Uebergewicht. Unter den Gasen ist nur der Sauerstoff und durch ihn auch die Luft magnetisch, alle übrigen Gase sind diamagnetisch.
Die Körper, die ausser dem Eisen magnetisch sind, müssen wir343 Erklärung des Diamagnetis- mus. Magneti- sches Verhalten der Krystalle. Drehung der Po- larisationsebene des Lichtes durch Magnete und elektrische Ströme. uns offenbar gleich diesem aus verschieden gerichteten Molecularmag- neten oder Solenoiden bestehend denken, welche unter dem Einfluss des Stromes eine polare Richtung empfangen. Da nun auch zwei Magnete sich abstossen, wenn sie mit ihren gleichnamigen Polen sich zugekehrt werden, so liegt es nahe, die diamagnetische Abstossung ebenfalls auf das Entstehen eines polaren Zustandes in den Körpern zurückzuführen, eines solchen aber, bei dem gegenüber jedem Pol des erregenden Magneten nicht ein ungleichnamiger, sondern ein gleich- namiger Pol entsteht. Der Beweis für die Richtigkeit dieser Ansicht besteht darin, dass die diamagnetischen Substanzen unter dem Einfluss eines starken Magneten die Eigenschaft empfangen, selber auf Magnet- pole anziehend oder abstossend zurückzuwirken. Bringt man also z. B. in die Nähe eines starken Magnetpols ein Wismuthstäbchen, so wird dadurch die Wirkung des Magnetpols verstärkt, weil in dem ge- näherten Ende des Wismuthstäbchens ein gleichnamiger Pol entsteht. W. Weber zeigte ferner, dass diamagnetische Substanzen innerhalb einer Drahtspirale gleich dem Eisen zwei auf die Magnetnadel wir- kende Pole annehmen, diese Pole hatten aber die entgegengesetzte Lage zum Strom. Denkt man sich also im Strome schwimmend, so entsteht in diesem Fall zur Rechten, nicht zur Linken, der Nordpol. Das Drehungsmoment, welches ein auf diese Weise diamagnetisch ge- machtes Wismuthstäbchen auf einen fernen Magneten ausübt, ist nach Weber fast 15 Millionen mal kleiner als das magnetische Moment des Eisens.
Nach dem geschilderten Verhalten der diamagnetischen Körper gegen Magnete und gegen den Strom müssen wir annehmen, dass in denselben gleichfalls Molecularströme erregt werden, dass diese Mole- cularströme aber eine entgegengesetzte Richtung wie die Ströme in magnetisirbaren Körpern erhalten. Dies steht mit den bisher entwickel- ten Gesetzen der Elektrodynamik im Widerspruch, aus welchen sich uns die Magnetisirung unter der Voraussetzung ergab, dass die Mole- cüle der paramagnetischen Körper von Strömen umkreist seien und in Folge dessen durch einen andern Strom gemäss dem elektrodynami- schen Grundgesetz eine Richtkraft empfangen. Wir werden aber in den nächsten §§. sehen, dass auch solche Leiter, die nicht selbst von einem Strom durchflossen sind, durch den Strom eine Einwirkung erfahren. Diese Einwirkung besteht darin, dass in dem Leiter im Moment, in welchem ihm der Strom genähert wird, ein Strom von ent- gegengesetzter Richtung entsteht. Ist nun in den diamagnetischen Leitern, wie in den paramagnetischen, der Widerstand, welchen die auf
Wundt, medicin. Physik. 34
Elektromagnetismus und Diamagnetismus.
Uebergewicht. Unter den Gasen ist nur der Sauerstoff und durch ihn auch die Luft magnetisch, alle übrigen Gase sind diamagnetisch.
Die Körper, die ausser dem Eisen magnetisch sind, müssen wir343 Erklärung des Diamagnetis- mus. Magneti- sches Verhalten der Krystalle. Drehung der Po- larisationsebene des Lichtes durch Magnete und elektrische Ströme. uns offenbar gleich diesem aus verschieden gerichteten Molecularmag- neten oder Solenoïden bestehend denken, welche unter dem Einfluss des Stromes eine polare Richtung empfangen. Da nun auch zwei Magnete sich abstossen, wenn sie mit ihren gleichnamigen Polen sich zugekehrt werden, so liegt es nahe, die diamagnetische Abstossung ebenfalls auf das Entstehen eines polaren Zustandes in den Körpern zurückzuführen, eines solchen aber, bei dem gegenüber jedem Pol des erregenden Magneten nicht ein ungleichnamiger, sondern ein gleich- namiger Pol entsteht. Der Beweis für die Richtigkeit dieser Ansicht besteht darin, dass die diamagnetischen Substanzen unter dem Einfluss eines starken Magneten die Eigenschaft empfangen, selber auf Magnet- pole anziehend oder abstossend zurückzuwirken. Bringt man also z. B. in die Nähe eines starken Magnetpols ein Wismuthstäbchen, so wird dadurch die Wirkung des Magnetpols verstärkt, weil in dem ge- näherten Ende des Wismuthstäbchens ein gleichnamiger Pol entsteht. W. Weber zeigte ferner, dass diamagnetische Substanzen innerhalb einer Drahtspirale gleich dem Eisen zwei auf die Magnetnadel wir- kende Pole annehmen, diese Pole hatten aber die entgegengesetzte Lage zum Strom. Denkt man sich also im Strome schwimmend, so entsteht in diesem Fall zur Rechten, nicht zur Linken, der Nordpol. Das Drehungsmoment, welches ein auf diese Weise diamagnetisch ge- machtes Wismuthstäbchen auf einen fernen Magneten ausübt, ist nach Weber fast 15 Millionen mal kleiner als das magnetische Moment des Eisens.
Nach dem geschilderten Verhalten der diamagnetischen Körper gegen Magnete und gegen den Strom müssen wir annehmen, dass in denselben gleichfalls Molecularströme erregt werden, dass diese Mole- cularströme aber eine entgegengesetzte Richtung wie die Ströme in magnetisirbaren Körpern erhalten. Dies steht mit den bisher entwickel- ten Gesetzen der Elektrodynamik im Widerspruch, aus welchen sich uns die Magnetisirung unter der Voraussetzung ergab, dass die Mole- cüle der paramagnetischen Körper von Strömen umkreist seien und in Folge dessen durch einen andern Strom gemäss dem elektrodynami- schen Grundgesetz eine Richtkraft empfangen. Wir werden aber in den nächsten §§. sehen, dass auch solche Leiter, die nicht selbst von einem Strom durchflossen sind, durch den Strom eine Einwirkung erfahren. Diese Einwirkung besteht darin, dass in dem Leiter im Moment, in welchem ihm der Strom genähert wird, ein Strom von ent- gegengesetzter Richtung entsteht. Ist nun in den diamagnetischen Leitern, wie in den paramagnetischen, der Widerstand, welchen die auf
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Elektromagnetismus und Diamagnetismus.
Uebergewicht. Unter den Gasen ist nur der Sauerstoff und durch ihn
auch die Luft magnetisch, alle übrigen Gase sind diamagnetisch.
Die Körper, die ausser dem Eisen magnetisch sind, müssen wir
uns offenbar gleich diesem aus verschieden gerichteten Molecularmag-
neten oder Solenoïden bestehend denken, welche unter dem Einfluss
des Stromes eine polare Richtung empfangen. Da nun auch zwei
Magnete sich abstossen, wenn sie mit ihren gleichnamigen Polen sich
zugekehrt werden, so liegt es nahe, die diamagnetische Abstossung
ebenfalls auf das Entstehen eines polaren Zustandes in den Körpern
zurückzuführen, eines solchen aber, bei dem gegenüber jedem Pol des
erregenden Magneten nicht ein ungleichnamiger, sondern ein gleich-
namiger Pol entsteht. Der Beweis für die Richtigkeit dieser Ansicht
besteht darin, dass die diamagnetischen Substanzen unter dem Einfluss
eines starken Magneten die Eigenschaft empfangen, selber auf Magnet-
pole anziehend oder abstossend zurückzuwirken. Bringt man also
z. B. in die Nähe eines starken Magnetpols ein Wismuthstäbchen, so
wird dadurch die Wirkung des Magnetpols verstärkt, weil in dem ge-
näherten Ende des Wismuthstäbchens ein gleichnamiger Pol entsteht.
W. Weber zeigte ferner, dass diamagnetische Substanzen innerhalb
einer Drahtspirale gleich dem Eisen zwei auf die Magnetnadel wir-
kende Pole annehmen, diese Pole hatten aber die entgegengesetzte
Lage zum Strom. Denkt man sich also im Strome schwimmend, so
entsteht in diesem Fall zur Rechten, nicht zur Linken, der Nordpol.
Das Drehungsmoment, welches ein auf diese Weise diamagnetisch ge-
machtes Wismuthstäbchen auf einen fernen Magneten ausübt, ist nach
Weber fast 15 Millionen mal kleiner als das magnetische Moment des
Eisens.
343
Erklärung des
Diamagnetis-
mus. Magneti-
sches Verhalten
der Krystalle.
Drehung der Po-
larisationsebene
des Lichtes
durch Magnete
und elektrische
Ströme.
Nach dem geschilderten Verhalten der diamagnetischen Körper
gegen Magnete und gegen den Strom müssen wir annehmen, dass in
denselben gleichfalls Molecularströme erregt werden, dass diese Mole-
cularströme aber eine entgegengesetzte Richtung wie die Ströme in
magnetisirbaren Körpern erhalten. Dies steht mit den bisher entwickel-
ten Gesetzen der Elektrodynamik im Widerspruch, aus welchen sich
uns die Magnetisirung unter der Voraussetzung ergab, dass die Mole-
cüle der paramagnetischen Körper von Strömen umkreist seien und in
Folge dessen durch einen andern Strom gemäss dem elektrodynami-
schen Grundgesetz eine Richtkraft empfangen. Wir werden aber in
den nächsten §§. sehen, dass auch solche Leiter, die nicht selbst von
einem Strom durchflossen sind, durch den Strom eine Einwirkung
erfahren. Diese Einwirkung besteht darin, dass in dem Leiter im
Moment, in welchem ihm der Strom genähert wird, ein Strom von ent-
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/551>, abgerufen am 04.12.2024.
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