Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.Von der Wärme. brennt. Hieraus folgt, dass eine Verbindung eine andere Wärmemengebeim Verbrennen entwickelt, als wenn die einzelnen Bestandtheile verbrannt würden. Denn bei der Bildung der Verbindung ist eine gewisse Wärmemenge frei geworden, die nun bei ihrer Zersetzung wieder latent wird, und die also von der Verbrennungswärme der Bestandtheile in Abzug zu bringen ist. Im Allgemeinen ist daher die Verbrennungswärme der Verbindung kleiner als diejenige ihrer Be- standtheile. Nur sehr ausnahmsweise kommt es vor, dass die Ver- brennungswärme der Verbindung ebenso gross oder grösser wie die- jenige ihrer Bestandtheile ist: dies kann dann eintreten, wenn bei der Bildung der Verbindung nicht Wärme frei sondern latent wurde, z. B. durch Wechsel des Aggregatzustandes. Dagegen ist die Verbrennungs- wärme eines jeden einfachen oder zusammengesetzten Körpers eine völlig constante, mag die Verbrennung schnell vor sich gehen oder langsam, mag der Körper auf einmal in das Endproduct der Verbren- nung verwandelt werden oder vorher gewisse Zwischenstufen durch- laufen. So entwickelt z. B. 1 Gramm Kohle, wenn es sogleich zu Kohlensäure verbrannt wird, genau ebenso viel Wärme, als wenn es zuerst in Kohlenoxyd und dann dieses in Kohlensäure übergienge. Die ausführlichsten und zuverlässigsten Versuche über die Verbrennungswärme
Favre und Silvremann bedienten sich bei ihren Versuchen des Wasser- Von der Wärme. brennt. Hieraus folgt, dass eine Verbindung eine andere Wärmemengebeim Verbrennen entwickelt, als wenn die einzelnen Bestandtheile verbrannt würden. Denn bei der Bildung der Verbindung ist eine gewisse Wärmemenge frei geworden, die nun bei ihrer Zersetzung wieder latent wird, und die also von der Verbrennungswärme der Bestandtheile in Abzug zu bringen ist. Im Allgemeinen ist daher die Verbrennungswärme der Verbindung kleiner als diejenige ihrer Be- standtheile. Nur sehr ausnahmsweise kommt es vor, dass die Ver- brennungswärme der Verbindung ebenso gross oder grösser wie die- jenige ihrer Bestandtheile ist: dies kann dann eintreten, wenn bei der Bildung der Verbindung nicht Wärme frei sondern latent wurde, z. B. durch Wechsel des Aggregatzustandes. Dagegen ist die Verbrennungs- wärme eines jeden einfachen oder zusammengesetzten Körpers eine völlig constante, mag die Verbrennung schnell vor sich gehen oder langsam, mag der Körper auf einmal in das Endproduct der Verbren- nung verwandelt werden oder vorher gewisse Zwischenstufen durch- laufen. So entwickelt z. B. 1 Gramm Kohle, wenn es sogleich zu Kohlensäure verbrannt wird, genau ebenso viel Wärme, als wenn es zuerst in Kohlenoxyd und dann dieses in Kohlensäure übergienge. Die ausführlichsten und zuverlässigsten Versuche über die Verbrennungswärme
Favre und Silvremann bedienten sich bei ihren Versuchen des Wasser- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0444" n="422"/><fw place="top" type="header">Von der Wärme.</fw><lb/> brennt. Hieraus folgt, dass eine Verbindung eine andere Wärmemenge<lb/> beim Verbrennen entwickelt, als wenn die einzelnen Bestandtheile<lb/> verbrannt würden. Denn bei der Bildung der Verbindung ist eine<lb/> gewisse Wärmemenge frei geworden, die nun bei ihrer Zersetzung<lb/> wieder latent wird, und die also von der Verbrennungswärme der<lb/> Bestandtheile in Abzug zu bringen ist. Im Allgemeinen ist daher die<lb/> Verbrennungswärme der Verbindung kleiner als diejenige ihrer Be-<lb/> standtheile. Nur sehr ausnahmsweise kommt es vor, dass die Ver-<lb/> brennungswärme der Verbindung ebenso gross oder grösser wie die-<lb/> jenige ihrer Bestandtheile ist: dies kann dann eintreten, wenn bei der<lb/> Bildung der Verbindung nicht Wärme frei sondern latent wurde, z. B.<lb/> durch Wechsel des Aggregatzustandes. Dagegen ist die Verbrennungs-<lb/> wärme eines jeden einfachen oder zusammengesetzten Körpers eine<lb/> völlig constante, mag die Verbrennung schnell vor sich gehen oder<lb/> langsam, mag der Körper auf einmal in das Endproduct der Verbren-<lb/> nung verwandelt werden oder vorher gewisse Zwischenstufen durch-<lb/> laufen. So entwickelt z. B. 1 Gramm Kohle, wenn es sogleich zu<lb/> Kohlensäure verbrannt wird, genau ebenso viel Wärme, als wenn es<lb/> zuerst in Kohlenoxyd und dann dieses in Kohlensäure übergienge.</p><lb/> <p>Die ausführlichsten und zuverlässigsten Versuche über die Verbrennungswärme<lb/> einfacher und zusammengesetzter Körper verdankt man <hi rendition="#g">Favre</hi> und <hi rendition="#g">Silvremann</hi>.<lb/> Diese Physiker entdeckten, dass schon die einfachen Körper, wenn sie in verschiede-<lb/> nen physikalischen Formen vorkommen, eine etwas verschiedene Verbrennungswärme<lb/> zeigen. Dies galt namentlich von den s. g. allotropischen Modificationen der Kohle<lb/> und des Schwefels. Die von <hi rendition="#g">Favre</hi> und <hi rendition="#g">Silvremann</hi> für die Verbindung von je<lb/> 1 Grm. mit Sauerstoff gefundenen Wärmemengen sind folgende:</p><lb/> <table> <row> <cell>Wasserstoff</cell> <cell>34462</cell> <cell>Natürl. Schwefel</cell> <cell>2261,2<lb/></cell> </row> <row> <cell>Holzkohle</cell> <cell>8080</cell> <cell>Geschmolzener Schwefel</cell> <cell>2263,9<lb/></cell> </row> <row> <cell>Zuckerkohle</cell> <cell>8039,8</cell> <cell rows="2">Schwefel, aus Schwe-<lb/> felkohlenstoff kryst.</cell> <cell rows="2">2225,8<lb/></cell> </row> <row> <cell>Graphit</cell> <cell>7796,5</cell> </row> <row> <cell>Diamant</cell> <cell>7770,1</cell> <cell>Weicher Schwefel</cell> <cell>2258,4<lb/></cell> </row> <row> <cell>Kohlenoxydgas</cell> <cell>2403</cell> <cell cols="2"><lb/> </cell> </row> </table> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <table> <row> <cell>Essigsäure (C<hi rendition="#sub">4</hi>H<hi rendition="#sub">4</hi>O<hi rendition="#sub">4</hi>)</cell> <cell>3505</cell> <cell>Methylalkohol (C<hi rendition="#sub">2</hi>H<hi rendition="#sub">4</hi>O<hi rendition="#sub">2</hi>)</cell> <cell>5307<lb/></cell> </row> <row> <cell>Buttersäure (C<hi rendition="#sub">8</hi>H<hi rendition="#sub">8</hi>O<hi rendition="#sub">4</hi>)</cell> <cell>5647</cell> <cell>Aethylalkohol (C<hi rendition="#sub">4</hi>H<hi rendition="#sub">6</hi>O<hi rendition="#sub">2</hi>)</cell> <cell>7183,6<lb/></cell> </row> <row> <cell>Baldriansäure (C<hi rendition="#sub">10</hi>H<hi rendition="#sub">10</hi>O<hi rendition="#sub">4</hi>)</cell> <cell>6439</cell> <cell>Amylalkohol (C<hi rendition="#sub">10</hi>H<hi rendition="#sub">12</hi>O<hi rendition="#sub">2</hi>)</cell> <cell>8958,6<lb/></cell> </row> </table> <p><hi rendition="#g">Favre</hi> und <hi rendition="#g">Silvremann</hi> bedienten sich bei ihren Versuchen des Wasser-<lb/> calorimeters in der in Fig. 196 dargestellten Form. Dasselbe besteht aus einem<lb/> Blechgefäss A, in welches die zu verbrennende Substanz gebracht wird. Ein mit<lb/> demselben in Verbindung stehendes Rohr B dient zur Zuführung des Sauerstoffs, und<lb/> die bei der Verbrennung gebildeten gasförmigen Producte werden durch das schlangen-<lb/> förmig gewundene Rohr s s e nach aussen entführt; letzteres Rohr wird bei e ge-<lb/> schlossen, wenn keine gasförmigen Producte entstehen. Das Gefäss A geht oben in<lb/> eine weite, durch einen Glasdeckel verschlossene Röhre über, und es ist umgeben von<lb/> dem mit Wasser gefüllten Kupfergefäss C, in welchem sich ausser A noch die Stangen-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [422/0444]
Von der Wärme.
brennt. Hieraus folgt, dass eine Verbindung eine andere Wärmemenge
beim Verbrennen entwickelt, als wenn die einzelnen Bestandtheile
verbrannt würden. Denn bei der Bildung der Verbindung ist eine
gewisse Wärmemenge frei geworden, die nun bei ihrer Zersetzung
wieder latent wird, und die also von der Verbrennungswärme der
Bestandtheile in Abzug zu bringen ist. Im Allgemeinen ist daher die
Verbrennungswärme der Verbindung kleiner als diejenige ihrer Be-
standtheile. Nur sehr ausnahmsweise kommt es vor, dass die Ver-
brennungswärme der Verbindung ebenso gross oder grösser wie die-
jenige ihrer Bestandtheile ist: dies kann dann eintreten, wenn bei der
Bildung der Verbindung nicht Wärme frei sondern latent wurde, z. B.
durch Wechsel des Aggregatzustandes. Dagegen ist die Verbrennungs-
wärme eines jeden einfachen oder zusammengesetzten Körpers eine
völlig constante, mag die Verbrennung schnell vor sich gehen oder
langsam, mag der Körper auf einmal in das Endproduct der Verbren-
nung verwandelt werden oder vorher gewisse Zwischenstufen durch-
laufen. So entwickelt z. B. 1 Gramm Kohle, wenn es sogleich zu
Kohlensäure verbrannt wird, genau ebenso viel Wärme, als wenn es
zuerst in Kohlenoxyd und dann dieses in Kohlensäure übergienge.
Die ausführlichsten und zuverlässigsten Versuche über die Verbrennungswärme
einfacher und zusammengesetzter Körper verdankt man Favre und Silvremann.
Diese Physiker entdeckten, dass schon die einfachen Körper, wenn sie in verschiede-
nen physikalischen Formen vorkommen, eine etwas verschiedene Verbrennungswärme
zeigen. Dies galt namentlich von den s. g. allotropischen Modificationen der Kohle
und des Schwefels. Die von Favre und Silvremann für die Verbindung von je
1 Grm. mit Sauerstoff gefundenen Wärmemengen sind folgende:
Wasserstoff 34462 Natürl. Schwefel 2261,2
Holzkohle 8080 Geschmolzener Schwefel 2263,9
Zuckerkohle 8039,8 Schwefel, aus Schwe-
felkohlenstoff kryst. 2225,8
Graphit 7796,5
Diamant 7770,1 Weicher Schwefel 2258,4
Kohlenoxydgas 2403
Essigsäure (C4H4O4) 3505 Methylalkohol (C2H4O2) 5307
Buttersäure (C8H8O4) 5647 Aethylalkohol (C4H6O2) 7183,6
Baldriansäure (C10H10O4) 6439 Amylalkohol (C10H12O2) 8958,6
Favre und Silvremann bedienten sich bei ihren Versuchen des Wasser-
calorimeters in der in Fig. 196 dargestellten Form. Dasselbe besteht aus einem
Blechgefäss A, in welches die zu verbrennende Substanz gebracht wird. Ein mit
demselben in Verbindung stehendes Rohr B dient zur Zuführung des Sauerstoffs, und
die bei der Verbrennung gebildeten gasförmigen Producte werden durch das schlangen-
förmig gewundene Rohr s s e nach aussen entführt; letzteres Rohr wird bei e ge-
schlossen, wenn keine gasförmigen Producte entstehen. Das Gefäss A geht oben in
eine weite, durch einen Glasdeckel verschlossene Röhre über, und es ist umgeben von
dem mit Wasser gefüllten Kupfergefäss C, in welchem sich ausser A noch die Stangen-
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