Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite
Der Phaeton.
Dieses sagte sie. Traurig zerriß der Alte den
Schlafrock,

Und die Französin schlug sich vor ihren breternen Busen.
Kind des Unglücks, was bittest du mich! (versetzte der
Alte,)

Kontest du anders denn nichts, als schwarze Gefahren
verlangen?

Mädchen zu seyn, ist dein Schicksal, du bittest nicht,
als ein Mädchen.

Was du bittest, ist groß, und vor die kindischen Jahre
Und die schwache weibliche Hand nur allzugefährlich!
Selber zu fahren, ist schwer. Nur ich allein, und An-
dreas

Können die Pferde regieren, die du zu lenken vermey-
nest.

Warum wurdest du nicht zum wilden Jungen gebohren!
Aber du bist ganz das Bild von deiner heroischen Mutter,
Eine tapfre Serini, die mich ins Schlachtfeld begleitet,
Und durch die wilde rasende Lust mit Hengsten zu fahren,
Früher ihr Leben verlohr -- soll ich nun dich auch ver-
lieren?
Also
Der Phaeton.
Dieſes ſagte ſie. Traurig zerriß der Alte den
Schlafrock,

Und die Franzoͤſin ſchlug ſich vor ihren breternen Buſen.
Kind des Ungluͤcks, was bitteſt du mich! (verſetzte der
Alte,)

Konteſt du anders denn nichts, als ſchwarze Gefahren
verlangen?

Maͤdchen zu ſeyn, iſt dein Schickſal, du bitteſt nicht,
als ein Maͤdchen.

Was du bitteſt, iſt groß, und vor die kindiſchen Jahre
Und die ſchwache weibliche Hand nur allzugefaͤhrlich!
Selber zu fahren, iſt ſchwer. Nur ich allein, und An-
dreas

Koͤnnen die Pferde regieren, die du zu lenken vermey-
neſt.

Warum wurdeſt du nicht zum wilden Jungen gebohren!
Aber du biſt ganz das Bild von deiner heroiſchen Mutter,
Eine tapfre Serini, die mich ins Schlachtfeld begleitet,
Und durch die wilde raſende Luſt mit Hengſten zu fahren,
Fruͤher ihr Leben verlohr — ſoll ich nun dich auch ver-
lieren?
Alſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0350" n="286"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Der Phaeton.</hi> </fw><lb/>
        <lg>
          <l>Die&#x017F;es &#x017F;agte &#x017F;ie. Traurig zerriß der Alte den<lb/><hi rendition="#et">Schlafrock,</hi></l><lb/>
          <l>Und die Franzo&#x0364;&#x017F;in &#x017F;chlug &#x017F;ich vor ihren breternen Bu&#x017F;en.</l><lb/>
          <l>Kind des Unglu&#x0364;cks, was bitte&#x017F;t du mich! (ver&#x017F;etzte der<lb/><hi rendition="#et">Alte,)</hi></l><lb/>
          <l>Konte&#x017F;t du anders denn nichts, als &#x017F;chwarze Gefahren<lb/><hi rendition="#et">verlangen?</hi></l><lb/>
          <l>Ma&#x0364;dchen zu &#x017F;eyn, i&#x017F;t dein Schick&#x017F;al, du bitte&#x017F;t nicht,<lb/><hi rendition="#et">als ein Ma&#x0364;dchen.</hi></l><lb/>
          <l>Was du bitte&#x017F;t, i&#x017F;t groß, und vor die kindi&#x017F;chen Jahre</l><lb/>
          <l>Und die &#x017F;chwache weibliche Hand nur allzugefa&#x0364;hrlich!</l><lb/>
          <l>Selber zu fahren, i&#x017F;t &#x017F;chwer. Nur ich allein, und An-<lb/><hi rendition="#et">dreas</hi></l><lb/>
          <l>Ko&#x0364;nnen die Pferde regieren, die du zu lenken vermey-<lb/><hi rendition="#et">ne&#x017F;t.</hi></l><lb/>
          <l>Warum wurde&#x017F;t du nicht zum wilden Jungen gebohren!</l><lb/>
          <l>Aber du bi&#x017F;t ganz das Bild von deiner heroi&#x017F;chen Mutter,</l><lb/>
          <l>Eine tapfre Serini, die mich ins Schlachtfeld begleitet,</l><lb/>
          <l>Und durch die wilde ra&#x017F;ende Lu&#x017F;t mit Heng&#x017F;ten zu fahren,</l><lb/>
          <l>Fru&#x0364;her ihr Leben verlohr &#x2014; &#x017F;oll ich nun dich auch ver-<lb/><hi rendition="#et">lieren?</hi></l>
        </lg><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Al&#x017F;o</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0350] Der Phaeton. Dieſes ſagte ſie. Traurig zerriß der Alte den Schlafrock, Und die Franzoͤſin ſchlug ſich vor ihren breternen Buſen. Kind des Ungluͤcks, was bitteſt du mich! (verſetzte der Alte,) Konteſt du anders denn nichts, als ſchwarze Gefahren verlangen? Maͤdchen zu ſeyn, iſt dein Schickſal, du bitteſt nicht, als ein Maͤdchen. Was du bitteſt, iſt groß, und vor die kindiſchen Jahre Und die ſchwache weibliche Hand nur allzugefaͤhrlich! Selber zu fahren, iſt ſchwer. Nur ich allein, und An- dreas Koͤnnen die Pferde regieren, die du zu lenken vermey- neſt. Warum wurdeſt du nicht zum wilden Jungen gebohren! Aber du biſt ganz das Bild von deiner heroiſchen Mutter, Eine tapfre Serini, die mich ins Schlachtfeld begleitet, Und durch die wilde raſende Luſt mit Hengſten zu fahren, Fruͤher ihr Leben verlohr — ſoll ich nun dich auch ver- lieren? Alſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/350
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/350>, abgerufen am 22.11.2024.