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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Die Gesetze der Bewegung.
ja die Wirkung der Kraft auf alle Punkte gleichmässig vertheilt. Ein
Körper, der aus 100 Punkten bestünde, hätte aber eine 100mal so
grosse Masse als ein einziger Punkt, und wir sagen desshalb: die
Wirkung einer Kraft ist direct proportional der Grösse der Kraft und
umgekehrt proportional der Masse, auf welche sie wirkt. Nennen wir
P die Kraft und M die Masse, so wird also die Beschleunigung immer
proportional [Formel 1] sein. Nehmen wir an, eine Kraft 1 ertheile der
Masse 1 die Beschleunigung G, so wird die Kraft P der Masse M die
Beschleunigung [Formel 2] . G ertheilen. Da es nun gleichgültig ist, welche
Einheit wir für die Kraft wählen, und da wir ein Maass für die Kraft
überhaupt nur aus ihrer Wirkung gewinnen können, so liegt es am
nächsten als Einheit der Kraft diejenige Kraft zu setzen, welche die
Einheit der Wirkung erzeugt, also diejenige Kraft, welche der Masse
1 die Beschleunigung 1 ertheilt. Dann wird offenbar die Kraft P der
Masse M die Beschleunigung [Formel 3] ertheilen; und nun ist die Geschwin-
digkeit v nach t Secunden
1) [Formel 4]
und der in dieser Zeit zurückgelegte Weg
2) [Formel 5] .
Aus der ersten dieser Gleichungen folgt, dass [Formel 6] ist, und
wenn man diesen Werth in die zweite Gleichung einsetzt, so ergibt sich
[Formel 7] oder
3) [Formel 8] .
Es existirt also eine Beziehung zwischen der in einem bestimmten
Zeitpunkt vorhandenen Geschwindigkeit v und dem bis zum selben Zeit-
punkt zurückgelegten Weg s, welche unabhängig von der Zeitdauer
ist, die für die Zurücklegung dieses Weges und für die Erlangung die-
ser Geschwindigkeit erforderlich war. Nach jener Beziehung ist für
jeden Zeitpunkt der Bewegung das Product der Grösse einer gleich-
förmig wirkenden Kraft in die Länge des Wegs, auf dem sie gewirkt
hat, gleich dem halben Product der Masse, auf die sie wirkte, in das
Quadrat der Endgeschwindigkeit, welche diese Masse erlangt hat.
Man nennt in der Mechanik das Product P. s die Arbeit einer Kraft,
und das Product m v2 die lebendige Kraft.

Die Kenntniss der Beziehung zwischen der Arbeitsgrösse einer Kraft und der
durch sie erzeugten lebendigen Kraft ist von grosser Wichtigkeit, da sie uns gestat-
tet irgend eine der in dieselbe eingehenden Grössen vorauszubestimmen, sobald nur die

Die Gesetze der Bewegung.
ja die Wirkung der Kraft auf alle Punkte gleichmässig vertheilt. Ein
Körper, der aus 100 Punkten bestünde, hätte aber eine 100mal so
grosse Masse als ein einziger Punkt, und wir sagen desshalb: die
Wirkung einer Kraft ist direct proportional der Grösse der Kraft und
umgekehrt proportional der Masse, auf welche sie wirkt. Nennen wir
P die Kraft und M die Masse, so wird also die Beschleunigung immer
proportional [Formel 1] sein. Nehmen wir an, eine Kraft 1 ertheile der
Masse 1 die Beschleunigung G, so wird die Kraft P der Masse M die
Beschleunigung [Formel 2] . G ertheilen. Da es nun gleichgültig ist, welche
Einheit wir für die Kraft wählen, und da wir ein Maass für die Kraft
überhaupt nur aus ihrer Wirkung gewinnen können, so liegt es am
nächsten als Einheit der Kraft diejenige Kraft zu setzen, welche die
Einheit der Wirkung erzeugt, also diejenige Kraft, welche der Masse
1 die Beschleunigung 1 ertheilt. Dann wird offenbar die Kraft P der
Masse M die Beschleunigung [Formel 3] ertheilen; und nun ist die Geschwin-
digkeit v nach t Secunden
1) [Formel 4]
und der in dieser Zeit zurückgelegte Weg
2) [Formel 5] .
Aus der ersten dieser Gleichungen folgt, dass [Formel 6] ist, und
wenn man diesen Werth in die zweite Gleichung einsetzt, so ergibt sich
[Formel 7] oder
3) [Formel 8] .
Es existirt also eine Beziehung zwischen der in einem bestimmten
Zeitpunkt vorhandenen Geschwindigkeit v und dem bis zum selben Zeit-
punkt zurückgelegten Weg s, welche unabhängig von der Zeitdauer
ist, die für die Zurücklegung dieses Weges und für die Erlangung die-
ser Geschwindigkeit erforderlich war. Nach jener Beziehung ist für
jeden Zeitpunkt der Bewegung das Product der Grösse einer gleich-
förmig wirkenden Kraft in die Länge des Wegs, auf dem sie gewirkt
hat, gleich dem halben Product der Masse, auf die sie wirkte, in das
Quadrat der Endgeschwindigkeit, welche diese Masse erlangt hat.
Man nennt in der Mechanik das Product P. s die Arbeit einer Kraft,
und das Product m v2 die lebendige Kraft.

Die Kenntniss der Beziehung zwischen der Arbeitsgrösse einer Kraft und der
durch sie erzeugten lebendigen Kraft ist von grosser Wichtigkeit, da sie uns gestat-
tet irgend eine der in dieselbe eingehenden Grössen vorauszubestimmen, sobald nur die

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[31/0053] Die Gesetze der Bewegung. ja die Wirkung der Kraft auf alle Punkte gleichmässig vertheilt. Ein Körper, der aus 100 Punkten bestünde, hätte aber eine 100mal so grosse Masse als ein einziger Punkt, und wir sagen desshalb: die Wirkung einer Kraft ist direct proportional der Grösse der Kraft und umgekehrt proportional der Masse, auf welche sie wirkt. Nennen wir P die Kraft und M die Masse, so wird also die Beschleunigung immer proportional [FORMEL] sein. Nehmen wir an, eine Kraft 1 ertheile der Masse 1 die Beschleunigung G, so wird die Kraft P der Masse M die Beschleunigung [FORMEL]. G ertheilen. Da es nun gleichgültig ist, welche Einheit wir für die Kraft wählen, und da wir ein Maass für die Kraft überhaupt nur aus ihrer Wirkung gewinnen können, so liegt es am nächsten als Einheit der Kraft diejenige Kraft zu setzen, welche die Einheit der Wirkung erzeugt, also diejenige Kraft, welche der Masse 1 die Beschleunigung 1 ertheilt. Dann wird offenbar die Kraft P der Masse M die Beschleunigung [FORMEL] ertheilen; und nun ist die Geschwin- digkeit v nach t Secunden 1) [FORMEL] und der in dieser Zeit zurückgelegte Weg 2) [FORMEL]. Aus der ersten dieser Gleichungen folgt, dass [FORMEL] ist, und wenn man diesen Werth in die zweite Gleichung einsetzt, so ergibt sich [FORMEL] oder 3) [FORMEL]. Es existirt also eine Beziehung zwischen der in einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Geschwindigkeit v und dem bis zum selben Zeit- punkt zurückgelegten Weg s, welche unabhängig von der Zeitdauer ist, die für die Zurücklegung dieses Weges und für die Erlangung die- ser Geschwindigkeit erforderlich war. Nach jener Beziehung ist für jeden Zeitpunkt der Bewegung das Product der Grösse einer gleich- förmig wirkenden Kraft in die Länge des Wegs, auf dem sie gewirkt hat, gleich dem halben Product der Masse, auf die sie wirkte, in das Quadrat der Endgeschwindigkeit, welche diese Masse erlangt hat. Man nennt in der Mechanik das Product P. s die Arbeit einer Kraft, und das Product m v2 die lebendige Kraft. Die Kenntniss der Beziehung zwischen der Arbeitsgrösse einer Kraft und der durch sie erzeugten lebendigen Kraft ist von grosser Wichtigkeit, da sie uns gestat- tet irgend eine der in dieselbe eingehenden Grössen vorauszubestimmen, sobald nur die

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/53>, abgerufen am 27.11.2024.