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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Ursprung der Wärme und der Theorie der Wärmeerscheinungen.
[Abbildung] Fig. 196.
verbindung i i befindet, die zum Umrühren des Wassers
dient. Dieses Kupfergefäss ist dann, um die Wärmeab-
gabe an die Umgebung möglichst auf ein Minimum zu
reduciren, aussen von einer Hülle D aus Eiderdaunen
und letztere von einem zweiten Wassergefäss E umgeben,
welches oben mit einem hölzernen, mit den erforderlichen
Oeffnungen versehenen Deckel F bedeckt wird. t ist ein
Thermometer zur Beobachtung der Temperatur, welche das
Wasser in C annimmt. a ist ein Spiegel, in welchem
der Verbrennungsprocess beobachtet werden kann. Die
Temperatur des Wassers in C wird vor und nach dem
Versuch bestimmt und hieraus, unter Berücksichtigung
des durch Strahlung geschehenden Verlustes, die frei ge-
wordene Verbrennungswärme berechnet.

Aus der Gesammtheit der Wärmeerscheinungen folgt unumstöss-284
Wesen der
Wärme. Disgre-
gations- und
Schwingungs-
arbeit. Bezie-
hung der
Wärme zu den
Aggregatzu-
ständen.

lich der Satz, dass die Wärme Bewegung ist. Ueber die Art
und das Substrat der Wärmebewegungen kann bei einer Form der-
selben, bei der strahlenden Wärme, kein Zweifel sein: die Wärme-
strahlen bestehen gleich den Lichtstrahlen aus Transversalschwingun-
gen des Aethers, und sie sind, insoweit sie in den leuchtenden Theil
des Spektrums fallen, mit den Lichtstrahlen identisch. Die allge-
meinere
Eigenschaft der Aetherschwingungen besteht daher darin,
dass sie die Empfindung von Wärme erregen, und nur ein Theil der-
selben kann ausserdem in unserm Auge Lichteindrücke hervorrufen.
Wir dürfen hieraus mit grosser Wahrscheinlichkeit schliessen, dass
auch die in den Körpern vorhandene Wärme, die sich uns in der
Temperatur der Körper zu erkennen giebt, auf Schwingungsbewegun-
gen beruht. Doch gehen bis jetzt die Ansichten noch darüber aus-
einander, ob wir es in diesem Fall ebenfalls mit Aetherschwingungen
oder aber mit Schwingungen der wägbaren Molecüle zu thun haben.
Die Eigenschaften der Körper im gasförmigen Aggregatzustand ma-
chen die letztere Ansicht wahrscheinlich. Denn alle Eigenschaften der
Gase lassen sich aus geradlinig fortschreitenden Bewegungen der
Molecüle erklären. Das verschiedene Verhalten der flüssigen und
festen Körper würde sich, dies vorausgesetzt, daraus ableiten lassen,
dass in den festen Körpern die Molecüle um feste Gleichgewichts-
lagen schwingen, während in den Flüssigkeiten schwingende und fort-
schreitende Bewegungen gemischt sind, indem die Theilchen während
ihrer Schwingungen leicht aus der Anziehungssphäre der Nachbar-
molecüle hinausgerathen. Hiernach müssten wir annehmen, dass,
wenn ein Körper Wärme ausstrahlt, die Bewegung seiner Molecüle
auf die umgebenden Aethertheilchen sich überträgt. Die Erhöhung
der eigenen Temperatur eines Körpers würde dagegen in einer Ver-
stärkung seiner Molecularbewegungen bestehen, und auf eine unmittel-

Von dem Ursprung der Wärme und der Theorie der Wärmeerscheinungen.
[Abbildung] Fig. 196.
verbindung i i befindet, die zum Umrühren des Wassers
dient. Dieses Kupfergefäss ist dann, um die Wärmeab-
gabe an die Umgebung möglichst auf ein Minimum zu
reduciren, aussen von einer Hülle D aus Eiderdaunen
und letztere von einem zweiten Wassergefäss E umgeben,
welches oben mit einem hölzernen, mit den erforderlichen
Oeffnungen versehenen Deckel F bedeckt wird. t ist ein
Thermometer zur Beobachtung der Temperatur, welche das
Wasser in C annimmt. a ist ein Spiegel, in welchem
der Verbrennungsprocess beobachtet werden kann. Die
Temperatur des Wassers in C wird vor und nach dem
Versuch bestimmt und hieraus, unter Berücksichtigung
des durch Strahlung geschehenden Verlustes, die frei ge-
wordene Verbrennungswärme berechnet.

Aus der Gesammtheit der Wärmeerscheinungen folgt unumstöss-284
Wesen der
Wärme. Disgre-
gations- und
Schwingungs-
arbeit. Bezie-
hung der
Wärme zu den
Aggregatzu-
ständen.

lich der Satz, dass die Wärme Bewegung ist. Ueber die Art
und das Substrat der Wärmebewegungen kann bei einer Form der-
selben, bei der strahlenden Wärme, kein Zweifel sein: die Wärme-
strahlen bestehen gleich den Lichtstrahlen aus Transversalschwingun-
gen des Aethers, und sie sind, insoweit sie in den leuchtenden Theil
des Spektrums fallen, mit den Lichtstrahlen identisch. Die allge-
meinere
Eigenschaft der Aetherschwingungen besteht daher darin,
dass sie die Empfindung von Wärme erregen, und nur ein Theil der-
selben kann ausserdem in unserm Auge Lichteindrücke hervorrufen.
Wir dürfen hieraus mit grosser Wahrscheinlichkeit schliessen, dass
auch die in den Körpern vorhandene Wärme, die sich uns in der
Temperatur der Körper zu erkennen giebt, auf Schwingungsbewegun-
gen beruht. Doch gehen bis jetzt die Ansichten noch darüber aus-
einander, ob wir es in diesem Fall ebenfalls mit Aetherschwingungen
oder aber mit Schwingungen der wägbaren Molecüle zu thun haben.
Die Eigenschaften der Körper im gasförmigen Aggregatzustand ma-
chen die letztere Ansicht wahrscheinlich. Denn alle Eigenschaften der
Gase lassen sich aus geradlinig fortschreitenden Bewegungen der
Molecüle erklären. Das verschiedene Verhalten der flüssigen und
festen Körper würde sich, dies vorausgesetzt, daraus ableiten lassen,
dass in den festen Körpern die Molecüle um feste Gleichgewichts-
lagen schwingen, während in den Flüssigkeiten schwingende und fort-
schreitende Bewegungen gemischt sind, indem die Theilchen während
ihrer Schwingungen leicht aus der Anziehungssphäre der Nachbar-
molecüle hinausgerathen. Hiernach müssten wir annehmen, dass,
wenn ein Körper Wärme ausstrahlt, die Bewegung seiner Molecüle
auf die umgebenden Aethertheilchen sich überträgt. Die Erhöhung
der eigenen Temperatur eines Körpers würde dagegen in einer Ver-
stärkung seiner Molecularbewegungen bestehen, und auf eine unmittel-

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[423/0445] Von dem Ursprung der Wärme und der Theorie der Wärmeerscheinungen. [Abbildung Fig. 196.] verbindung i i befindet, die zum Umrühren des Wassers dient. Dieses Kupfergefäss ist dann, um die Wärmeab- gabe an die Umgebung möglichst auf ein Minimum zu reduciren, aussen von einer Hülle D aus Eiderdaunen und letztere von einem zweiten Wassergefäss E umgeben, welches oben mit einem hölzernen, mit den erforderlichen Oeffnungen versehenen Deckel F bedeckt wird. t ist ein Thermometer zur Beobachtung der Temperatur, welche das Wasser in C annimmt. a ist ein Spiegel, in welchem der Verbrennungsprocess beobachtet werden kann. Die Temperatur des Wassers in C wird vor und nach dem Versuch bestimmt und hieraus, unter Berücksichtigung des durch Strahlung geschehenden Verlustes, die frei ge- wordene Verbrennungswärme berechnet. Aus der Gesammtheit der Wärmeerscheinungen folgt unumstöss- lich der Satz, dass die Wärme Bewegung ist. Ueber die Art und das Substrat der Wärmebewegungen kann bei einer Form der- selben, bei der strahlenden Wärme, kein Zweifel sein: die Wärme- strahlen bestehen gleich den Lichtstrahlen aus Transversalschwingun- gen des Aethers, und sie sind, insoweit sie in den leuchtenden Theil des Spektrums fallen, mit den Lichtstrahlen identisch. Die allge- meinere Eigenschaft der Aetherschwingungen besteht daher darin, dass sie die Empfindung von Wärme erregen, und nur ein Theil der- selben kann ausserdem in unserm Auge Lichteindrücke hervorrufen. Wir dürfen hieraus mit grosser Wahrscheinlichkeit schliessen, dass auch die in den Körpern vorhandene Wärme, die sich uns in der Temperatur der Körper zu erkennen giebt, auf Schwingungsbewegun- gen beruht. Doch gehen bis jetzt die Ansichten noch darüber aus- einander, ob wir es in diesem Fall ebenfalls mit Aetherschwingungen oder aber mit Schwingungen der wägbaren Molecüle zu thun haben. Die Eigenschaften der Körper im gasförmigen Aggregatzustand ma- chen die letztere Ansicht wahrscheinlich. Denn alle Eigenschaften der Gase lassen sich aus geradlinig fortschreitenden Bewegungen der Molecüle erklären. Das verschiedene Verhalten der flüssigen und festen Körper würde sich, dies vorausgesetzt, daraus ableiten lassen, dass in den festen Körpern die Molecüle um feste Gleichgewichts- lagen schwingen, während in den Flüssigkeiten schwingende und fort- schreitende Bewegungen gemischt sind, indem die Theilchen während ihrer Schwingungen leicht aus der Anziehungssphäre der Nachbar- molecüle hinausgerathen. Hiernach müssten wir annehmen, dass, wenn ein Körper Wärme ausstrahlt, die Bewegung seiner Molecüle auf die umgebenden Aethertheilchen sich überträgt. Die Erhöhung der eigenen Temperatur eines Körpers würde dagegen in einer Ver- stärkung seiner Molecularbewegungen bestehen, und auf eine unmittel- 284 Wesen der Wärme. Disgre- gations- und Schwingungs- arbeit. Bezie- hung der Wärme zu den Aggregatzu- ständen.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/445>, abgerufen am 05.12.2024.