf.
Denn es wird hierbei je nach der Dicke des Plättchens die Phasen-
differenz für eine bestimmte Farbe 1/2 Wellenlänge, für andere Farben
aber mehr oder weniger betragen, so dass zwar die erstere Farbe
bei der Zurückführung auf eine Polarisationsebene durch Interferenz
zum Verschwinden kommt, die letzteren Farben aber nicht ausgelöscht
werden. Ist z. B. die Dicke des Plättchens eine solche, dass die
Phasendifferenz für die rothen Strahlen gerade 1/2 Wellenlänge be-
trägt, so wird bei Parallelstellung der Nicols und einer Lage des
Plättchens, bei welcher sein Hauptschnitt 45° mit der Polarisations-
ebene bildet, das rothe Licht durch Interferenz ganz vernichtet, und
orange und gelb wenigstens geschwächt: das Plättchen nimmt daher
eine grüne Färbung an, umgekehrt tritt bei gekreuzter Stellung der
Nicols eine rothe Färbung auf.


229
Dicke Platten
eines Haupt-
schnitts bei
divergirenden
Strahlen.

Fällt divergirendes Licht auf dickere, parallel der Axe ge-
schliffene Platten, so entsteht durch die Verschiedenheit des Einfalls-
winkels eine merkliche Phasendifferenz, und dies giebt zu einer Reihe

[Abbildung] Fig. 174.
neuer Erscheinungen Veranlassung. Es sei
h h (Fig. 174) die Hauptaxe der Platte, h' h'
die darauf senkrechte Richtung, und p p, s s
seien die zu h h und h h' um 45° gedrehten,
zu einander aber senkrechten Polarisationsebe-
nen der beiden Nicol's. Wenden wir homoge-
nes Licht an, so wird zunächst in der Mitte m,
da wo die Strahlen unverändert durch die
Platte hindurchgehen, ein dunkler Fleck auf-

Von dem Lichte.
vermehrte Helligkeit ein. Eine Kalkspathplatte, die parallel zur Axe
geschliffen ist, bewirkt somit, zwischen zwei Nicol’sche Prismen ge-
bracht, wenn die Strahlen senkrecht auf sie fallen, bei einer bestimm-
ten Stellung beider Prismen vermehrte, und bei einer dazu senkrech-
ten Stellung verminderte Helligkeit.

Nimmt man sehr dünne parallel der Axe geschliffene Plättchen,
so bleiben die Erscheinungen auch dann, wenn das Licht divergirend
auf solche Plättchen auffällt, die nämlichen, weil durch die Schiefe
des Auffallens keine merkliche Phasendifferenz erzeugt wird. Auch
hier haben dann also alle das Plättchen verlassende und senkrecht
zu einander polarisirte Strahlen dieselbe Phasendifferenz, so dass,
wenn sie durch den oberen Nicol wieder auf eine Polarisationsebene
gebracht sind, unter denselben Bedingungen wie vorhin vermehrte oder
verminderte Helligkeit auftritt.


228
Derselbe Ver-
such im ge-
mischten Lichte.

Wenn statt des homogenen weisses Licht entweder parallel auf
eine dickere Platte oder divergirend auf ein dünnes Plättchen fällt,
so treten statt der verminderten Helligkeit Farbenerscheinungen auf.
Denn es wird hierbei je nach der Dicke des Plättchens die Phasen-
differenz für eine bestimmte Farbe ½ Wellenlänge, für andere Farben
aber mehr oder weniger betragen, so dass zwar die erstere Farbe
bei der Zurückführung auf eine Polarisationsebene durch Interferenz
zum Verschwinden kommt, die letzteren Farben aber nicht ausgelöscht
werden. Ist z. B. die Dicke des Plättchens eine solche, dass die
Phasendifferenz für die rothen Strahlen gerade ½ Wellenlänge be-
trägt, so wird bei Parallelstellung der Nicols und einer Lage des
Plättchens, bei welcher sein Hauptschnitt 45° mit der Polarisations-
ebene bildet, das rothe Licht durch Interferenz ganz vernichtet, und
orange und gelb wenigstens geschwächt: das Plättchen nimmt daher
eine grüne Färbung an, umgekehrt tritt bei gekreuzter Stellung der
Nicols eine rothe Färbung auf.


229
Dicke Platten
eines Haupt-
schnitts bei
divergirenden
Strahlen.

Fällt divergirendes Licht auf dickere, parallel der Axe ge-
schliffene Platten, so entsteht durch die Verschiedenheit des Einfalls-
winkels eine merkliche Phasendifferenz, und dies giebt zu einer Reihe

[Abbildung] Fig. 174.
neuer Erscheinungen Veranlassung. Es sei
h h (Fig. 174) die Hauptaxe der Platte, h' h'
die darauf senkrechte Richtung, und p p, s s
seien die zu h h und h h' um 45° gedrehten,
zu einander aber senkrechten Polarisationsebe-
nen der beiden Nicol’s. Wenden wir homoge-
nes Licht an, so wird zunächst in der Mitte m,
da wo die Strahlen unverändert durch die
Platte hindurchgehen, ein dunkler Fleck auf-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0364" n="342"/><fw place="top" type="header">Von dem Lichte.</fw><lb/>
vermehrte Helligkeit ein. Eine Kalkspathplatte, die parallel zur Axe<lb/>
geschliffen ist, bewirkt somit, zwischen zwei Nicol&#x2019;sche Prismen ge-<lb/>
bracht, wenn die Strahlen senkrecht auf sie fallen, bei einer bestimm-<lb/>
ten Stellung beider Prismen vermehrte, und bei einer dazu senkrech-<lb/>
ten Stellung verminderte Helligkeit.</p><lb/>
            <p>Nimmt man sehr dünne parallel der Axe geschliffene Plättchen,<lb/>
so bleiben die Erscheinungen auch dann, wenn das Licht divergirend<lb/>
auf solche Plättchen auffällt, die nämlichen, weil durch die Schiefe<lb/>
des Auffallens keine merkliche Phasendifferenz erzeugt wird. Auch<lb/>
hier haben dann also alle das Plättchen verlassende und senkrecht<lb/>
zu einander polarisirte Strahlen dieselbe Phasendifferenz, so dass,<lb/>
wenn sie durch den oberen Nicol wieder auf <hi rendition="#g">eine</hi> Polarisationsebene<lb/>
gebracht sind, unter denselben Bedingungen wie vorhin vermehrte oder<lb/>
verminderte Helligkeit auftritt.</p><lb/>
            <note place="left">228<lb/>
Derselbe Ver-<lb/>
such im ge-<lb/>
mischten Lichte.</note>
            <p>Wenn statt des homogenen weisses Licht entweder parallel auf<lb/>
eine dickere Platte oder divergirend auf ein dünnes Plättchen fällt,<lb/>
so treten statt der verminderten Helligkeit Farbenerscheinungen auf.<lb/>
Denn es wird hierbei je nach der Dicke des Plättchens die Phasen-<lb/>
differenz für eine bestimmte Farbe ½ Wellenlänge, für andere Farben<lb/>
aber mehr oder weniger betragen, so dass zwar die erstere Farbe<lb/>
bei der Zurückführung auf <hi rendition="#g">eine</hi> Polarisationsebene durch Interferenz<lb/>
zum Verschwinden kommt, die letzteren Farben aber nicht ausgelöscht<lb/>
werden. Ist z. B. die Dicke des Plättchens eine solche, dass die<lb/>
Phasendifferenz für die rothen Strahlen gerade ½ Wellenlänge be-<lb/>
trägt, so wird bei Parallelstellung der Nicols und einer Lage des<lb/>
Plättchens, bei welcher sein Hauptschnitt 45° mit der Polarisations-<lb/>
ebene bildet, das rothe Licht durch Interferenz ganz vernichtet, und<lb/>
orange und gelb wenigstens geschwächt: das Plättchen nimmt daher<lb/>
eine grüne Färbung an, umgekehrt tritt bei gekreuzter Stellung der<lb/>
Nicols eine rothe Färbung auf.</p><lb/>
            <note place="left">229<lb/>
Dicke Platten<lb/>
eines Haupt-<lb/>
schnitts bei<lb/>
divergirenden<lb/>
Strahlen.</note>
            <p>Fällt <hi rendition="#g">divergirendes</hi> Licht auf dickere, parallel der Axe ge-<lb/>
schliffene Platten, so entsteht durch die Verschiedenheit des Einfalls-<lb/>
winkels eine merkliche Phasendifferenz, und dies giebt zu einer Reihe<lb/><figure><head>Fig. 174.</head></figure><lb/>
neuer Erscheinungen Veranlassung. Es sei<lb/>
h h (Fig. 174) die Hauptaxe der Platte, h' h'<lb/>
die darauf senkrechte Richtung, und p p, s s<lb/>
seien die zu h h und h h' um 45° gedrehten,<lb/>
zu einander aber senkrechten Polarisationsebe-<lb/>
nen der beiden Nicol&#x2019;s. Wenden wir homoge-<lb/>
nes Licht an, so wird zunächst in der Mitte m,<lb/>
da wo die Strahlen unverändert durch die<lb/>
Platte hindurchgehen, ein dunkler Fleck auf-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[342/0364] Von dem Lichte. vermehrte Helligkeit ein. Eine Kalkspathplatte, die parallel zur Axe geschliffen ist, bewirkt somit, zwischen zwei Nicol’sche Prismen ge- bracht, wenn die Strahlen senkrecht auf sie fallen, bei einer bestimm- ten Stellung beider Prismen vermehrte, und bei einer dazu senkrech- ten Stellung verminderte Helligkeit. Nimmt man sehr dünne parallel der Axe geschliffene Plättchen, so bleiben die Erscheinungen auch dann, wenn das Licht divergirend auf solche Plättchen auffällt, die nämlichen, weil durch die Schiefe des Auffallens keine merkliche Phasendifferenz erzeugt wird. Auch hier haben dann also alle das Plättchen verlassende und senkrecht zu einander polarisirte Strahlen dieselbe Phasendifferenz, so dass, wenn sie durch den oberen Nicol wieder auf eine Polarisationsebene gebracht sind, unter denselben Bedingungen wie vorhin vermehrte oder verminderte Helligkeit auftritt. Wenn statt des homogenen weisses Licht entweder parallel auf eine dickere Platte oder divergirend auf ein dünnes Plättchen fällt, so treten statt der verminderten Helligkeit Farbenerscheinungen auf. Denn es wird hierbei je nach der Dicke des Plättchens die Phasen- differenz für eine bestimmte Farbe ½ Wellenlänge, für andere Farben aber mehr oder weniger betragen, so dass zwar die erstere Farbe bei der Zurückführung auf eine Polarisationsebene durch Interferenz zum Verschwinden kommt, die letzteren Farben aber nicht ausgelöscht werden. Ist z. B. die Dicke des Plättchens eine solche, dass die Phasendifferenz für die rothen Strahlen gerade ½ Wellenlänge be- trägt, so wird bei Parallelstellung der Nicols und einer Lage des Plättchens, bei welcher sein Hauptschnitt 45° mit der Polarisations- ebene bildet, das rothe Licht durch Interferenz ganz vernichtet, und orange und gelb wenigstens geschwächt: das Plättchen nimmt daher eine grüne Färbung an, umgekehrt tritt bei gekreuzter Stellung der Nicols eine rothe Färbung auf. Fällt divergirendes Licht auf dickere, parallel der Axe ge- schliffene Platten, so entsteht durch die Verschiedenheit des Einfalls- winkels eine merkliche Phasendifferenz, und dies giebt zu einer Reihe [Abbildung Fig. 174.] neuer Erscheinungen Veranlassung. Es sei h h (Fig. 174) die Hauptaxe der Platte, h' h' die darauf senkrechte Richtung, und p p, s s seien die zu h h und h h' um 45° gedrehten, zu einander aber senkrechten Polarisationsebe- nen der beiden Nicol’s. Wenden wir homoge- nes Licht an, so wird zunächst in der Mitte m, da wo die Strahlen unverändert durch die Platte hindurchgehen, ein dunkler Fleck auf-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/364
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/364>, abgerufen am 05.12.2024.