Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Wärme.
wahre Gewicht bei 0° = [Formel 1] · P1 (1 + A). Man findet somit das
specifische Gewicht
2) [Formel 2] .

Haben von der Abwägung des Wassers bis zur Abwägung der Flüssigkeit Tem-
peratur und Barometerstand sich geändert (was leicht eintreten kann, da man zweck-
mässig die Abwägung des hydrostatischen Fläschchens mit Wasser ein für allemal
vornimmt), hat man also eine Temperatur t' und einen Druck h', so wird das Gewicht
der verdrängten Luft gleich einer Grösse A', die verschieden von A ist, und man er-
hält
3) [Formel 3] .

Bei der Bestimmung der specifischen Gewichte thierischer Flüssigkeiten hat man,
wo es sich um grosse Genauigkeit handelt, immer die zuletzt angeführte Methode
einzuschlagen. Um das spec. Gewicht fester Körper, s. B. der festen Gewebe, zu er-
mitteln wird man dagegen entweder die hydrostatische Waage anwenden, wo die Glei-
chung 1 unmittelbar anwendbar ist, oder man benützt auch hier in der in §. 70 an-
gegebenen Weise das hydrostatische Fläschchen; in letzterem Fall ist die Gleichung 1
ebenfalls anwendbar, indem man wieder zuerst P und dann P1 bestimmt. Was bis
jetzt hinreichend exacte Dichtigkeitsbestimmungen der organischen Gewebe noch ver-
hindert hat ist 1) der gänzliche Mangel einer Kenntniss der nicht unbeträchtlichen
Ausdehnungscoefficienten dieser Körper und 2) der Umstand dass die Zusammensetzung,
namentlich der Wassergehalt der Gewebe etwas variabel ist, wesshalb allgemein gül-
tige Dichtigkeitsbestimmungen nicht möglich sind.

Zweites Capitel.
Veränderungen des Aggregatzustandes.

249
Unveränderlich-
keit der
Schmelz- und
Siedepunkte bei
constantem
Druck.

Veränderungen der Temperatur bilden die häufigste Ursache für
den Wechsel des Aggregatzustandes. Feste Körper werden flüssig,
flüssige verdampfen, wenn man ihnen Wärme zuführt, und in Folge
von Wärmeentziehung gehen Gase und Dämpfe in den flüssigen, Flüs-
sigkeiten in den festen Zustand über. Ohne Zweifel können an und
für sich alle Körper, mit Ausnahme derjenigen, die, wie der Kohlen-
stoff und viele zusammengesetzte organische Substanzen, leicht eine
Verbrennung oder Zersetzung erfahren, je nach ihrem Wärmezustand
in den drei Aggregatzuständen vorkommen; man hat im Knallgasge-
bläse auch die beständigsten Metalle, wie Calcium, Silicium, Iridium
u. s. w., zum Schmelzen gebracht. Nur gewisse Gase giebt es, die
s. g. permanenten Gase, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, die bis
jetzt durch keine Temperaturerniedrigung in den flüssigen oder festen
Zustand übergeführt werden konnten. Diejenige Temperatur, bei wel-
cher ein fester Körper flüssig wird, nennt man den Schmelzpunkt,
diejenige, bei welcher eine Flüssigkeit in die Gasform übergeht, den

Von der Wärme.
wahre Gewicht bei 0° = [Formel 1] · P1 (1 + A). Man findet somit das
specifische Gewicht
2) [Formel 2] .

Haben von der Abwägung des Wassers bis zur Abwägung der Flüssigkeit Tem-
peratur und Barometerstand sich geändert (was leicht eintreten kann, da man zweck-
mässig die Abwägung des hydrostatischen Fläschchens mit Wasser ein für allemal
vornimmt), hat man also eine Temperatur t' und einen Druck h', so wird das Gewicht
der verdrängten Luft gleich einer Grösse A', die verschieden von A ist, und man er-
hält
3) [Formel 3] .

Bei der Bestimmung der specifischen Gewichte thierischer Flüssigkeiten hat man,
wo es sich um grosse Genauigkeit handelt, immer die zuletzt angeführte Methode
einzuschlagen. Um das spec. Gewicht fester Körper, s. B. der festen Gewebe, zu er-
mitteln wird man dagegen entweder die hydrostatische Waage anwenden, wo die Glei-
chung 1 unmittelbar anwendbar ist, oder man benützt auch hier in der in §. 70 an-
gegebenen Weise das hydrostatische Fläschchen; in letzterem Fall ist die Gleichung 1
ebenfalls anwendbar, indem man wieder zuerst P und dann P1 bestimmt. Was bis
jetzt hinreichend exacte Dichtigkeitsbestimmungen der organischen Gewebe noch ver-
hindert hat ist 1) der gänzliche Mangel einer Kenntniss der nicht unbeträchtlichen
Ausdehnungscoëfficienten dieser Körper und 2) der Umstand dass die Zusammensetzung,
namentlich der Wassergehalt der Gewebe etwas variabel ist, wesshalb allgemein gül-
tige Dichtigkeitsbestimmungen nicht möglich sind.

Zweites Capitel.
Veränderungen des Aggregatzustandes.

249
Unveränderlich-
keit der
Schmelz- und
Siedepunkte bei
constantem
Druck.

Veränderungen der Temperatur bilden die häufigste Ursache für
den Wechsel des Aggregatzustandes. Feste Körper werden flüssig,
flüssige verdampfen, wenn man ihnen Wärme zuführt, und in Folge
von Wärmeentziehung gehen Gase und Dämpfe in den flüssigen, Flüs-
sigkeiten in den festen Zustand über. Ohne Zweifel können an und
für sich alle Körper, mit Ausnahme derjenigen, die, wie der Kohlen-
stoff und viele zusammengesetzte organische Substanzen, leicht eine
Verbrennung oder Zersetzung erfahren, je nach ihrem Wärmezustand
in den drei Aggregatzuständen vorkommen; man hat im Knallgasge-
bläse auch die beständigsten Metalle, wie Calcium, Silicium, Iridium
u. s. w., zum Schmelzen gebracht. Nur gewisse Gase giebt es, die
s. g. permanenten Gase, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, die bis
jetzt durch keine Temperaturerniedrigung in den flüssigen oder festen
Zustand übergeführt werden konnten. Diejenige Temperatur, bei wel-
cher ein fester Körper flüssig wird, nennt man den Schmelzpunkt,
diejenige, bei welcher eine Flüssigkeit in die Gasform übergeht, den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0402" n="380"/><fw place="top" type="header">Von der Wärme.</fw><lb/>
wahre Gewicht bei 0° = <formula/> · P<hi rendition="#sub">1</hi> (1 + A). Man findet somit das<lb/>
specifische Gewicht<lb/><hi rendition="#c">2) <formula/>.</hi></p><lb/>
          <p>Haben von der Abwägung des Wassers bis zur Abwägung der Flüssigkeit Tem-<lb/>
peratur und Barometerstand sich geändert (was leicht eintreten kann, da man zweck-<lb/>
mässig die Abwägung des hydrostatischen Fläschchens mit Wasser ein für allemal<lb/>
vornimmt), hat man also eine Temperatur t' und einen Druck h', so wird das Gewicht<lb/>
der verdrängten Luft gleich einer Grösse A', die verschieden von A ist, und man er-<lb/>
hält<lb/><hi rendition="#c">3) <formula/>.</hi></p><lb/>
          <p>Bei der Bestimmung der specifischen Gewichte thierischer Flüssigkeiten hat man,<lb/>
wo es sich um grosse Genauigkeit handelt, immer die zuletzt angeführte Methode<lb/>
einzuschlagen. Um das spec. Gewicht fester Körper, s. B. der festen Gewebe, zu er-<lb/>
mitteln wird man dagegen entweder die hydrostatische Waage anwenden, wo die Glei-<lb/>
chung 1 unmittelbar anwendbar ist, oder man benützt auch hier in der in §. 70 an-<lb/>
gegebenen Weise das hydrostatische Fläschchen; in letzterem Fall ist die Gleichung 1<lb/>
ebenfalls anwendbar, indem man wieder zuerst P und dann P<hi rendition="#sub">1</hi> bestimmt. Was bis<lb/>
jetzt hinreichend exacte Dichtigkeitsbestimmungen der organischen Gewebe noch ver-<lb/>
hindert hat ist 1) der gänzliche Mangel einer Kenntniss der nicht unbeträchtlichen<lb/>
Ausdehnungscoëfficienten dieser Körper und 2) der Umstand dass die Zusammensetzung,<lb/>
namentlich der Wassergehalt der Gewebe etwas variabel ist, wesshalb allgemein gül-<lb/>
tige Dichtigkeitsbestimmungen nicht möglich sind.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Zweites Capitel</hi>.<lb/>
Veränderungen des Aggregatzustandes.</head><lb/>
          <note place="left">249<lb/>
Unveränderlich-<lb/>
keit der<lb/>
Schmelz- und<lb/>
Siedepunkte bei<lb/>
constantem<lb/>
Druck.</note>
          <p>Veränderungen der Temperatur bilden die häufigste Ursache für<lb/>
den Wechsel des Aggregatzustandes. Feste Körper werden flüssig,<lb/>
flüssige verdampfen, wenn man ihnen Wärme zuführt, und in Folge<lb/>
von Wärmeentziehung gehen Gase und Dämpfe in den flüssigen, Flüs-<lb/>
sigkeiten in den festen Zustand über. Ohne Zweifel können an und<lb/>
für sich alle Körper, mit Ausnahme derjenigen, die, wie der Kohlen-<lb/>
stoff und viele zusammengesetzte organische Substanzen, leicht eine<lb/>
Verbrennung oder Zersetzung erfahren, je nach ihrem Wärmezustand<lb/>
in den drei Aggregatzuständen vorkommen; man hat im Knallgasge-<lb/>
bläse auch die beständigsten Metalle, wie Calcium, Silicium, Iridium<lb/>
u. s. w., zum Schmelzen gebracht. Nur gewisse Gase giebt es, die<lb/>
s. g. permanenten Gase, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, die bis<lb/>
jetzt durch keine Temperaturerniedrigung in den flüssigen oder festen<lb/>
Zustand übergeführt werden konnten. Diejenige Temperatur, bei wel-<lb/>
cher ein fester Körper flüssig wird, nennt man den <hi rendition="#g">Schmelzpunkt</hi>,<lb/>
diejenige, bei welcher eine Flüssigkeit in die Gasform übergeht, den<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[380/0402] Von der Wärme. wahre Gewicht bei 0° = [FORMEL] · P1 (1 + A). Man findet somit das specifische Gewicht 2) [FORMEL]. Haben von der Abwägung des Wassers bis zur Abwägung der Flüssigkeit Tem- peratur und Barometerstand sich geändert (was leicht eintreten kann, da man zweck- mässig die Abwägung des hydrostatischen Fläschchens mit Wasser ein für allemal vornimmt), hat man also eine Temperatur t' und einen Druck h', so wird das Gewicht der verdrängten Luft gleich einer Grösse A', die verschieden von A ist, und man er- hält 3) [FORMEL]. Bei der Bestimmung der specifischen Gewichte thierischer Flüssigkeiten hat man, wo es sich um grosse Genauigkeit handelt, immer die zuletzt angeführte Methode einzuschlagen. Um das spec. Gewicht fester Körper, s. B. der festen Gewebe, zu er- mitteln wird man dagegen entweder die hydrostatische Waage anwenden, wo die Glei- chung 1 unmittelbar anwendbar ist, oder man benützt auch hier in der in §. 70 an- gegebenen Weise das hydrostatische Fläschchen; in letzterem Fall ist die Gleichung 1 ebenfalls anwendbar, indem man wieder zuerst P und dann P1 bestimmt. Was bis jetzt hinreichend exacte Dichtigkeitsbestimmungen der organischen Gewebe noch ver- hindert hat ist 1) der gänzliche Mangel einer Kenntniss der nicht unbeträchtlichen Ausdehnungscoëfficienten dieser Körper und 2) der Umstand dass die Zusammensetzung, namentlich der Wassergehalt der Gewebe etwas variabel ist, wesshalb allgemein gül- tige Dichtigkeitsbestimmungen nicht möglich sind. Zweites Capitel. Veränderungen des Aggregatzustandes. Veränderungen der Temperatur bilden die häufigste Ursache für den Wechsel des Aggregatzustandes. Feste Körper werden flüssig, flüssige verdampfen, wenn man ihnen Wärme zuführt, und in Folge von Wärmeentziehung gehen Gase und Dämpfe in den flüssigen, Flüs- sigkeiten in den festen Zustand über. Ohne Zweifel können an und für sich alle Körper, mit Ausnahme derjenigen, die, wie der Kohlen- stoff und viele zusammengesetzte organische Substanzen, leicht eine Verbrennung oder Zersetzung erfahren, je nach ihrem Wärmezustand in den drei Aggregatzuständen vorkommen; man hat im Knallgasge- bläse auch die beständigsten Metalle, wie Calcium, Silicium, Iridium u. s. w., zum Schmelzen gebracht. Nur gewisse Gase giebt es, die s. g. permanenten Gase, Wasserstoff, Stickstoff, Sauerstoff, die bis jetzt durch keine Temperaturerniedrigung in den flüssigen oder festen Zustand übergeführt werden konnten. Diejenige Temperatur, bei wel- cher ein fester Körper flüssig wird, nennt man den Schmelzpunkt, diejenige, bei welcher eine Flüssigkeit in die Gasform übergeht, den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/402
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/402>, abgerufen am 05.12.2024.