Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.Ausdehnung durch die Wärme. der Röhre in einer zweckmässigen Beziehung stehen. Je kleiner die Kugel ist, umso enger muss auch die Röhre sein, damit jedem Grad derselbe Längentheil der Röhre entspreche. Bei gleicher Grösse der Kugel wird daher auch eine um so feinere Ein- theilung in Bruchtheile eines Grades möglich, je enger man die Röhre nimmt. Man richtet sich nun bei der Wahl der Dimensionen von Röhre und Kugel hauptsächlich nach den Zwecken, zu denen das Thermometer angewandt werden soll. Thermometer mit grossen Kugeln und ziemlich weiten Röhren sind am leichtesten herzustellen, aber sie sind nur da anwendbar, wo die zu messende Temperatur lange auf das Queck- silber in der Kugel einwirken kann, und wo es nicht auf allzu feine Messungen an- kommt. Denn je grösser die Menge des in der Kugel enthaltenen Quecksilbers ist, um so längere Zeit braucht dasselbe, bis sich seine Temperatur mit derjenigen seiner Umgebung ausgeglichen hat. Solche Thermometer sind daher wohl zu gebrauchen, um z. B. die Temperatur der Luft zu bestimmen. Für Temperaturmessungen an Thieren und am menschlichen Körper bedarf man dagegen solcher Instrumente, die nicht nur eine möglichst feine sondern auch eine möglichst rasche Wärmemessung gestatten. Man nimmt daher Thermometer mit sehr kleinem, dünnwandigem Quecksilberreservoir und einer möglichst feinen, capillaren Röhre. Einem solchen Thermometer kann man dann aber nicht die ganze Scala vom Gefrier- bis zum Siedepunkt oder gar noch über beide hinaus geben, da dasselbe sonst eine unbequeme Länge erhalten würde. Man beschränkt sich daher auf eine theilweise Scala, welche nur diejenigen Temperatu- ren umfasst, um deren Messung es sich bei den Zwecken, zu denen man das Thermo- meter anwendet, handeln kann. Braucht man z. B. das Thermometer, um die Tempe- ratur warmblütiger Thiere zu messen. so weiss man zum voraus, dass die Temperatu- ren, die hier in Frage kommen, nie unter 35° sinken und nie über 45° steigen. Man construirt also das Thermometer so, dass sein unterster Theilpunkt 35°, sein oberster 45°C. ist. Ein solches Thermometer lässt sich aber natürlich nicht in der oben an- gegebenen Weise durch Bestimmung des Gefrier- und Siedepunktes graduiren, sondern man muss es zu diesem Zweck mit einem andern grösseren Thermometer vergleichen, an welchem der Gefrier- und Siedepunkt bestimmt und die zwischenliegende Scala unter sorgfältiger Rücksicht auf die wegen der cylindrischen Beschaffenheit der Röhre anzustellende Prüfung gefertigt wurde. Ein solches mit Berücksichtigung aller Cau- telen hergestelltes grösseres Thermometer nennt man ein Normalthermometer. Um ein anderes Thermometer mit dem Normalthermometer zu vergleichen, taucht man die Kugeln beider hinreichend lange in Wasser, das durch Mischung von kaltem und warmem Wasser auf die geeignete Temperatur gebracht wurde. Ist längere Zeit an beiden Thermometern keine Bewegung der Quecksilbersäule mehr zu sehen, so kann man annehmen, dass die Temperatur constant ist und sich dem Quecksilber der beiden Thermometer mitgetheilt hat. Wenn ein fester Körper erwärmt wird, so dehnt er sich nach243 Ausdehnung durch die Wärme. der Röhre in einer zweckmässigen Beziehung stehen. Je kleiner die Kugel ist, umso enger muss auch die Röhre sein, damit jedem Grad derselbe Längentheil der Röhre entspreche. Bei gleicher Grösse der Kugel wird daher auch eine um so feinere Ein- theilung in Bruchtheile eines Grades möglich, je enger man die Röhre nimmt. Man richtet sich nun bei der Wahl der Dimensionen von Röhre und Kugel hauptsächlich nach den Zwecken, zu denen das Thermometer angewandt werden soll. Thermometer mit grossen Kugeln und ziemlich weiten Röhren sind am leichtesten herzustellen, aber sie sind nur da anwendbar, wo die zu messende Temperatur lange auf das Queck- silber in der Kugel einwirken kann, und wo es nicht auf allzu feine Messungen an- kommt. Denn je grösser die Menge des in der Kugel enthaltenen Quecksilbers ist, um so längere Zeit braucht dasselbe, bis sich seine Temperatur mit derjenigen seiner Umgebung ausgeglichen hat. Solche Thermometer sind daher wohl zu gebrauchen, um z. B. die Temperatur der Luft zu bestimmen. Für Temperaturmessungen an Thieren und am menschlichen Körper bedarf man dagegen solcher Instrumente, die nicht nur eine möglichst feine sondern auch eine möglichst rasche Wärmemessung gestatten. Man nimmt daher Thermometer mit sehr kleinem, dünnwandigem Quecksilberreservoir und einer möglichst feinen, capillaren Röhre. Einem solchen Thermometer kann man dann aber nicht die ganze Scala vom Gefrier- bis zum Siedepunkt oder gar noch über beide hinaus geben, da dasselbe sonst eine unbequeme Länge erhalten würde. Man beschränkt sich daher auf eine theilweise Scala, welche nur diejenigen Temperatu- ren umfasst, um deren Messung es sich bei den Zwecken, zu denen man das Thermo- meter anwendet, handeln kann. Braucht man z. B. das Thermometer, um die Tempe- ratur warmblütiger Thiere zu messen. so weiss man zum voraus, dass die Temperatu- ren, die hier in Frage kommen, nie unter 35° sinken und nie über 45° steigen. Man construirt also das Thermometer so, dass sein unterster Theilpunkt 35°, sein oberster 45°C. ist. Ein solches Thermometer lässt sich aber natürlich nicht in der oben an- gegebenen Weise durch Bestimmung des Gefrier- und Siedepunktes graduiren, sondern man muss es zu diesem Zweck mit einem andern grösseren Thermometer vergleichen, an welchem der Gefrier- und Siedepunkt bestimmt und die zwischenliegende Scala unter sorgfältiger Rücksicht auf die wegen der cylindrischen Beschaffenheit der Röhre anzustellende Prüfung gefertigt wurde. Ein solches mit Berücksichtigung aller Cau- telen hergestelltes grösseres Thermometer nennt man ein Normalthermometer. Um ein anderes Thermometer mit dem Normalthermometer zu vergleichen, taucht man die Kugeln beider hinreichend lange in Wasser, das durch Mischung von kaltem und warmem Wasser auf die geeignete Temperatur gebracht wurde. Ist längere Zeit an beiden Thermometern keine Bewegung der Quecksilbersäule mehr zu sehen, so kann man annehmen, dass die Temperatur constant ist und sich dem Quecksilber der beiden Thermometer mitgetheilt hat. 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Ausdehnung durch die Wärme.
der Röhre in einer zweckmässigen Beziehung stehen. Je kleiner die Kugel ist, um
so enger muss auch die Röhre sein, damit jedem Grad derselbe Längentheil der Röhre
entspreche. Bei gleicher Grösse der Kugel wird daher auch eine um so feinere Ein-
theilung in Bruchtheile eines Grades möglich, je enger man die Röhre nimmt. Man
richtet sich nun bei der Wahl der Dimensionen von Röhre und Kugel hauptsächlich
nach den Zwecken, zu denen das Thermometer angewandt werden soll. Thermometer
mit grossen Kugeln und ziemlich weiten Röhren sind am leichtesten herzustellen, aber
sie sind nur da anwendbar, wo die zu messende Temperatur lange auf das Queck-
silber in der Kugel einwirken kann, und wo es nicht auf allzu feine Messungen an-
kommt. Denn je grösser die Menge des in der Kugel enthaltenen Quecksilbers ist,
um so längere Zeit braucht dasselbe, bis sich seine Temperatur mit derjenigen seiner
Umgebung ausgeglichen hat. Solche Thermometer sind daher wohl zu gebrauchen, um
z. B. die Temperatur der Luft zu bestimmen. Für Temperaturmessungen an Thieren
und am menschlichen Körper bedarf man dagegen solcher Instrumente, die nicht
nur eine möglichst feine sondern auch eine möglichst rasche Wärmemessung gestatten.
Man nimmt daher Thermometer mit sehr kleinem, dünnwandigem Quecksilberreservoir
und einer möglichst feinen, capillaren Röhre. Einem solchen Thermometer kann man
dann aber nicht die ganze Scala vom Gefrier- bis zum Siedepunkt oder gar noch über
beide hinaus geben, da dasselbe sonst eine unbequeme Länge erhalten würde. Man
beschränkt sich daher auf eine theilweise Scala, welche nur diejenigen Temperatu-
ren umfasst, um deren Messung es sich bei den Zwecken, zu denen man das Thermo-
meter anwendet, handeln kann. Braucht man z. B. das Thermometer, um die Tempe-
ratur warmblütiger Thiere zu messen. so weiss man zum voraus, dass die Temperatu-
ren, die hier in Frage kommen, nie unter 35° sinken und nie über 45° steigen. Man
construirt also das Thermometer so, dass sein unterster Theilpunkt 35°, sein oberster
45°C. ist. Ein solches Thermometer lässt sich aber natürlich nicht in der oben an-
gegebenen Weise durch Bestimmung des Gefrier- und Siedepunktes graduiren, sondern
man muss es zu diesem Zweck mit einem andern grösseren Thermometer vergleichen,
an welchem der Gefrier- und Siedepunkt bestimmt und die zwischenliegende Scala
unter sorgfältiger Rücksicht auf die wegen der cylindrischen Beschaffenheit der Röhre
anzustellende Prüfung gefertigt wurde. Ein solches mit Berücksichtigung aller Cau-
telen hergestelltes grösseres Thermometer nennt man ein Normalthermometer.
Um ein anderes Thermometer mit dem Normalthermometer zu vergleichen, taucht
man die Kugeln beider hinreichend lange in Wasser, das durch Mischung von kaltem
und warmem Wasser auf die geeignete Temperatur gebracht wurde. Ist längere Zeit
an beiden Thermometern keine Bewegung der Quecksilbersäule mehr zu sehen, so
kann man annehmen, dass die Temperatur constant ist und sich dem Quecksilber der
beiden Thermometer mitgetheilt hat.
Wenn ein fester Körper erwärmt wird, so dehnt er sich nach
allen Richtungen aus. Diese Ausdehnung erfolgt in der Regel nach
allen Richtungen gleichförmig. Nur bei denjenigen Krystallen, welche
ungleiche Elasticitätsaxen haben, ist die Ausdehnung eine verschie-
dene. Man kann die Ausdehnung der festen Körper durch die Wärme
entweder dadurch messen, dass man die lineare Ausdehnung ermittelt
die sie bei einer bestimmten Temperaturerhöhung erfahren, oder da-
durch dass man die eintretende Volumvergrösserung d. h. die cubische
Ausdehnung bestimmt. Wo die Ausdehnung nach allen Richtungen
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Ausdehnung fe-
ster Körper.
Linearer und
cubischer Aus-
dehnungscoëffi-
cient.
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