Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.Gewicht und Schwerpunkt der festen Körper. Genauigkeit. Nach der nämlichen Methode kann der Schwerpunkt einzelner Theiledes menschlichen Körpers ermittelt werden. Ein Körper ist, wie wir gesehen haben, stets dann im Gleich-49 [Abbildung]
Fig. 29. horizontale, auf beiden Seiten gleich be-lastete Stange m m (Fig. 29) im Gleichge- wicht, mag sich ihre Drehungsaxe in o oder in u oder in s (dem Schwerpunkt) befinden. Ist die Drehungsaxe im Schwer- punkte s selber, so ist sie in jeder Lage, die man ihr geben mag, im Gleichgewicht, denn die Bedingung, dass die Schwerlinie durch den Unterstützungspunkt gehe, ist dann jeder- zeit erfüllt; man nennt dies den Zustand des indifferenten Gleich- gewichts. Ist dagegen die Drehungsaxe in o über dem Schwerpunkt, so kehrt die Stange, wenn man sie dreht und dann sich selbst über- lässt, wieder in ihre vorige Lage zurück, weil die in dem Schwer- punkt vereinigt wirkende Masse fallen muss, bis die Schwerlinie den Unterstützungspunkt trifft: man nennt dies den Zustand des stabilen Gleichgewichts. Befindet sich endlich die Drehungsaxe in u, unter dem Schwerpunkt, so fällt die Stange wenn sie aus ihrer Lage ge- dreht wird, bis der Schwerpunkt unter die Drehungsaxe zu liegen kommt und damit stabiles Gleichgewicht eingetreten ist: man nennt daher diesen Zustand das labile Gleichgewicht. Die Unterscheidung der drei angeführten Gleichgewichtszustände Gewicht und Schwerpunkt der festen Körper. Genauigkeit. Nach der nämlichen Methode kann der Schwerpunkt einzelner Theiledes menschlichen Körpers ermittelt werden. Ein Körper ist, wie wir gesehen haben, stets dann im Gleich-49 [Abbildung]
Fig. 29. horizontale, auf beiden Seiten gleich be-lastete Stange m m (Fig. 29) im Gleichge- wicht, mag sich ihre Drehungsaxe in o oder in u oder in s (dem Schwerpunkt) befinden. Ist die Drehungsaxe im Schwer- punkte s selber, so ist sie in jeder Lage, die man ihr geben mag, im Gleichgewicht, denn die Bedingung, dass die Schwerlinie durch den Unterstützungspunkt gehe, ist dann jeder- zeit erfüllt; man nennt dies den Zustand des indifferenten Gleich- gewichts. Ist dagegen die Drehungsaxe in o über dem Schwerpunkt, so kehrt die Stange, wenn man sie dreht und dann sich selbst über- lässt, wieder in ihre vorige Lage zurück, weil die in dem Schwer- punkt vereinigt wirkende Masse fallen muss, bis die Schwerlinie den Unterstützungspunkt trifft: man nennt dies den Zustand des stabilen Gleichgewichts. Befindet sich endlich die Drehungsaxe in u, unter dem Schwerpunkt, so fällt die Stange wenn sie aus ihrer Lage ge- dreht wird, bis der Schwerpunkt unter die Drehungsaxe zu liegen kommt und damit stabiles Gleichgewicht eingetreten ist: man nennt daher diesen Zustand das labile Gleichgewicht. Die Unterscheidung der drei angeführten Gleichgewichtszustände <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0091" n="69"/><fw place="top" type="header">Gewicht und Schwerpunkt der festen Körper.</fw><lb/> Genauigkeit. Nach der nämlichen Methode kann der Schwerpunkt einzelner Theile<lb/> des menschlichen Körpers ermittelt werden.</p><lb/> <p>Ein Körper ist, wie wir gesehen haben, stets dann im Gleich-<note place="right">49<lb/> Unterstützung<lb/> des Schwer-<lb/> punkts. Die<lb/> Waage.</note><lb/> gewicht, wenn die durch seinen Schwerpunkt gezogene Schwerlinie<lb/> auf den Unterstützungspunkt trifft. Hierbei sind aber <hi rendition="#g">drei</hi> Fälle mög-<lb/> lich: der Unterstützungspunkt kann entweder <hi rendition="#g">unterhalb</hi> oder <hi rendition="#g">ober-<lb/> halb</hi> des Schwerpunktes oder im Schwerpunkt liegen. So ist die<lb/><figure><head>Fig. 29.</head></figure><lb/> horizontale, auf beiden Seiten gleich be-<lb/> lastete Stange m m (Fig. 29) im Gleichge-<lb/> wicht, mag sich ihre Drehungsaxe in o<lb/> oder in u oder in s (dem Schwerpunkt)<lb/> befinden. Ist die Drehungsaxe im Schwer-<lb/> punkte s selber, so ist sie in jeder Lage,<lb/> die man ihr geben mag, im Gleichgewicht, denn die Bedingung, dass<lb/> die Schwerlinie durch den Unterstützungspunkt gehe, ist dann jeder-<lb/> zeit erfüllt; man nennt dies den Zustand des <hi rendition="#g">indifferenten</hi> Gleich-<lb/> gewichts. Ist dagegen die Drehungsaxe in o über dem Schwerpunkt,<lb/> so kehrt die Stange, wenn man sie dreht und dann sich selbst über-<lb/> lässt, wieder in ihre vorige Lage zurück, weil die in dem Schwer-<lb/> punkt vereinigt wirkende Masse fallen muss, bis die Schwerlinie den<lb/> Unterstützungspunkt trifft: man nennt dies den Zustand des <hi rendition="#g">stabilen</hi><lb/> Gleichgewichts. Befindet sich endlich die Drehungsaxe in u, unter<lb/> dem Schwerpunkt, so fällt die Stange wenn sie aus ihrer Lage ge-<lb/> dreht wird, bis der Schwerpunkt unter die Drehungsaxe zu liegen<lb/> kommt und damit stabiles Gleichgewicht eingetreten ist: man nennt<lb/> daher diesen Zustand das <hi rendition="#g">labile</hi> Gleichgewicht.</p><lb/> <p>Die Unterscheidung der drei angeführten Gleichgewichtszustände<lb/> ist vor Allem von Bedeutung für die Beurtheilung der <hi rendition="#g">Waage</hi>. Die<lb/> Waage ist ein zweiarmiger Hebel, an dessen einem Arm eine Last<lb/> zieht, die durch Gewichte, welche man auf ihren andern Arm wirken<lb/> lässt, compensirt wird. Es ist klar, dass für die Waage nur der sta-<lb/> bile Gleichgewichtszustand brauchbar ist, dass also der Schwerpunkt<lb/> des Waagbalkens sich <hi rendition="#g">unter</hi> der Drehungsaxe befinden muss. Denn<lb/> befände sich der Schwerpunkt über der Drehungsaxe, so würde sich<lb/> bei der geringsten Mehrbelastung auf der einen Seite der Waagbalken<lb/> um 90° drehen, während es für die Waage wesentlich ist, dass man<lb/> aus der Grösse des Ausschlags schon einigermassen auf die Grösse<lb/> der Mehrbelastung schliessen kann; würde aber die Drehungsaxe<lb/> durch den Schwerpunkt selber gehen, so würde sich der Waagbalken<lb/> auch bei gleicher Belastung auf beiden Seiten in jeder Lage im Gleich-<lb/> gewicht befinden, das Wägen wäre also dann völlig unmöglich ge-<lb/> macht. Auch bei der Waage kommt der Gegensatz des Geschwindig-<lb/> keits- und Krafthebels in Rücksicht. Eine empfindliche Waage muss<lb/> gleich- und langarmig sein, denn je länger der Hebelarm, um so be-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [69/0091]
Gewicht und Schwerpunkt der festen Körper.
Genauigkeit. Nach der nämlichen Methode kann der Schwerpunkt einzelner Theile
des menschlichen Körpers ermittelt werden.
Ein Körper ist, wie wir gesehen haben, stets dann im Gleich-
gewicht, wenn die durch seinen Schwerpunkt gezogene Schwerlinie
auf den Unterstützungspunkt trifft. Hierbei sind aber drei Fälle mög-
lich: der Unterstützungspunkt kann entweder unterhalb oder ober-
halb des Schwerpunktes oder im Schwerpunkt liegen. So ist die
[Abbildung Fig. 29.]
horizontale, auf beiden Seiten gleich be-
lastete Stange m m (Fig. 29) im Gleichge-
wicht, mag sich ihre Drehungsaxe in o
oder in u oder in s (dem Schwerpunkt)
befinden. Ist die Drehungsaxe im Schwer-
punkte s selber, so ist sie in jeder Lage,
die man ihr geben mag, im Gleichgewicht, denn die Bedingung, dass
die Schwerlinie durch den Unterstützungspunkt gehe, ist dann jeder-
zeit erfüllt; man nennt dies den Zustand des indifferenten Gleich-
gewichts. Ist dagegen die Drehungsaxe in o über dem Schwerpunkt,
so kehrt die Stange, wenn man sie dreht und dann sich selbst über-
lässt, wieder in ihre vorige Lage zurück, weil die in dem Schwer-
punkt vereinigt wirkende Masse fallen muss, bis die Schwerlinie den
Unterstützungspunkt trifft: man nennt dies den Zustand des stabilen
Gleichgewichts. Befindet sich endlich die Drehungsaxe in u, unter
dem Schwerpunkt, so fällt die Stange wenn sie aus ihrer Lage ge-
dreht wird, bis der Schwerpunkt unter die Drehungsaxe zu liegen
kommt und damit stabiles Gleichgewicht eingetreten ist: man nennt
daher diesen Zustand das labile Gleichgewicht.
49
Unterstützung
des Schwer-
punkts. Die
Waage.
Die Unterscheidung der drei angeführten Gleichgewichtszustände
ist vor Allem von Bedeutung für die Beurtheilung der Waage. Die
Waage ist ein zweiarmiger Hebel, an dessen einem Arm eine Last
zieht, die durch Gewichte, welche man auf ihren andern Arm wirken
lässt, compensirt wird. Es ist klar, dass für die Waage nur der sta-
bile Gleichgewichtszustand brauchbar ist, dass also der Schwerpunkt
des Waagbalkens sich unter der Drehungsaxe befinden muss. Denn
befände sich der Schwerpunkt über der Drehungsaxe, so würde sich
bei der geringsten Mehrbelastung auf der einen Seite der Waagbalken
um 90° drehen, während es für die Waage wesentlich ist, dass man
aus der Grösse des Ausschlags schon einigermassen auf die Grösse
der Mehrbelastung schliessen kann; würde aber die Drehungsaxe
durch den Schwerpunkt selber gehen, so würde sich der Waagbalken
auch bei gleicher Belastung auf beiden Seiten in jeder Lage im Gleich-
gewicht befinden, das Wägen wäre also dann völlig unmöglich ge-
macht. Auch bei der Waage kommt der Gegensatz des Geschwindig-
keits- und Krafthebels in Rücksicht. Eine empfindliche Waage muss
gleich- und langarmig sein, denn je länger der Hebelarm, um so be-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |