liche Magnete kann man dann in derselben Weise wie durch natür- liche neue Magnete erzeugen.
Die beiden Pole eines natürlichen oder künstlichen Magnets lassen sich daran von einander unterscheiden, dass ein in der Hori- zontalebene frei aufgehängter Magnet stets eine Lage annimmt, in welcher der eine Pol nach Norden, der andere nach Süden gerichtet ist. Man nennt daher den ersteren den Nordpol, den zweiten den Südpol. Nord- und Südpol verhalten sich dem unmagnetischen Ei- sen und Stahl gegenüber vollkommen gleich. Sie unterscheiden sich aber dadurch von einander, dass, wenn man zwei Magnete auf ein- ander wirken lässt, die gleichartigen Pole (Nord und Nord oder Süd und Süd) sich abstossen, die ungleichartigen aber (Nord und Süd) einander anziehen. Im Zusammenhang hiermit findet man, dass, wenn man einen Eisen- oder Stahlstab mit einem Magneten in Berührung bringt, in den magnetisch gewordenen Stäben die Lage der Pole eine der im ursprünglichen Magneten entgegenge- setzte ist: der Nordpol erregt also auf der ihm genäherten Seite des Eisen- oder Stahlstabes einen Südpol, der Südpol einen Nordpol.
Zur Verfertigung künstlicher Magnete dienen entweder prismatische oder huf- eisenförmig gekrümmte Stahlstäbe. Durch die blosse Berührung mit einem künstlichen Magneten würde man aber nicht hinreichend kräftige Magnete erhalten. Man bedient sich daher zur Magnetisirung hauptsächlich folgender Methoden: 1) Man streicht den zu magnetisirenden Stahlstab mit dem einen Pol des Magneten oft nach einander in derselben Richtung (Methode des einfachen Strichs); 2) man streicht den Stab von der Mitte an zuerst mit dem einen Pol nach der einen und dann mit dem andern Pol nach der andern Richtung (Methode des getrennten Strichs). Bei beiden Methoden entsteht an demjenigen Ende des Stabs, an welchem der Magnet denselben verlässt, ein dem berührenden entgegengesetzter Pol. Hat der Stab die Hufeisenform, so ver- fährt man in derselben Weise. Die Methoden bleiben endlich die nämlichen, wenn man sich zur Magnetisirung statt eines natürlichen oder künstlichen Magneten der in §. 341 zu beschreibenden Elektromagnete bedient.
Wenn man einen Magneten in seiner Mitte entzwei schneidet, so330 Elementare Con- stitution der Magnete. bleibt nicht etwa am einen Ende ein Nordpol, am andern ein Südpol zurück, sondern jede der beiden Hälften ist wieder ein vollständiger Magnet, indem an demjenigen Schnittende, welches mit dem Nordpol zusammenhängt, ein Südpol, an demjenigen, welches mit dem Südpol verbunden ist, ein Nordpol sich ausbildet. Zerbricht man einen Mag- neten der Länge nach in eine Menge einzelner Stücke, so bleibt jedes derselben ein vollständiger mit Süd- und Nordpol und einer indiffe- renten Mitte versehener Magnet. Hieraus müssen wir den Schluss ziehen, dass jeder natürliche oder künstliche Magnet aus einer Unzahl kleiner Molecularmagnete zusammengesetzt ist. Die magnetische Gesammtwirkung wird aus der Summe der Einzelwirkungen dieser
Magnetismus.
liche Magnete kann man dann in derselben Weise wie durch natür- liche neue Magnete erzeugen.
Die beiden Pole eines natürlichen oder künstlichen Magnets lassen sich daran von einander unterscheiden, dass ein in der Hori- zontalebene frei aufgehängter Magnet stets eine Lage annimmt, in welcher der eine Pol nach Norden, der andere nach Süden gerichtet ist. Man nennt daher den ersteren den Nordpol, den zweiten den Südpol. Nord- und Südpol verhalten sich dem unmagnetischen Ei- sen und Stahl gegenüber vollkommen gleich. Sie unterscheiden sich aber dadurch von einander, dass, wenn man zwei Magnete auf ein- ander wirken lässt, die gleichartigen Pole (Nord und Nord oder Süd und Süd) sich abstossen, die ungleichartigen aber (Nord und Süd) einander anziehen. Im Zusammenhang hiermit findet man, dass, wenn man einen Eisen- oder Stahlstab mit einem Magneten in Berührung bringt, in den magnetisch gewordenen Stäben die Lage der Pole eine der im ursprünglichen Magneten entgegenge- setzte ist: der Nordpol erregt also auf der ihm genäherten Seite des Eisen- oder Stahlstabes einen Südpol, der Südpol einen Nordpol.
Zur Verfertigung künstlicher Magnete dienen entweder prismatische oder huf- eisenförmig gekrümmte Stahlstäbe. Durch die blosse Berührung mit einem künstlichen Magneten würde man aber nicht hinreichend kräftige Magnete erhalten. Man bedient sich daher zur Magnetisirung hauptsächlich folgender Methoden: 1) Man streicht den zu magnetisirenden Stahlstab mit dem einen Pol des Magneten oft nach einander in derselben Richtung (Methode des einfachen Strichs); 2) man streicht den Stab von der Mitte an zuerst mit dem einen Pol nach der einen und dann mit dem andern Pol nach der andern Richtung (Methode des getrennten Strichs). Bei beiden Methoden entsteht an demjenigen Ende des Stabs, an welchem der Magnet denselben verlässt, ein dem berührenden entgegengesetzter Pol. Hat der Stab die Hufeisenform, so ver- fährt man in derselben Weise. Die Methoden bleiben endlich die nämlichen, wenn man sich zur Magnetisirung statt eines natürlichen oder künstlichen Magneten der in §. 341 zu beschreibenden Elektromagnete bedient.
Wenn man einen Magneten in seiner Mitte entzwei schneidet, so330 Elementare Con- stitution der Magnete. bleibt nicht etwa am einen Ende ein Nordpol, am andern ein Südpol zurück, sondern jede der beiden Hälften ist wieder ein vollständiger Magnet, indem an demjenigen Schnittende, welches mit dem Nordpol zusammenhängt, ein Südpol, an demjenigen, welches mit dem Südpol verbunden ist, ein Nordpol sich ausbildet. Zerbricht man einen Mag- neten der Länge nach in eine Menge einzelner Stücke, so bleibt jedes derselben ein vollständiger mit Süd- und Nordpol und einer indiffe- renten Mitte versehener Magnet. Hieraus müssen wir den Schluss ziehen, dass jeder natürliche oder künstliche Magnet aus einer Unzahl kleiner Molecularmagnete zusammengesetzt ist. Die magnetische Gesammtwirkung wird aus der Summe der Einzelwirkungen dieser
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0525"n="503"/><fwplace="top"type="header">Magnetismus.</fw><lb/>
liche Magnete kann man dann in derselben Weise wie durch natür-<lb/>
liche neue Magnete erzeugen.</p><lb/><p>Die beiden <hirendition="#g">Pole</hi> eines natürlichen oder künstlichen Magnets<lb/>
lassen sich daran von einander unterscheiden, dass ein in der Hori-<lb/>
zontalebene frei aufgehängter Magnet stets eine Lage annimmt, in<lb/>
welcher der eine Pol nach Norden, der andere nach Süden gerichtet<lb/>
ist. Man nennt daher den ersteren den <hirendition="#g">Nordpol</hi>, den zweiten den<lb/><hirendition="#g">Südpol</hi>. Nord- und Südpol verhalten sich dem unmagnetischen Ei-<lb/>
sen und Stahl gegenüber vollkommen gleich. Sie unterscheiden sich<lb/>
aber dadurch von einander, dass, wenn man zwei Magnete auf ein-<lb/>
ander wirken lässt, <hirendition="#g">die gleichartigen Pole</hi> (Nord und Nord<lb/>
oder Süd und Süd) <hirendition="#g">sich abstossen, die ungleichartigen aber</hi><lb/>
(Nord und Süd) <hirendition="#g">einander anziehen</hi>. Im Zusammenhang hiermit<lb/>
findet man, dass, wenn man einen Eisen- oder Stahlstab mit einem<lb/>
Magneten in Berührung bringt, in den magnetisch gewordenen Stäben<lb/>
die Lage der Pole eine der im ursprünglichen Magneten entgegenge-<lb/>
setzte ist: der Nordpol erregt also auf der ihm genäherten Seite des<lb/>
Eisen- oder Stahlstabes einen Südpol, der Südpol einen Nordpol.</p><lb/><p>Zur Verfertigung künstlicher Magnete dienen entweder prismatische oder huf-<lb/>
eisenförmig gekrümmte Stahlstäbe. Durch die blosse Berührung mit einem künstlichen<lb/>
Magneten würde man aber nicht hinreichend kräftige Magnete erhalten. Man bedient<lb/>
sich daher zur Magnetisirung hauptsächlich folgender Methoden: 1) Man streicht den<lb/>
zu magnetisirenden Stahlstab mit dem einen Pol des Magneten oft nach einander in<lb/>
derselben Richtung (Methode des einfachen Strichs); 2) man streicht den Stab von<lb/>
der Mitte an zuerst mit dem einen Pol nach der einen und dann mit dem andern Pol<lb/>
nach der andern Richtung (Methode des getrennten Strichs). Bei beiden Methoden<lb/>
entsteht an demjenigen Ende des Stabs, an welchem der Magnet denselben verlässt,<lb/>
ein dem berührenden entgegengesetzter Pol. Hat der Stab die Hufeisenform, so ver-<lb/>
fährt man in derselben Weise. Die Methoden bleiben endlich die nämlichen, wenn<lb/>
man sich zur Magnetisirung statt eines natürlichen oder künstlichen Magneten der in<lb/>
§. 341 zu beschreibenden Elektromagnete bedient.</p><lb/><p>Wenn man einen Magneten in seiner Mitte entzwei schneidet, so<noteplace="right">330<lb/>
Elementare Con-<lb/>
stitution der<lb/>
Magnete.</note><lb/>
bleibt nicht etwa am einen Ende ein Nordpol, am andern ein Südpol<lb/>
zurück, sondern jede der beiden Hälften ist wieder ein vollständiger<lb/>
Magnet, indem an demjenigen Schnittende, welches mit dem Nordpol<lb/>
zusammenhängt, ein Südpol, an demjenigen, welches mit dem Südpol<lb/>
verbunden ist, ein Nordpol sich ausbildet. Zerbricht man einen Mag-<lb/>
neten der Länge nach in eine Menge einzelner Stücke, so bleibt jedes<lb/>
derselben ein vollständiger mit Süd- und Nordpol und einer indiffe-<lb/>
renten Mitte versehener Magnet. Hieraus müssen wir den Schluss<lb/>
ziehen, dass jeder natürliche oder künstliche Magnet aus einer Unzahl<lb/>
kleiner <hirendition="#g">Molecularmagnete</hi> zusammengesetzt ist. Die magnetische<lb/>
Gesammtwirkung wird aus der Summe der Einzelwirkungen dieser<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[503/0525]
Magnetismus.
liche Magnete kann man dann in derselben Weise wie durch natür-
liche neue Magnete erzeugen.
Die beiden Pole eines natürlichen oder künstlichen Magnets
lassen sich daran von einander unterscheiden, dass ein in der Hori-
zontalebene frei aufgehängter Magnet stets eine Lage annimmt, in
welcher der eine Pol nach Norden, der andere nach Süden gerichtet
ist. Man nennt daher den ersteren den Nordpol, den zweiten den
Südpol. Nord- und Südpol verhalten sich dem unmagnetischen Ei-
sen und Stahl gegenüber vollkommen gleich. Sie unterscheiden sich
aber dadurch von einander, dass, wenn man zwei Magnete auf ein-
ander wirken lässt, die gleichartigen Pole (Nord und Nord
oder Süd und Süd) sich abstossen, die ungleichartigen aber
(Nord und Süd) einander anziehen. Im Zusammenhang hiermit
findet man, dass, wenn man einen Eisen- oder Stahlstab mit einem
Magneten in Berührung bringt, in den magnetisch gewordenen Stäben
die Lage der Pole eine der im ursprünglichen Magneten entgegenge-
setzte ist: der Nordpol erregt also auf der ihm genäherten Seite des
Eisen- oder Stahlstabes einen Südpol, der Südpol einen Nordpol.
Zur Verfertigung künstlicher Magnete dienen entweder prismatische oder huf-
eisenförmig gekrümmte Stahlstäbe. Durch die blosse Berührung mit einem künstlichen
Magneten würde man aber nicht hinreichend kräftige Magnete erhalten. Man bedient
sich daher zur Magnetisirung hauptsächlich folgender Methoden: 1) Man streicht den
zu magnetisirenden Stahlstab mit dem einen Pol des Magneten oft nach einander in
derselben Richtung (Methode des einfachen Strichs); 2) man streicht den Stab von
der Mitte an zuerst mit dem einen Pol nach der einen und dann mit dem andern Pol
nach der andern Richtung (Methode des getrennten Strichs). Bei beiden Methoden
entsteht an demjenigen Ende des Stabs, an welchem der Magnet denselben verlässt,
ein dem berührenden entgegengesetzter Pol. Hat der Stab die Hufeisenform, so ver-
fährt man in derselben Weise. Die Methoden bleiben endlich die nämlichen, wenn
man sich zur Magnetisirung statt eines natürlichen oder künstlichen Magneten der in
§. 341 zu beschreibenden Elektromagnete bedient.
Wenn man einen Magneten in seiner Mitte entzwei schneidet, so
bleibt nicht etwa am einen Ende ein Nordpol, am andern ein Südpol
zurück, sondern jede der beiden Hälften ist wieder ein vollständiger
Magnet, indem an demjenigen Schnittende, welches mit dem Nordpol
zusammenhängt, ein Südpol, an demjenigen, welches mit dem Südpol
verbunden ist, ein Nordpol sich ausbildet. Zerbricht man einen Mag-
neten der Länge nach in eine Menge einzelner Stücke, so bleibt jedes
derselben ein vollständiger mit Süd- und Nordpol und einer indiffe-
renten Mitte versehener Magnet. Hieraus müssen wir den Schluss
ziehen, dass jeder natürliche oder künstliche Magnet aus einer Unzahl
kleiner Molecularmagnete zusammengesetzt ist. Die magnetische
Gesammtwirkung wird aus der Summe der Einzelwirkungen dieser
330
Elementare Con-
stitution der
Magnete.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/525>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.