seren Magneten drehen würde. Hieraus folgt unmittelbar die oben gefundene Abhängigkeit der Lage der Pole von der Richtung des Stroms. Je stärker der Strom wird, um so grösser ist natürlich auch die auf jene Molecularsolenoide ausgeübte Richtkraft, und um so mehr wächst demzufolge der Magnetismus. Doch ist es erklärlich, dass die- ses Wachsen allmälig abnimmt, und es ist zu erwarten, dass es eine Grenze giebt, wo alle Solenoide die durch den Strom bestimmte Dre- hung angenommen haben, und von der an ein weiteres Wachsen des Magnetismus nicht mehr möglich wäre.
342 Diamagnetis- mus. Para- und diamagnetische Körper.
Man hat längst sich gefragt, ob Eisen und Stahl die einzigen Körper seien, welche jene molecularen Eigenschaften besitzen, vermöge deren sie unter dem Einfluss von Magneten oder elektrischen Strömen selbst zu Magneten werden. Alle früheren Bestrebungen an andern Körpern magnetische Eigenschaften nachzuweisen waren aber erfolg- los. Erst durch die Entdeckung des Elektromagnetismus wurde man in den Stand gesetzt so starke Magnete zu erzeugen, dass es mit ihrer Hülfe gelang, auch an andern Körpern Erscheinungen nachzu- weisen, welche der Anziehung des Eisens durch den Magneten ent- sprechen.
Zunächst ergab sich hierbei, dass nur sehr wenige Körper die Eigenschaft des Eisens, von beiden Polen eines Magneten angezogen zu werden, in schwächerem Grade theilen. Diese magnetischen Kör- per sind Nickel, Kobalt, Platin, Mangan, Chrom und einige andere seltenere Metalle. Die meisten Metalle und Metalloide, sowie eine grosse Zahl zusammengesetzter Körper zeigen aber die entgegenge- setzte Eigenschaft: bringt man sie in die Nähe eines der Pole eines starken Elektromagneten, so werden sie von demselben abgestossen. Man bezeichnet diese Eigenschaft als Diamagnetismus, und die Substanzen, die mit ihr begabt sind, nennt man diamagnetisch; im Gegensatz zu ihnen werden die magnetischen Körper zuweilen auch als paramagnetisch bezeichnet.
Wahrscheinlich sind alle Körper in gewissem Grade magnetisch oder diamagnetisch, die überwiegende Anzahl derselben ist letzteres. So werden nach den Versuchen von Faraday Wismuth, Antimon, Zink, Zinn, Silber, Gold und andere Metalle sowie ihre Oxyde und Salze, ebenso Eis, eisenfreies Glas, Fleisch, thierische Fette, Holz, Elfenbein, Leder u. s. w. von den Polen eines starken Elektromagne- ten abgestossen. Eine Anziehung erfahren dagegen ausser den oben genannten magnetischen Metallen deren Oxyde und Salze. Die meisten Flüssigkeiten, namentlich Wasser, Alkohol, Aether, Säuren, die thierischen Flüssigkeiten (wie Blut, Milch) sind diamagnetisch; ferner sind die Lösun- gen der magnetischen Metalle nur in concentrirtem Zustande magnetisch, in verdünnten Lösungen gewinnt der Diamagnetismus des Wassers das
Von der Elektricität.
seren Magneten drehen würde. Hieraus folgt unmittelbar die oben gefundene Abhängigkeit der Lage der Pole von der Richtung des Stroms. Je stärker der Strom wird, um so grösser ist natürlich auch die auf jene Molecularsolenoïde ausgeübte Richtkraft, und um so mehr wächst demzufolge der Magnetismus. Doch ist es erklärlich, dass die- ses Wachsen allmälig abnimmt, und es ist zu erwarten, dass es eine Grenze giebt, wo alle Solenoide die durch den Strom bestimmte Dre- hung angenommen haben, und von der an ein weiteres Wachsen des Magnetismus nicht mehr möglich wäre.
342 Diamagnetis- mus. Para- und diamagnetische Körper.
Man hat längst sich gefragt, ob Eisen und Stahl die einzigen Körper seien, welche jene molecularen Eigenschaften besitzen, vermöge deren sie unter dem Einfluss von Magneten oder elektrischen Strömen selbst zu Magneten werden. Alle früheren Bestrebungen an andern Körpern magnetische Eigenschaften nachzuweisen waren aber erfolg- los. Erst durch die Entdeckung des Elektromagnetismus wurde man in den Stand gesetzt so starke Magnete zu erzeugen, dass es mit ihrer Hülfe gelang, auch an andern Körpern Erscheinungen nachzu- weisen, welche der Anziehung des Eisens durch den Magneten ent- sprechen.
Zunächst ergab sich hierbei, dass nur sehr wenige Körper die Eigenschaft des Eisens, von beiden Polen eines Magneten angezogen zu werden, in schwächerem Grade theilen. Diese magnetischen Kör- per sind Nickel, Kobalt, Platin, Mangan, Chrom und einige andere seltenere Metalle. Die meisten Metalle und Metalloide, sowie eine grosse Zahl zusammengesetzter Körper zeigen aber die entgegenge- setzte Eigenschaft: bringt man sie in die Nähe eines der Pole eines starken Elektromagneten, so werden sie von demselben abgestossen. Man bezeichnet diese Eigenschaft als Diamagnetismus, und die Substanzen, die mit ihr begabt sind, nennt man diamagnetisch; im Gegensatz zu ihnen werden die magnetischen Körper zuweilen auch als paramagnetisch bezeichnet.
Wahrscheinlich sind alle Körper in gewissem Grade magnetisch oder diamagnetisch, die überwiegende Anzahl derselben ist letzteres. So werden nach den Versuchen von Faraday Wismuth, Antimon, Zink, Zinn, Silber, Gold und andere Metalle sowie ihre Oxyde und Salze, ebenso Eis, eisenfreies Glas, Fleisch, thierische Fette, Holz, Elfenbein, Leder u. s. w. von den Polen eines starken Elektromagne- ten abgestossen. Eine Anziehung erfahren dagegen ausser den oben genannten magnetischen Metallen deren Oxyde und Salze. Die meisten Flüssigkeiten, namentlich Wasser, Alkohol, Aether, Säuren, die thierischen Flüssigkeiten (wie Blut, Milch) sind diamagnetisch; ferner sind die Lösun- gen der magnetischen Metalle nur in concentrirtem Zustande magnetisch, in verdünnten Lösungen gewinnt der Diamagnetismus des Wassers das
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[528/0550]
Von der Elektricität.
seren Magneten drehen würde. Hieraus folgt unmittelbar die oben
gefundene Abhängigkeit der Lage der Pole von der Richtung des
Stroms. Je stärker der Strom wird, um so grösser ist natürlich auch
die auf jene Molecularsolenoïde ausgeübte Richtkraft, und um so mehr
wächst demzufolge der Magnetismus. Doch ist es erklärlich, dass die-
ses Wachsen allmälig abnimmt, und es ist zu erwarten, dass es eine
Grenze giebt, wo alle Solenoide die durch den Strom bestimmte Dre-
hung angenommen haben, und von der an ein weiteres Wachsen des
Magnetismus nicht mehr möglich wäre.
Man hat längst sich gefragt, ob Eisen und Stahl die einzigen
Körper seien, welche jene molecularen Eigenschaften besitzen, vermöge
deren sie unter dem Einfluss von Magneten oder elektrischen Strömen
selbst zu Magneten werden. Alle früheren Bestrebungen an andern
Körpern magnetische Eigenschaften nachzuweisen waren aber erfolg-
los. Erst durch die Entdeckung des Elektromagnetismus wurde man
in den Stand gesetzt so starke Magnete zu erzeugen, dass es mit
ihrer Hülfe gelang, auch an andern Körpern Erscheinungen nachzu-
weisen, welche der Anziehung des Eisens durch den Magneten ent-
sprechen.
Zunächst ergab sich hierbei, dass nur sehr wenige Körper die
Eigenschaft des Eisens, von beiden Polen eines Magneten angezogen
zu werden, in schwächerem Grade theilen. Diese magnetischen Kör-
per sind Nickel, Kobalt, Platin, Mangan, Chrom und einige andere
seltenere Metalle. Die meisten Metalle und Metalloide, sowie eine
grosse Zahl zusammengesetzter Körper zeigen aber die entgegenge-
setzte Eigenschaft: bringt man sie in die Nähe eines der Pole eines
starken Elektromagneten, so werden sie von demselben abgestossen.
Man bezeichnet diese Eigenschaft als Diamagnetismus, und die
Substanzen, die mit ihr begabt sind, nennt man diamagnetisch;
im Gegensatz zu ihnen werden die magnetischen Körper zuweilen auch
als paramagnetisch bezeichnet.
Wahrscheinlich sind alle Körper in gewissem Grade magnetisch
oder diamagnetisch, die überwiegende Anzahl derselben ist letzteres.
So werden nach den Versuchen von Faraday Wismuth, Antimon,
Zink, Zinn, Silber, Gold und andere Metalle sowie ihre Oxyde und
Salze, ebenso Eis, eisenfreies Glas, Fleisch, thierische Fette, Holz,
Elfenbein, Leder u. s. w. von den Polen eines starken Elektromagne-
ten abgestossen. Eine Anziehung erfahren dagegen ausser den oben
genannten magnetischen Metallen deren Oxyde und Salze. Die meisten
Flüssigkeiten, namentlich Wasser, Alkohol, Aether, Säuren, die thierischen
Flüssigkeiten (wie Blut, Milch) sind diamagnetisch; ferner sind die Lösun-
gen der magnetischen Metalle nur in concentrirtem Zustande magnetisch,
in verdünnten Lösungen gewinnt der Diamagnetismus des Wassers das
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 528. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/550>, abgerufen am 05.12.2024.
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