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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von den Schwingungs- und Wellenbewegungen.
[Formel 1] Dieses Gesetz lässt sich unmittelbar aus der für die Schwingungszeit
eines Punktes aufgestellten Gleichung [Formel 2] (§. 29) her-
auslesen, in welcher M die Masse des Punktes und P die ihn in seine
ursprüngliche Lage zurücktreibende Kraft bezeichnete. Denn wenden
wir diese Gleichung auf ein Aggregat zusammenhängender Punkte,
einen Körper, an, so besteht hier die Kraft P in der gegenseitigen
Wirkung der Punkte auf einander, durch welche sie äusseren Kräften,
die sie aus ihrer Lage zu entfernen streben, einen Widerstand entgegen-
setzen, d. h. in der elastischen Kraft; die Masse M bezeichnet aber
offenbar die Dichtigkeit des Körpers.

Die oben aufgestellte Beziehung zwischen der Schwingungsdauer,
Dichtigkeit und Elasticität der Körper gilt, wie leicht einzusehen ist,
nur für solche Schwingungen, die durch eine plötzliche Gleichgewichts-
störung hervorgerufen werden, nach welcher die Theilchen des betref-
fenden Körpers oder Mediums längere Zeit um ihre Gleichgewichtsla-
gen oscilliren; wir können derartige Schwingungen auch als Eigen-
schwingungen
bezeichnen; ihre Oscillationsgeschwindigkeit ist für
jeden Körper eine constante. Solche Eigenschwingungen können sich
nun aber auch andern Körpern mittheilen, und in diesen letzteren bleibt
dann in der Regel die Oscillationsgeschwindigkeit dieselbe wie in dem
ersten Körper, indem die Bewegungen der Theilchen den Oscillationen
des ersten Körpers sich anpassen. Wenn z. B. eine Saite ihre Schwin-
gungen auf die umgebende Luft überträgt, so empfängt diese bei jeder
Saitenschwingung einen Stoss, und in der Luft entstehen daher genau
ebenso viele Oscillationen in der Zeiteinheit, als die Saite ausführt.
Die Dauer solcher mitgetheilter Schwingungen kann daher in
einem und demselben Körper oder Medium höchst veränderlich sein.
Wir werden übrigens später (im 3. und 4. Abschnitt) noch bestimmte
Umstände kennen lernen, unter welchen von dieser allgemeinen Regel
eine Ausnahme eintreten muss und in der That eintritt.

In je schnellere Schwingungen ein Aggregat mit einander ver-23
Fortpflanzungs-
geschwindig-
keit der
Schwingungen.
Wellenlänge.

bundener Punkte geräth, in um so kürzeren Zwischenräumen müssen
die einzelnen Verdichtungen uad Verdünnungen (Wellenberge und Wel-
lenthäler) sich folgen. Gesetzt es
wirke auf den Punkt a (Fig. 11) ein
Stoss in der Richtung a f ein, so wird
dieser Stoss, wenn die Schwingungs-
bewegung langsamer ist, schon auf
eine grössere Anzahl von Punkten sich

[Abbildung] Fig. 11.

Von den Schwingungs- und Wellenbewegungen.
[Formel 1] Dieses Gesetz lässt sich unmittelbar aus der für die Schwingungszeit
eines Punktes aufgestellten Gleichung [Formel 2] (§. 29) her-
auslesen, in welcher M die Masse des Punktes und P die ihn in seine
ursprüngliche Lage zurücktreibende Kraft bezeichnete. Denn wenden
wir diese Gleichung auf ein Aggregat zusammenhängender Punkte,
einen Körper, an, so besteht hier die Kraft P in der gegenseitigen
Wirkung der Punkte auf einander, durch welche sie äusseren Kräften,
die sie aus ihrer Lage zu entfernen streben, einen Widerstand entgegen-
setzen, d. h. in der elastischen Kraft; die Masse M bezeichnet aber
offenbar die Dichtigkeit des Körpers.

Die oben aufgestellte Beziehung zwischen der Schwingungsdauer,
Dichtigkeit und Elasticität der Körper gilt, wie leicht einzusehen ist,
nur für solche Schwingungen, die durch eine plötzliche Gleichgewichts-
störung hervorgerufen werden, nach welcher die Theilchen des betref-
fenden Körpers oder Mediums längere Zeit um ihre Gleichgewichtsla-
gen oscilliren; wir können derartige Schwingungen auch als Eigen-
schwingungen
bezeichnen; ihre Oscillationsgeschwindigkeit ist für
jeden Körper eine constante. Solche Eigenschwingungen können sich
nun aber auch andern Körpern mittheilen, und in diesen letzteren bleibt
dann in der Regel die Oscillationsgeschwindigkeit dieselbe wie in dem
ersten Körper, indem die Bewegungen der Theilchen den Oscillationen
des ersten Körpers sich anpassen. Wenn z. B. eine Saite ihre Schwin-
gungen auf die umgebende Luft überträgt, so empfängt diese bei jeder
Saitenschwingung einen Stoss, und in der Luft entstehen daher genau
ebenso viele Oscillationen in der Zeiteinheit, als die Saite ausführt.
Die Dauer solcher mitgetheilter Schwingungen kann daher in
einem und demselben Körper oder Medium höchst veränderlich sein.
Wir werden übrigens später (im 3. und 4. Abschnitt) noch bestimmte
Umstände kennen lernen, unter welchen von dieser allgemeinen Regel
eine Ausnahme eintreten muss und in der That eintritt.

In je schnellere Schwingungen ein Aggregat mit einander ver-23
Fortpflanzungs-
geschwindig-
keit der
Schwingungen.
Wellenlänge.

bundener Punkte geräth, in um so kürzeren Zwischenräumen müssen
die einzelnen Verdichtungen uad Verdünnungen (Wellenberge und Wel-
lenthäler) sich folgen. Gesetzt es
wirke auf den Punkt a (Fig. 11) ein
Stoss in der Richtung a f ein, so wird
dieser Stoss, wenn die Schwingungs-
bewegung langsamer ist, schon auf
eine grössere Anzahl von Punkten sich

[Abbildung] Fig. 11.

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[43/0065] Von den Schwingungs- und Wellenbewegungen. [FORMEL] Dieses Gesetz lässt sich unmittelbar aus der für die Schwingungszeit eines Punktes aufgestellten Gleichung [FORMEL] (§. 29) her- auslesen, in welcher M die Masse des Punktes und P die ihn in seine ursprüngliche Lage zurücktreibende Kraft bezeichnete. Denn wenden wir diese Gleichung auf ein Aggregat zusammenhängender Punkte, einen Körper, an, so besteht hier die Kraft P in der gegenseitigen Wirkung der Punkte auf einander, durch welche sie äusseren Kräften, die sie aus ihrer Lage zu entfernen streben, einen Widerstand entgegen- setzen, d. h. in der elastischen Kraft; die Masse M bezeichnet aber offenbar die Dichtigkeit des Körpers. Die oben aufgestellte Beziehung zwischen der Schwingungsdauer, Dichtigkeit und Elasticität der Körper gilt, wie leicht einzusehen ist, nur für solche Schwingungen, die durch eine plötzliche Gleichgewichts- störung hervorgerufen werden, nach welcher die Theilchen des betref- fenden Körpers oder Mediums längere Zeit um ihre Gleichgewichtsla- gen oscilliren; wir können derartige Schwingungen auch als Eigen- schwingungen bezeichnen; ihre Oscillationsgeschwindigkeit ist für jeden Körper eine constante. Solche Eigenschwingungen können sich nun aber auch andern Körpern mittheilen, und in diesen letzteren bleibt dann in der Regel die Oscillationsgeschwindigkeit dieselbe wie in dem ersten Körper, indem die Bewegungen der Theilchen den Oscillationen des ersten Körpers sich anpassen. Wenn z. B. eine Saite ihre Schwin- gungen auf die umgebende Luft überträgt, so empfängt diese bei jeder Saitenschwingung einen Stoss, und in der Luft entstehen daher genau ebenso viele Oscillationen in der Zeiteinheit, als die Saite ausführt. Die Dauer solcher mitgetheilter Schwingungen kann daher in einem und demselben Körper oder Medium höchst veränderlich sein. Wir werden übrigens später (im 3. und 4. Abschnitt) noch bestimmte Umstände kennen lernen, unter welchen von dieser allgemeinen Regel eine Ausnahme eintreten muss und in der That eintritt. In je schnellere Schwingungen ein Aggregat mit einander ver- bundener Punkte geräth, in um so kürzeren Zwischenräumen müssen die einzelnen Verdichtungen uad Verdünnungen (Wellenberge und Wel- lenthäler) sich folgen. Gesetzt es wirke auf den Punkt a (Fig. 11) ein Stoss in der Richtung a f ein, so wird dieser Stoss, wenn die Schwingungs- bewegung langsamer ist, schon auf eine grössere Anzahl von Punkten sich [Abbildung Fig. 11.] 23 Fortpflanzungs- geschwindig- keit der Schwingungen. Wellenlänge.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/65>, abgerufen am 28.11.2024.